Vösendorf (OTS) – Wieder einmal zeigte die Stadt Wien, dass Artenschutz in der Bundeshauptstadt keine Priorität genießt: Im dritten Bezirk wurde am Samstag in einer Filiale einer bekannten Papier- und Schreibwaren-Handelskette ein Europäisches Ziesel entdeckt. Den Angestellten gelang es, das Tier einzufangen und es in einem Behälter zu sichern. Daraufhin verständigten sie die Tierrettung der Stadt Wien, die sich allerdings für nicht zuständig erklärte und sich weigerte, das Wildtier abzuholen. Zur Erinnerung:
Das Europäische Ziesel befindet sich in Europa auf der roten Liste gefährdeter Tierarten und nimmt in Österreich gar den traurigen ersten Platz ein.
„Bis zur Tierrettung der Stadt Wien scheint diese Information allerdings noch nicht durchgedrungen zu sein. Die Stadt hat seit 2015 das Tierrettungssystem auf eigenen Wunsch selbst übernommen und hätte eigentlich auch für die Rettung sämtlicher Wildtiere Sorge zu tragen. Dies passiert leider in vielen Fällen nicht und hilfsbereite Menschen werden im Stich gelassen. Nicht einmal für ein Tier, das unter strengstem Artenschutz steht“, sagt Madeleine Petrovic, Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins (WTV). Durch ein Zusammenspiel des Wiener Tierschutzvereins und der IGL Marchfeldkanal, die seit Jahren gemeinsam für den Schutz der Ziesel kämpfen, wurde das Tier schließlich abgeholt und in den WTV nach Vösendorf gebracht.
Dort durfte sich das Ziesel übers Wochenende von dem Stress erholen und wird am Montagnachmittag an einer geeigneten Stelle wieder ausgewildert. Woher genau das Ziesel stammt, ließ sich nicht mit Sicherheit nachweisen. Es könnte sich allerdings um ein Tier von einem Ziesel-Vorkommen bei einem Badeteich im Wiener Umland handeln. „Wir wissen, dass die Ziesel dort leider „handzahm“ sind, sich füttern lassen und mitunter auch auf der Suche nach Essbarem in die Badetaschen der Besucher klettern. Falls jemand versehentlich einen blinden Passagier mitgenommen hat und dieser dann in der Filiale oder in der Nähe wieder entkommen ist, hätten wir eine Erklärung“, sagt Lukas Mroz von der IGL Marchfeldkanal.
Die Ziesel sind in Wien seit Jahren in Gefahr: Ihr Lebensraum wird ihnen durch nicht durchdachte Bauvorhaben, wie etwa jenes Wohnbauprojekt beim Wiener Heeresspital, mehr und mehr genommen. Die viel besungenen „Ausgleichsflächen“ werden von den Tieren nicht angenommen. „Es ist höchste Zeit, dass die Politik hier endlich tätig wird. Österreichs Politikerinnen und Politiker lassen sich mit Pandabären in China ablichten, während im eigenen Land streng geschützte und gefährdete Tiere durch abstruse Bauvorhaben und dergleichen immer weiter bedroht und ausgerottet werden. Diese Optik ist mehr als schief“, sagt Petrovic abschließend.
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