Bildungsausschuss stimmte mehrheitlich für die Einführung von Orientierungsunterricht | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Bildungsausschuss stimmte mehrheitlich für die Einführung von Orientierungsunterricht

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Der Bildungsausschuss des Nationalrats sprach sich heute mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen für die Einführung von Orientierungsunterricht aus. Zugewanderte, quereinsteigende Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, die keinerlei Vorerfahrung aus einem beständigen Bildungssystem haben, sollen künftig für die Dauer von maximal sechs Monaten in Orientierungsklassen auf den Unterricht im österreichischen Schulsystem vorbereitet werden. Dafür können laut Gesetzesentwurf eigene, auch klassen-, schulstufen-, schulstandort- und schulartübergreifende Gruppen eingerichtet werden. Der Übertritt in eine Deutschförderklasse soll flexibel erfolgen können. Damit werde „ein zusätzlicher Baukasten im Bildungsbereich geschaffen“, sagte Bildungsminister Christoph Wiederkehr im Ausschuss. Er betonte, dass es sich beim Orientierungsunterricht um eine „Sonderform der Deutschförderklassen“ handeln werde. Orientierungsklassen sollen je nach Bedarf – also nicht flächendeckend – etabliert werden.

Ein Entschließungsantrag der Grünen, der eine Ausbildung gruppenführender Elementarpädagog:innen auf tertiärer Ebene forderte, wurde im Ausschuss abgelehnt. Mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde der Bericht von Bildungsminister Christoph Wiederkehr über die EU-Vorhaben 2025 im Bereich Bildung. Den Arbeitsbericht 2024 der Nationalen Koordinierungsstelle für den Nationalen Qualifikationsrahmen nahmen die Ausschussmitglieder einstimmig zur Kenntnis.

Mit den Stimmen der Koalitionsparteien vertagt wurden Entschließungsanträge der FPÖ für mehr Schutz von Kindern und Jugendlichen in Schulen sowie für verpflichtenden Instrumentalunterricht für angehende Volksschullehrkräfte. Vertagt wurde außerdem ein Entschließungsantrag der Grünen zum Thema Ausbau der Schulpsychologie und Schulsozialarbeit.

Einführung von Orientierungsunterricht

Der Bildungsausschuss beriet heute über eine Regierungsvorlage, die drei Gesetzesänderungen in verschiedenen Themenbereichen enthält: Mit einer Änderung des Schulunterrichtsgesetzes sollen ab 1. September 2025 sogenannte Orientierungsklassen etabliert werden. Zudem soll die Einführung digitaler Studierendenausweise an Pädagogischen Hochschulen durch eine Änderung des Hochschulgesetzes ermöglicht werden und neue Ausbildungsangebote für Elementarpädagog:innen in das Anstellungserfordernisse-Grundsatzgesetz aufgenommen werden (128 d.B.).

In der Ausschussdebatte sagte Barbara Neßler (Grüne), dass Orientierungsklassen grundsätzlich zu begrüßen seien. Sie wollte wissen, ob diese nur „Neuankömmlinge“ oder auch Schüler:innen, die sich bereits jetzt in Österreich befinden, betreffen werde. Sorge bereite ihr, dass diese Initiative zur Weiterführung der Deutschförderklassen beitrage. Denn aus ihrer Sicht mache es keinen Sinn, Schüler:innen mit keinen oder wenigen Deutschkenntnissen „in separierten Klassen“ zu unterrichten. Nico Marchetti (ÖVP) sagte, dass der Orientierungsunterricht schon auch für Kinder, die bereits in Österreich sind, gedacht sei. Ziel sei es, sie vor ihrem Eintritt in das Regelschulsystem für den Schulunterricht „fit zu machen“. Die Einführung des Orientierungsunterrichts sei genauso wie der Beschluss über den Stopp des Familiennachzugs eine „sinnvolle Maßnahme“ für das Bildungssystem, so Marchetti. Paul Stich (SPÖ) nannte die Einführung von Orientierungsunterricht einen „Schritt in die richtige Richtung“. Von einem „guten Schritt“ in Richtung Integration sprach Martina von Künsberg Sarre (NEOS). Hermann Brückl (FPÖ) sagte, dass seine Fraktion Teile des Gesetzesentwurfs ablehne und daher diesem im Ausschuss nicht zustimme. Er kündigte an, dass die FPÖ im Plenum eine getrennte Abstimmung über die im Entwurf enthaltenen Änderungen verlangen werde.

