28. Juni – Internationaler PKU-Tag: Ein besonderer Tag für eine seltene Erkrankung | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

28. Juni – Internationaler PKU-Tag: Ein besonderer Tag für eine seltene Erkrankung

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Der 28. Juni steht weltweit im Zeichen der Phenylketonurie (PKU), einer seltenen, aber folgenreichen Stoffwechselstörung, die das Zentralnervensystem irreversibel schädigt. In Österreich leben rund 500 Menschen mit PKU, rund ein Drittel davon ist nicht in regelmäßiger medizinischer Betreuung. Der Internationale PKU-Tag nützt die Gelegenheit, auf die oft übersehenen Herausforderungen dieser Patientengruppe aufmerksam zu machen und das Bewusstsein für die Erkrankung und die Solidarität mit den Betroffenen zu fördern.1 Dieser Tag erinnert gleichzeitig an zwei Pioniere der PKU-Diagnostik und -Behandlung: Robert Guthrie* und Horst Bickel**, die beide an diesem Tag geboren wurden.2,3

PKU – eine seltene Erkrankung mit lebenslanger Herausforderung für die ganze Familie

Die PKU ist eine angeborene Stoffwechselstörung, bei der die Aminosäure Phenylalanin (Phe) nicht ausreichend abgebaut werden kann. Diese reichert sich im Körper an und kann das zentrale Nervensystem bei Kindern irreversibel schädigen – mit Auswirkungen auf Kognition, Verhalten und Psyche. Frühzeitig erkannt, zum Beispiel durch das flächendeckende Neugeborenen-Screening in Österreich, lässt sich die Erkrankung gut behandeln. Entscheidend ist jedoch: Die Therapie muss ein Leben lang konsequent fortgeführt werden.

Die Geburt eines Kindes mit einer angeborenen Stoffwechselstörung, verändert das Leben einer Familie schlagartig. Auch wenn Phenylketonurie durch die Einhaltung einer strengen Diät und die Einnahme einer Aminosäurenmischung gut behandelbar ist, bringt diese Diagnose für das betroffene Kind, die Eltern und auch für stoffwechselgesunde Geschwisterkinder massive Einschränkungen und Veränderungen des Alltags mit sich“, weiß Elisabeth Barton, Mutter eines inzwischen erwachsenen PKU-Patienten.

Versorgungslücken in Österreich – trotz moderner Diagnostik

In Österreich gibt es vier spezialisierte Zentren für angeborene Stoffwechselerkrankungen (Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck). Sie begleiten PKU-Patient:innen von Geburt an – theoretisch. In der Praxis sind etliche bekannte PKU-Betroffene ohne medizinische Begleitung. Fachärzt:innen für Stoffwechselmedizin sehen eine gravierende Versorgungslücke im Erwachsenenalter. Die Therapie wird häufig abgebrochen, weil der Aufwand zu groß ist, weil Spezialprodukte nicht ausreichend erstattet werden oder weil schlicht das Bewusstsein für die Notwendigkeit der lebenslangen Betreuung fehlt. 4

Besonders Männer scheinen häufiger „vom Radar“ zu verschwinden, da Frauen oft im Rahmen von Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen erneut erfasst werden.2

Umso wichtiger ist es, einen geordneten Übergang von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin zu gewährleisten. „Die Transition von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin ist ein sensitiver Meilenstein im Leben von Patient:innen mit chronischen Erkrankungen, die sowohl die Betroffenen, die oft sehr involvierte Familie sowie das multidisziplinäre Behandlungsteam vor große Herausforderungen stellt. Eine frühzeitige Einbindung der Spezialisten in der Erwachsenenmedizin im Sinne eines sanften Übergangs wäre aus Patientensicht anzustreben“, erklärt der Mediziner Florian Barton-Ludvik, selbst PKU-Patient.

