Wirtschaftsausschuss: Breite Mehrheit für Anti-Mogelpackungs-Gesetz und Klarstellungen im Preisauszeichnungsgesetz
Für mehrere Gesetzesvorhaben hat der Wirtschaftsausschuss grünes Licht gegeben. So soll mit Regierungsvorhaben für ein sogenanntes Anti-Mogelpackungs-Gesetz und für Änderungen im Preisauszeichnungsgesetz der Handel verpflichtet werden, Produkte, deren Füllmenge bei gleicher Verpackungsgröße gesunken ist – Stichwort „Shrinkflation“ -, klar zu kennzeichnen sowie die Grundpreise von Produkten – etwa pro Kilo oder Liter – deutlich auszuweisen. Für beide Materien stimmten im Ausschuss ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne. Ziel der Maßnahmen ist es laut Vorlage auch, der Teuerung entgegenzuwirken.
Außerdem debattierten die Abgeordneten Anträge der Opposition betreffend die Wirtschaftskammer sowie zu „Billigplattformen“ im Onlineshopping, die allerdings mit den Stimmen der Dreierkoalition vertagt wurden.
„Achtung: Weniger Inhalt – höherer Preis“ als Kennzeichnung
Sowohl das Anti-Mogelpackungs-Gesetz als auch die Änderungen im Preisauszeichnungsgesetz waren vom Ausschuss am 20. November in Begutachtung geschickt worden. Die eingeladenen Stellen hatten bis zum 2. Dezember Zeit, Stellungnahmen zu den Gesetzentwürfen abzugeben. Konkret sollen mit dem Anti-Mogelpackungs-Gesetz (309 d.B.) Händler je nach Unternehmens- bzw. Betriebsstättengröße – ab April 2026 bis Mitte 2030 befristet – verpflichtet werden, entweder am Produkt, am Regal, in unmittelbarer Umgebung oder per Informationsschild darauf hinzuweisen, dass die Ware von „Shrinkflation“ betroffen ist. Die Verpflichtung soll sich auf Unternehmen des Lebensmittel- und des Drogerieeinzelhandels im stationären Handel mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 m2 bzw. mehr als fünf Filialen erstrecken. Die Kennzeichnung hat laut Gesetzesvorlage eine leicht verständliche Angabe über die Tatsache der Verringerung der Menge, wie insbesondere mit dem Hinweis „Achtung: Weniger Inhalt – höherer Preis“ zu enthalten und soll für eine Dauer von 60 Tagen erfolgen. Auch bei einer Verringerung der Stückzahl in einer Ware soll die Pflicht zur Kennzeichnung gelten. Bei einer Erhöhung des Grundpreises von weniger als 3 % oder wenn bereits ein entsprechender Hinweis an der Ware ersichtlich ist, soll keine Kennzeichnungspflicht der Händler bestehen, ebensowenig wie für Produkte, die naturgemäß Schwankungen oder unterschiedlichen Füllmengen unterliegen wie beispielsweise Salat oder Äpfel.
Bei einem Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht soll es in einem ersten Schritt einen Auftrag zur Verbesserung innerhalb von drei Arbeitstagen geben. Werde dem nicht nachgekommen, sind Geldstrafen bis zu 2.500 Ꞓ pro Produkt bis maximal 10.000 Ꞓ, im Wiederholungsfall bis zu 3.750 Ꞓ pro Produkt bis zu 15.000 Ꞓ, vorgesehen.
Barbara Kolm wies seitens der FPÖ darauf hin, dass die Stellungnahmen in der Begutachtung negativ ausgefallen seien. Außerdem sei der Handel der falsche Adressat, vielmehr wären die Erzeuger zu adressieren. Die Regelungen würden daher dem Verursacherprinzip widersprechen. Zudem könne er keinerlei inflationsdämpfende Wirkung erkennen, meinte Axel Kassegger (FPÖ). Zu befürchten sei demgegenüber aber mehr Bürokratieaufwand im Handel.