Bezüglich der im Gesetzesentwurf vorgesehenen Ausweitung der Ausbildungswege in der Elementarpädagogik zeigte sich Wiederkehr überzeugt, dass damit neue Zielgruppen für die Tätigkeit in diesem Bereich gewonnen werden können. Abgelehnt wurde ein mit diesem Thema zusammenhängender Antrag der Grünen (300/A(E). Darin plädierte Barbara Neßler (Grüne) insbesondere dafür, dass gruppenführende Elementarpädagog:innen in Zukunft auf tertiärer Ebene ausgebildet werden sollen. Ein „grundständiges Bachelorstudium“ liege bereits seit längerem fertig konzipiert vor, dieses sollte nun auch tatsächlich ausgerollt werden. Erst vor Kurzem sei zudem in einem Bericht der UNESCO festgestellt worden, dass die Bildungsqualität zu 25 % von den jeweiligen Leiter:innen abhänge, führte Neßler ins Treffen.

SPÖ-Vertreterin Silvia Kumpan-Takacs räumte ein, dass es Aufholbedarf in dieser Frage gebe, verwies aber gleichzeitig auf die derzeit laufende Ausbildungsoffensive. Ähnlich argumentierte ÖVP-Abgeordnete Agnes Totter, die darüber informierte, dass der Bund für die Qualifizierung der Mitarbeiter:innen im Bereich der Elementarpädagogik zuständig sei.

Schutz von Kindern und Jugendlichen in Schulen

Nach Medienberichten über Vorfälle an Wiener Schulen mit einem Influencer orten die Freiheitlichen „gravierende Sicherheitslücken“ im österreichischen Bildungssystem und forderten mit einem von Lisa Schuch-Gubik (FPÖ) eingebrachten Entschließungsantrag die verbindliche Prüfung externer Personen an Schulen, verpflichtende Transparenz bei externen Schulveranstaltungen, die Stärkung der Qualifikation des pädagogischen Personals und der Schulleitungen im Bereich Kinderschutz sowie konsequentes Vorgehen bei Pflichtverletzungen (289/A(E)).

Nico Marchetti (ÖVP) stellte den Vertagungsantrag mit Verweis auf die im Vorjahr beschlossene Einführung verpflichtender Kinderschutzkonzepte an Schulen sowie auf das nach dem Attentat in Graz beschlossene Maßnahmenpaket, das nun erarbeitet werde. Auch Barbara Neßler (Grüne) ging auf die im Vorjahr beschlossenen verpflichtenden Kinderschutzkonzepte an Schulen ein und plädierte dafür, diese auch auf das Vereinswesen auszuweiten. Christoph Steiner (FPÖ) kritisierte, dass externe Personen in Schulen eingeladen werden und deren Background vorab nicht geprüft werde. Heinrich Himmer (SPÖ) verwies darauf, dass ein Screening vorab schwierig sei. Es sei jedoch „klar geregelt“, dass der zuständige Pädagoge oder die zuständige Pädagogin immer in der Verantwortung bleibe und dabei sein müsse, wenn schulfremde Personen anwesend seien.

Ausbau der Schulpsychologie und Schulsozialarbeit

Ebenfalls vertagt wurde ein Entschließungsantrag der Grünen zum Ausbau der Schulpsychologie sowie der Schulsozialarbeit (324/A(E)). Laut Antrag solle jede Schülerin und jeder Schüler Zugang zu sozialpsychologischer Betreuung bekommen und an jedem Schulstandort solle mindestens eine Vollzeitstelle für Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen. Es brauche zusätzliche Unterstützung, denn Lehrpersonen könnten das nicht alles alleine abdecken, sagte Barbara Neßler (Grüne) und kritisierte, dass das Angebot an Schulpsychologie sowie der Schulsozialarbeit derzeit „mehr als unzureichend“ sei.

