2. Wiener Landtag (2)
LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) wollte in der fünften Anfrage von Klima- und Demokratiestadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) wissen, ob ein Gesetzesentwurf betreffend eine Novelle der Wiener Stadtverfassung erarbeitet werden solle, die eine Grundlage für Bezirksbefragungen und verbindliche Bezirksabstimmungen vorsehe. In Vertretung von Czernohorsky antwortete Stadtrat Peter Hacker. Er verwies auf die Stadtverfassung, die Bürger*innen-Befragungen und Volksabstimmungen vorsehen würde. Volksabstimmungen hätten in der Vergangenheit keine realpolitische Bedeutung gehabt, sagte Hacker. In der Vergangenheit hätte es mehrere konsultative Bürger*innen-Befragungen zu einzelnen Projekten gegeben, zum Beispiel zur Mariahilfer Straße, aber bisher keine einzige Volksabstimmung. Für Volksabstimmungen bestünden hohe Hürden für die Abhaltung und sie würden mit einem hohen Verwaltungsaufwand einhergehen. Auch hätten die Ergebnisse nur Gültigkeit bei einem Quorum von 50 Prozent. Gleichzeitig gebe es mit dem Petitionsgesetz und den Bürgerversammlungen sowie Sprechstunden der Bezirksvorsteher*innen niederschwellige gesetzlich verankerte Beteiligungswerkzeuge in den Bezirken. Das Petitionsrecht hätte die Mitsprache in den Bezirken verbessert; übrigens stehe das Petitionsrecht auch nicht-Staatsbürger*innen offen, einzige Voraussetzung seien 500 Unterstützer*innen für das Anliegen. Bei der Mitsprache in den Bezirken abseits des Petitionsrechts verwies Hacker auf Beteiligungsprojekte wie die Klimateams in den Bezirken oder das eigens eingerichtete Büro für Mitwirkung, das mehr Bürger*innen-Beteiligung ermöglicht und Mitbestimmung unterstützt.
Aktuelle Stunde
Im Anschluss an die Fragestunde wurde die Aktuelle Stunde debattiert. Das Thema hatte die ÖVP eingebraucht. Es lautete: „Das Schuljahr endet, wie es begonnen hat: Chaos bei der Planstellenbesetzung, Versagen beim Abrufen von Mitteln für die Deutschförderung etc. – SPÖ & NEOS lassen Schulleitungen, Lehrkräfte und Schüler im Stich!“
LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) kritisierte, dass Probleme, die zu Schulbeginn bestanden hätten, wie fehlende Klassenlehrer*innen oder fehlendes Unterstützungspersonal, auch jetzt noch in der letzten Schulwoche an Wiens Bildungseinrichtungen bestehen würden. Schon jetzt stehe fest, dass für kommendes Jahr 1.000 Lehrer*innen für Wiens Schulen benötigt werden. Schulleiter*innen und Direktor*innen könnten keine Personalplanung vornehmen, weil offen sei, ob die Stellen überhaupt besetzt werden können, so Zierfuß. Der Bildungsdirektion warf Zierfuß deshalb „Versagen“ vor. Obwohl der Bund Planstellen für Lehrer*innen und insbesondere Sprachförderkräfte geschaffen hätte, hätte Wien nur einen Bruchteil davon auch tatsächlich abgerufen, kritisierte der ÖVP-Mandatar. Viele Kinder die in Wien zur Schule gehen, würden nicht ausreichend Sprachkennnisse haben, um dem Unterricht zu folgen, sagte Zierfuß. Gleichzeitig sei zu wenige Unterstützungspersonal an den Schulen. Auch die angekündigte Aufstockung der Schulsozialarbeiter sei nur ein leeres Versprechen: Insgesamt 80 Schulsozialarbeiter seien für mehr als 450 Pflichtschulen zuständig. Schlechte Sprachkenntnisse und keine Möglichkeit diese aufzuholen bedeuteten schlechtere Chancen für Kinder und hätten langfristig auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und Arbeitslosenzahlen in Wien. Er apekllierte an die Stadtregierung und die zuständige Bildungsstadträtin: „Suchen Sie keine Ausreden oder Schuld bei anderen, sondern handeln Sie!“.
LAbg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) wollte „Unrichtigkeiten und Halbwahrheiten“ des Vorredners zurechtrücken. Die ÖVP würde „skandalisieren und Polemik schüren“; sie sei hingegen zuversichtlich: Das kommende Schuljahr werde ein gutes, sagte Bakos. Die Deckelung für die Sprachförderung im Bund sei gefallen, nun könnten Sprachförderkräfte endlich aufgestockt werden. Bei den Planstellen sei es das Ziel „fair und bedarfsgerecht Ressourcen“ einzusetzen. Bakos zählte Projekte auf, mit denen Wien Pädagog*innen und Schüler*innen unterstützt – unter anderem nannte sie den Einsatz von administrativen Unterstützungskräfte, die Leher*innen für ihre Kernaufgaben freispielen. Auch hätte Wien das Projekt „School Nurses“ implementiert, was dazu beitrage, die Gesundheitskompetenz der Jüngsten zu erhöhen. Mit dem Extrabudget der „Wiener Bildungschancen“ würden Schulprojekte und Aktivitäten wie Ausflüge oder Projekttage auch an Schulen möglich, „die nicht über gut gefüllte Elternvereinskassen verfügen“. Dies sei „ein Gamechanger“, schloss Bakos.
