Innenausschuss debattiert Migrations- und Sicherheitspolitik
Die nationale und europäische Migrations- und Sicherheitspolitik stand im Mittelpunkt der Debatte im heutigen Innenausschuss. Ausgangspunkt der Diskussion waren die EU-Jahresvorschau von Innenminister Gerhard Karner sowie mehrere Forderungen der Freiheitlichen. Karner berichtete von rückläufigen Asylzahlen in den meisten EU-Staaten, aber besonders in Österreich. Er führte diese Entwicklung unter anderem auf gesetzte Maßnahmen wie den Stopp des Familiennachzugs zurück.
Die Freiheitlichen forderten neben einer Informationsoffensive über sicherheitsrelevante Migrationsfolgen eine Reihe von Verschärfungen im Asylrecht. Eine Vielzahl an Maßnahmen sehen die Freiheitlichen auch gegen „illegale Wirtschaftsmigranten“ vor. Ihre Vorschläge reichen hier von der Umstellung der Grundversorgung auf reine Sachleistungen bis zur umgehenden Abschiebung bei jeder Form von Straftat. Ihre Anträge wurden vertagt oder von den anderen Fraktionen abgelehnt.
Auf die Wartebank geschoben wurde auch die Forderung der Grünen nach Verschärfungen im Waffengesetz. Laut ihrem Entschließungsantrag sollen etwa die waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfung verschärft, der Privatwaffenverkauf besser überprüft und ein dauerhaftes Waffenverbot für Gefährder nach Verhängung eines Annäherungs- und Betretungsverbots eingeführt werden.
Ausweitung der „Prümer Zusammenarbeit“
Ebenfalls auf der Tagesordnung standen Staatsverträge über den polizeilichen Datenaustausch mit südosteuropäischen Ländern. Mit einem Übereinkommen im Rahmen der Polizeikooperationskonvention für Südosteuropa („PCC SEE“) soll der automatisierte Austausch von DNA-, Fingerabdruck- und Fahrzeugregisterdaten zwischen den Behörden der Partnerstaaten sichergestellt werden. Ziel ist die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus und illegaler Migration. Das Übereinkommen (122 d.B) sowie ein ergänzendes Änderungsprotokoll (121 d.B.) wurden einstimmig genehmigt. Innenminister Gerhard Karner sprach im Ausschuss von einem „wichtigen Abkommen“, da es für die Polizei ein essentielles Mittel und eine Arbeitserleichterung in der Bekämpfung organisierter Kriminalität sei.
EU-Jahresvorschau mit Schwerpunkten für die innere Sicherheit
Österreich wird sich an der Maßnahmenumsetzung der neuen europäischen Strategie für die innere Sicherheit beteiligen und wertet den Asyl- und Migrationspakt als Schritt in die richtige Richtung. Das geht aus der EU-Jahresvorschau des Innenressorts (III-147 d.B.) hervor, die einen Überblick über die Schwerpunktsetzungen der Europäischen Kommission und des EU-Ratsvorsitz-Trios für das Innenressort liefert. Die Asylantragszahlen seien in fast allen EU-Mitgliedsstaaten, aber insbesondere in Österreich zurückgegangen, berichtete Innenminister Gerhard Karner im Ausschuss. Es sei gelungen, illegale Migration zurückzudrängen. Polizeiliche Maßnahmen sowie der Stopp des Familiennachzugs oder die Einführung der Sachleistungskarte hätten zu diesem Rückgang beigetragen, meinte Karner. Es gelte, weiterhin hart zu arbeiten. Zudem berichtete der Innenminister über das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), Schritte zu einer neuen Verfahrensverordnung, Maßnahmen im Bereich der Cybersicherheit sowie die Stärkung von Europol.
Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen zur Kenntnis genommen. Susanne Fürst (FPÖ) sah im Bericht teilweise positive Maßnahmen, etwa jene zur Reduktion der Asylströme. Sie kritisierte aber die Harmonisierung des EU-Asylbereichs, den EU-Migrationspakt sowie Maßnahmen zur Chatkontrolle oder zur Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen.
Strafrechtliche Sanktionierung des illegalen Grenzübertritts und „Deattraktivierung“ Österreichs für „illegale Wirtschaftsmigranten“
Keine Zustimmung von den anderen Fraktionen erhielten die Freiheitlichen für zwei Initiativen. So forderte Gernot Darmann (FPÖ), dass jede unerlaubte Einreise in österreichisches Staatsgebiet ohne gültige Einreisedokumente oder behördliche Genehmigung als Straftatbestand erfasst werden soll. Dazu fordert er eine „drastische“ Erhöhung des Strafmaßes inklusive unbedingte Haftstrafen sowohl für Schlepper:innen als auch „Geschleppte“ (58/A(E)). Eine Reihe von Verschärfungen des Asylrechts will Darmann in einem weiteren Entschließungsantrag. Dieser zielt auf eine „Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“ (57/A(E)) ab. Demnach sollen die Grundversorgung im Asylwesen ausschließlich mittels Sachleistungen gewährleistet und medizinische Leistungen auf eine Grundversorgung reduziert werden. Die Verwaltungsstraftatbestände der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts sollen in das gerichtliche Strafrecht überführt und der Strafrahmen erhöht werden.Weiters fordert Darmann die Einführung des strafrechtlichen Delikts „Asylbetrug“: Falsche Angaben im Asylverfahren sollen zur Abschiebung führen. Zudem soll dem Antrag nach kontinuierlich geprüft werden, ob ein zugestandenes Schutzbedürfnis weiterhin besteht. Zudem sollen „Asylanten“ keine österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden und die „Ausreisezentren“ wiedereingeführt werden. Es sei längst überfällig, offenkundige „Pullfaktoren“ abzustellen und „Magnete“ zu beseitigen, untermauerte Darmann im Ausschuss seine Forderungen. Er sah Handlungsbedarf bei „positiven Begünstigungen“ seitens des Bundes und der Länder. Ein illegaler Grenzübertritt sei etwas Schwerwiegendes und solle dementsprechend mit dem Strafrecht geahndet werden, meinte auch Michael Schilchegger (FPÖ).