Der Handel könne nicht außen vor gelassen werden, zumal Produzenten den Preis nicht alleine machen, so Christoph Stark (ÖVP). Markus Hofer (NEOS) zufolge wäre es keine sinnvolle Lösung gewesen, bei den Produzenten anzusetzen, da viele Produkte nicht nur für Österreich bestimmt seien. Die eingeführten Grenzen wie etwa mit 400 m2 Verkaufsfläche erachte er für eine praktikable Regelung. Reinhold Binder (SPÖ) betonte, dass Konsumentinnen und Konsumenten bei den Maßnahmen im Mittelpunkt stehen würden und das gemeinsame Ziel Transparenz bei den Preisen sei.
Der Kritik, dass der Handel zum „Handkuss“ komme, schloss sich Elisabeth Götze (Grüne) an. Die Stoßrichtung gegen hohe Preise begrüße sie zwar, ortete aber in den Regelungen auch Schlupflöcher. Götze hinterfragte unter anderem, warum die Shrinkflation erst ab 3 % und nur für eine Dauer von 60 Tagen ausgewiesen werden müsse. Denn so könne es mehrfach im Jahr zu Änderungen von 2,5 % im Produkt kommen, meinte sie.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer hielt für die Maßnahmen fest, dass es gelte, Konsumentinnen und Konsumenten eine gute Kaufentscheidung zu ermöglichen. Das Kartellrecht besage unmissverständlich, dass Hersteller die Preise nicht vorgeben dürfen, daher könne man mit dem Gesetz nur beim Handel ansetzen. Damit die Bürokratie kleine Händler nicht erdrücke, seien Erleichterungen für diese vorgesehen. Die Grenze von 3 % halte er für einen guten Korridor, da es immer Adaptionen bei Produkten gebe. Entscheidend sei es, zu kennzeichnen, wenn es durch Inhaltsgrößen zu Preiserhöhungen komme. Zugleich habe der Handel aber auch immer Preisfreiheit.
Klarstellungen im Preisauszeichnungsgesetz
Mit den Änderungen im Preisauszeichnungsgesetz (307 d.B.) sollen Klarstellungen zur Schriftgröße der Preisauszeichnung getroffen sowie Vorgaben zu Bezugsgrößen festgelegt werden. Die leichte Lesbarkeit der Preisauszeichnung sei demnach in Regalen in Selbstbedienungsbetrieben anzunehmen, wenn der Verkaufspreis einer Schriftgröße von 8 Millimetern und der Grundpreis einer Schriftgröße von 4 Millimetern entspreche. Bei digitaler Preisauszeichnung liege die leichte Lesbarkeit des Grundpreises bei einer Schriftgröße von 3,5 Millimetern. Die Bestimmungen seien als „Vermutungsregelung“ ausgestaltet, da die leichte Lesbarkeit in Einzelfällen auch bei geringerer Schriftgröße – nach Einzelfallprüfung – gegeben sein kann, so die Erläuterungen. Bei einer Schriftgröße des Verkaufspreises über 8 Millimeter habe die Schriftgröße des Grundpreises 50 % der Schriftgröße des Verkaufspreises zu betragen.
Um den Konsumentinnen und Konsumenten eine leichte Vergleichbarkeit der Preise zu ermöglichen, wird außerdem vorgesehen, dass die Bezugsgrößen wie etwa Kilo oder Liter innerhalb einer Betriebsstätte bei den jeweiligen Produktgruppen einheitlich auszuweisen sein sollen.
Axel Kassegger (FPÖ) ortete in der Vorlage unbestimmte Rechtsbegriffe etwa die „Vermutungsregelung“. Er lasse eine Zustimmung im Plenum trotzdem offen, etwa wenn an dem Vorhaben noch etwas geändert werde. Elisabeth Götze (Grüne) kann nicht nachvollziehen, warum in den Regelungen zwischen digitaler und Papierform unterschieden wird und regte an, diese beiden Formen gleichzustellen.
Die Grundpreisauszeichnung sei eine freiwillig Vereinbarung zwischen Handel und Sozialpartnern, bei der es immer auch um den Interessensausgleich gehe, so Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer. Man sei im Austausch mit dem Handel gewesen und habe dessen bereits umgesetzte Schritte zur digitalen Preisauszeichnung berücksichtigt.