LAbg. Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE) kritisierte seine Vorrednerin: Die administrativen Kräfte seien nur halbtags an den Schulen und würden überdies vom Bund gezahlt. Die „School Nurses“ seien nur an vier von 476 Schulstanden im Dienst. Er kritisierte die Stellenpläne für die Schulen, durch die im Vorjahr vor allem Schulen mit großen sozialen Herausforderungen Stunden verloren hätten, so Stadler. Viele Schulen würden aufgrund des Kontingentrechners auch dieses Jahr Lehrerstunden verlieren: Die Kontingente seien an die Zahl der Schüler*innen gekoppelt, werde eine Schwelle nur knapp unterschritten, weil ein oder zwei Schüler fehlten, fielen dafür überproportional viele Stunden weg, so Stadler. Der Bund hätte im letzten Jahr ausreichend Planstellen für die Deutschförderung zur Verfügung gestellt, Wien hätte es allerdings nicht geschafft, die der Stadt zustehenden Stellen abzurufen, kritisierte er. Ebenso sei es für ihn unverständlich, dass motivierte Personen sich nicht das ganze Jahr über für eine offensichtlichen Mangelberuf bewerben könnten.
LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) kritisierte die Stadtregierung dafür, „das ohnehin kaputte Schulsystem in Wien noch nach unten nivelliert“ zu haben. Alle Betroffenen würden sich über Verschlechterungen durch die vergangenen Reformen beschweren. Er ortete einen „bildungspolitischen Totalschaden“, der von rot-pink angerichtet wurde. 45 Prozent aller Erstklässler würden in Wien als außerordentliche Schüler geführt, viele könnten dem Unterricht nicht folgen, weil sie über zu wenig Sprachkenntnisse vorhanden verfügen, obwohl sie in Wien geboren seien und hier zum Kindergarten gegangen sind, so Krauss. Auch das zweite verpflichtende Kindergartenjahr werde nichts an diesen Defiziten ändern, meinte Krauss. Wien würde die vom Bund zur Verfügung gestellten Förderstellen für Deutsch nicht ausnutzen, gleichzeitig würden immer mehr Lehrerinnen und Lehrer aus Wien abwandern. Stellen seien nicht mit ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen nachzubesetzen was zur Folge hätte, dass inzwischen schon 20 Prozent der Unterrichtenden in Wien keinen Abschluss hätten. Er erinnerte an Forderungen der FPÖ wie ein verpflichtendes Sprachscreening ab 4 Jahren, Sanktionen bei fehlender Integration und Anreize für Unterrichtspersonal in Wien.
Abg. Mag. Alexander Ackerl (SPÖ) meinte, Wien sei die Stadt der Kinder. Jedes Kind in der Stadt hätte das Recht auf Bildung, Teilhabe und Gemeinschaft. Die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre hätten die reibungslose Erfüllung dieser Ansprüche vor Herausforderungen gestellt, meinte Ackerl. Integration sei nicht nur in Wien sondern in ganz Österreich eine große Herausforderung. Österreich und insbesondere Wien hätte viele Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen, darunter auch tausende Kinder die neu an Wiener Schulen begonnen hätten. Letztes Jahr seien bis zu 400 Kinder pro Monat neu in das Wiener Bildungssystem aufgenommen worden; das zeige die Leistungsfähigkeit des Wiener Bildungssystems, so Ackerl. Polemik sei keine Lösung für Herausforderungen, meinte der SPÖ-Mandatar. Sprachförderkräfte könnten „nicht aus dem Ärmel geschüttelt werden“, Schulgebäude können nicht „aus dem Boden gestampft werden“. Die erste Runde der Bundesmittel – also die von seinen Vorredner*innen angesprochenen Planstellen für Sprachlehrer*innen – seien kurzfristig erst im vergangenen September eingetroffen. Dafür fanden sich wegen der Einschränkung auf Sprachförderung für ukrainische Kinder zu wenige Lehrer*innen; das Paket sei aber jetzt auch auf anderes Sprachen ausgeweitet worden, erklärte Ackerl. Wiens Credo sei: „Herausforderungen ruhig und sachlich angehen“, dann würden auch Lösungen gefunden, schloss Ackerl. (Forts.) ato
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