Andreas Minnich (ÖVP) verwies auf „große Erfolge“ gegen illegale Migration in den vergangenen Monaten. Der Stopp des Familiennachzugs oder ein stärkerer Außengrenzschutz würden besser wirken, als die vorgeschlagenen Maßnahmen der FPÖ, zeigte er sich überzeugt.
Margreth Falkner (ÖVP) zeigte Bedenken zur rechtlichen Zulässigkeit von mehreren Forderungen der FPÖ. So sei die Reduktion der medizinischen Versorgung nicht zulässig. Ebenso müsse jeder Fall individuell beurteilt werden und könne nicht pauschal behandelt werden. Zudem sei ein genereller Ausschluss bestimmter Personengruppen aus dem Staatsbürgerschaftsrecht nicht möglich.
Menschen, die illegal nach Österreich kommen, sollen vielmehr zurückgeführt als im Inland gerichtlich belangt werden, erklärte Sophie Marie Wotschke (NEOS).
FPÖ fordert Aberkennung des Schutzstatus bei falschen Angaben
Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl soll dahingehend geändert werden, dass ein Schutzstatus aberkannt werden muss, wenn dieser auf Basis falscher Darstellungen oder der Verwendung falscher bzw. gefälschter Dokumente zuerkannt wurde. Einen entsprechenden Antrag hat Michael Schilchegger (FPÖ) vorgelegt (69/A). Mit Verweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2011 beruft er sich dabei auf bereits geltendes EU-Recht. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.
FPÖ: Informationsoffensive über „sicherheitsrelevante Migrationsfolgen“
FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann fordert eine umfassende Informationsoffensive über die sicherheitsrelevanten Folgen von Migration. Anlass sei eine Reihe von unzureichenden Anfragebeantwortungen des Innenministers zu Themen wie Abschiebungen, Delinquenz oder Polizeieinsätzen in Asylunterkünften, wie er in einem Entschließungsantrag ausführt (272/A(E)). Darmann fordert daher, dass das Innenministerium künftig zu diesen Themen Statistiken erhebt und monatlich auf seiner Website veröffentlicht. Im Ausschuss sprach er von einem Informationsgebot und einer Transparenzpflicht gegenüber Bürger:innen und dem Nationalrat. Es sei nicht nachvollziehbar, warum diese Daten nicht vorliegen würden.
Robert Laimer (SPÖ) betonte, dass Anfragen ernst genommen würden. Transparenz sei wichtig, es sei aber auch der Aufwand mitzubedenken. Er verwies auf umfangreiche öffentliche Zahlen des Ressorts in diesem Bereich. Der Antrag ziele weniger auf eine sachliche Verbesserung der Datenlage ab, sondern auf eine öffentlichkeitswirksame Darstellung, kritisierte er. Der Antrag wurde schließlich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.
Grüne für Reform des Waffengesetzes
In einer Initiative der Grünen machen deren Abgeordnete Meri Disoski und Agnes Sirkka Prammer darauf aufmerksam, dass jeder vierte Frauenmord laut einer Studie durch eine Schusswaffe verübt werde (243/A(E)). Das österreichische Waffengesetz zähle zu den liberalsten in Europa und der aus ihrer Sicht leichte Zugang zu Schusswaffen mache Angriffe insbesondere gegen Frauen um ein Vielfaches tödlicher. Die Antragstellerinnen fordern daher von der Regierung eine Reform des Waffengesetzes bis Ende des Jahres. So sollen etwa die waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfung verschärft, der Privatwaffenverkauf besser überprüft und ein dauerhaftes Waffenverbot für Gefährder nach Verhängung eines Annäherungs- und Betretungsverbots eingeführt werden. Außerdem sprechen sich die Grünen für präzise Vorgaben zur Verwahrung von Waffen, anonyme Rückgabemöglichkeiten für illegale Waffen und eine Datenerhebung durch das Innenministerium zur Überprüfung der Maßnahmen aus.
Die zuletzt von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen im Waffenrecht seien nicht weitreichend genug, kritisierte Agnes Sirkka Prammer im Ausschuss. Es brauche eine wiederkehrende Überprüfung von Waffenbesitzer:innen, die auch dem aktuellen wissenschaftlichen Stand folge, forderte sie. Zudem gebe es keinen Grund, Ausnahmen für bestimmte Gruppen wie Jäger:innen oder Sportschütz:innen zu setzen. Zudem bemängelte die Abgeordnete unzureichende Vorgaben bei privaten Waffenverkäufen.
Alle Vorschläge seien „diskussionswürdig“, meinte Friedrich Ofenauer (ÖVP). Handlungsbedarf sah der Abgeordnete angesichts der Zunahme von psychischen Beeinträchtigungen. Es sei eine gesellschaftliche Aufgabe, diese früh zu erkennen. Dazu werde auch ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der psychischen Gesundheit an Schulen beitragen. Ebenso soll das Waffengesetz adaptiert und der Datenaustausch zwischen den Behörden verbessert werden. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt. (Fortsetzung Innenausschuss) pst
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