FPÖ stellt Pflichtmitgliedschaft bei WKO in Frage
Die Freiheitlichen sprechen sich für eine Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften in der Wirtschaftskammer (136/A(E)) bzw. für eine eine „Opting-Out“-Möglichkeit (140/A(E))aus. Für die Freiheitlichen stehe zwar außer Streit, dass Unternehmerinnen und Unternehmer eine Interessensvertretung benötigen. Diese müsse sich aber an den Bedürfnissen und der ökonomischen Situation ihrer Mitglieder orientieren und vor allem auf Freiwilligkeit beruhen.
In der Debatte wiesen etwa Carmen Jeitler-Cincelli und Laurenz Pöttinger (beide ÖVP) auf die aktuellen Reformankündigungen der neuen Wirtschaftskammerpräsidentin hin. Die Pflichtmitgliedschaft in Frage zu stellen, halte er auch im Hinblick auf die Sozialpartnerschaft für einen absoluten Fehler, so Pöttinger. In der Wirtschaftskammer hätten sich alle wahlwerbenden Gruppen auf einen gemeinsamen Prozess geeinigt, diesen gelte es, zu unterstützen, so Markus Hofer (NEOS). Reinhold Binder (SPÖ) wies auf die Chance der Sozialpartner hin, etwa neue Kollektivvertragsfelder zu finden. Die Sozialpartner müssten gestärkt und nicht durch ein „Opt-out“ verwässert werden. Seitens der FPÖ bezweifelte etwa Michael Fürtbauer (FPÖ) deutlich, dass die Wirtschaftskammer von sich aus Reformen schaffen würde. Außerdem gehöre die „Zwangsmitgliedschaft“ gestoppt, so Barbara Kolm (FPÖ). Das würde ihr zufolge Flexibilität für Unternehmen und nicht eine Zerstörung der Kammer bedeuten. Elisabeth Götze (Grüne) erachtete es für geboten, gesetzlich gewisse Rahmenbedingungen für die Kammer zu schaffen und sprach sich für einen Novellierung der Gewerbeordnung aus.
Grüne wollen Billigplattformen in die Pflicht nehmen
Im Hinblick auf „Ultra Fast Fashion“ von Billigplattformen wie Shein oder Temu samt einer massiven Flut an Paketen und Textilabfällen bestehe für den österreichischen Einzelhandel aktuell „Gefahr in Verzug“, meinen die Grünen. Die heimischen Betriebe würden dringend Rahmenbedingungen benötigen, damit mehr Fairness im Wettbewerb mit den Plattformen entsteht. Die Grünen schlagen daher vor (518/A(E)), zu diesem Thema in Frankreich notifizierte Maßnahmen auch rasch in Österreich umzusetzen, wobei auf eine Übereinstimmung mit der EU-Gesetzgebung zu achten sei. Das Zuwarten auf die entsprechende EU-Richtlinien wäre für die Branche im Land aber eine existenzbedrohende Verzögerung, so die Grünen. Sie fordern ein Maßnahmenpaket, mit dem Fast-Fashion-Anbieter verpflichtet werden sollen, Pakete korrekt zu deklarieren, Paket-Bearbeitungsgebühren zu tragen, bei jeder Werbung über Herkunft, soziale Auswirkungen und Umweltauswirkungen ihrer Produkte zu informieren und die Kosten für die Sammlung, Sortierung und das Recycling der von ihnen hergestellten oder vertriebenen Produkte zu tragen.
Es wäre dringend geboten, dass Österreich von sich aus aktiv werde, unterstrich Elisabeth Götze (Grüne), zumal auf EU-Ebene nicht genug getan werde. Arnold Schiefer (FPÖ) meinte, man müsse in der Diskussion auch Container über den See- und Landweg berücksichtigen. Sie verstehe das Anliegen der Grünen, zumal das Thema auch ein Riesenproblem für den Einzelhandel darstelle, so Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP). Sie sprach sich aber dafür aus, eine gemeinsame europäische Lösung zu finden. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) mbu
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