Diät als Therapie? Der tägliche Kampf um Normalität

Die Therapie der PKU basiert auf einer streng kontrollierten Ernährung, bei der natürliche Proteine weitestgehend vermieden werden müssen. PKU-Betroffene sind auf Spezialprodukte – sogenannte Low-Protein-Lebensmittel und Aminosäure-Supplements – angewiesen, um eine ausreichende Nährstoffversorgung sicherzustellen.

Diese Therapie ist mit hohen Kosten, organisatorischem Aufwand und sozialer Belastung verbunden. Restaurantbesuche, Reisen, Schulessen oder Einladungen mit Freunden werden zur Herausforderung. Viele Patient:innen erleben Scham, Stigmatisierung und soziale Isolation.

Die strenge Diät erfordert gute Planung, exakte Berechnung der Mahlzeiten, engmaschige ärztliche Kontrollen und in vielen Fällen psychologische Testungen in einem Stoffwechselzentrum. Neben diesen Herausforderungen sind Eltern häufig mit Ängsten ob der kognitiven Entwicklung ihres Kindes konfrontiert“, so Elisabeth Barton.

Besonders für Kinder und Jugendliche ist das „Anderssein“ spürbar – in der Schule, bei Ausflügen oder im Umgang mit Gleichaltrigen.

Hinzu kommt: Die gesundheitlichen Folgen eines Diätabbruchs sind nicht sofort spürbar – aber langfristig verheerend. Eine dauerhaft erhöhte Phe-Konzentration im Blut kann zu kognitiven Einschränkungen und psychischen Erkrankungen führen, die bei Kindern irreversibel sind. Studien zeigen zudem ein erhöhtes Risiko für Begleiterkrankungen wie Osteoporose, Anämie, Nierenerkrankungen und sogar Asthma.

Appell zum Internationalen PKU-Tag: Mehr Bewusstsein, mehr Versorgung, mehr Unterstützung

PKU ist eine seltene Erkrankung – aber keine unsichtbare. Es braucht mehr Aufmerksamkeit, Verständnis und Unterstützung – medizinisch, gesellschaftlich und politisch“ so Kristina Kempf, Country Head für Deutschland, Österreich und Ungarn.

Der Internationale PKU-Tag ruft dazu auf, PKU sichtbar zu machen – in der Gesellschaft, in der Politik und im Gesundheitssystem. Österreich braucht verlässliche Strukturen für die Langzeitbetreuung, eine bessere finanzielle Absicherung für Betroffene und mehr Aufklärung über die Folgen einer unterbrochenen oder unzureichenden Therapie.

Der Tag lädt ein: Patient:innen, Angehörige, Ärzt:innen, Kindergärten, Schulen, Apotheker:innen, politische Entscheidungsträger:innen und die breite Öffentlichkeit. Mit gemeinsamen Aktionen, medialer Aufmerksamkeit und politischen Forderungen kann ein Signal gesetzt werden: Für mehr Gerechtigkeit im Umgang mit einer Krankheit, die so selten ist – und doch das ganze Leben bestimmt.

Mehr Informationen: www.ptcbio.com

Referenzen:

*Prof. Dr. Robert Guthrie (*28.06.1916, †24.06.1995) entwickelte das nach ihm benannte Testverfahren, mit dem die präsymptomatische Früherkennung bei Neugeborenen (Neugeborenenscreening) möglich wurde.2

**Prof. Dr. Horst Bickel (*28.06.1918, †01.12.2000) legte Anfang der 1950er Jahre den Grundstein für die ernährungstherapeutische Behandlung der PKU.3

1 https://www.espku.org/projects/pku-day/ (zuletzt aufgerufen am 18. Juni 2025)

2 https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Guthrie_(microbiologist) (zuletzt aufgerufen am 22. Juni 2025)

3 https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/kinderklinik/Geschichte_der_Paediatrie/6Rueckblicke_05_-_Osten.pdf (zuletzt aufgerufen am 22. Juni 2025)

4 Ramoser et al J Inherit Metab Dis. 2022;45:144–156.

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