Es gebe unterschiedliche Eskalationsstufen und nicht in jeder Problemlage sei ein Psychologe notwendig – daher solle auf ein breites Angebot gesetzt werden, argumentierte Nico Marchetti (ÖVP). Die Anzahl der Schulpsycholog:innen könne daher nicht das einzige Kriterium sein, es brauche „Mut zur Differenzierung“ des Angebots, sagte Marchetti und führte den Ausbau der Hotline „Rat auf Draht“ als Beispiel an. Auch Martina von Künsberg Sarre (NEOS) betonte, dass das Supportpersonal an Schulen stufenweise ausgebaut werde und dies auch budgetiert sei. Schon vor dem Attentat in Graz habe man den Bedarf erkannt und dies im Regierungsprogramm verankert, so von Künsberg Sarre. Heinrich Himmer (SPÖ) meinte, dass es gelungen sei, dieses Thema sichtbar zu machen und es inzwischen klar sei, dass es an den Schulen multiprofessionelle Teams brauche.

FPÖ für verpflichtenden Instrumentalunterricht für angehende Volksschullehrkräfte

Die FPÖ sprach sich dafür aus, den verpflichtenden Instrumentalunterricht als „integralen Bestandteil des Lehramtsstudiums Primarstufe“ wieder einzuführen (273/A(E)). Seit der Umstellung auf das Bachelor-Master-System im Zuge der „PädagogInnenbildung NEU“ sei das Erlernen eines Begleitinstruments wie Klavier oder Gitarre kein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung von Volksschullehrkräften mehr. Musikalisch-praktische Kompetenzen würden nur noch über Wahlpflichtmodule vermittelt. Dies habe laut einem Entschließungsantrag der FPÖ zu „einer spürbaren Schwächung dieses Bildungsbereichs“ geführt. Wendelin Mölzer (FPÖ) kritisierte im Ausschuss einen „Qualitätsverlust im Musikunterricht“.

Fiona Fiedler (NEOS) und Agnes Totter (ÖVP) verwiesen auf den Musikunterricht an Pädagogischen Hochschulen. Musikalische Grundbildung sei laut Totter in den Curricula des Lehramtsstudiums für Volksschulkräfte „in unterschiedlichen Ausformungen“ enthalten.

EU-Vorhaben: Wettbewerbsfähigkeit durch Bildung stärken

Thema im Ausschuss waren auch zwei Berichte. Mehrheitlich, ohne den Stimmen der FPÖ, zur Kenntnis genommen wurde der Bericht von Bildungsminister Christoph Wiederkehr über aktuelle EU-Vorhaben (III-145 d.B.). Die zentrale Bildungsinitiative der Europäischen Kommission ist in diesem Jahr die „Union of Skills“. Sie soll zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU beitragen, indem Menschen mit den notwendigen Kompetenzen für die sich wandelnde Arbeitswelt ausgestattet werden. Auch die „fortschreitende Umsetzung“ des europäischen Bildungsraums zählt laut Bericht zu den Schwerpunkten für dieses Jahr. Für das Programm Erasmus+ steht im Zeitraum von 2021-2027 ein EU-Budget von 28 Mrd. Ꞓ zur Verfügung. Davon sind 2025 für Österreich rund 78 Mio. Ꞓ vorgesehen (2024: 67 Mio. Ꞓ).

Eine gute Sache sei die Förderung von Talenten, die in der „Union of Skills“ enthalten sei, meinte Rudolf Taschner (ÖVP). Er betonte zudem, dass der Bildungsbereich Sache der Nationalstaaten sei und es in diesem Bereich zu keiner Abgabe von Kompetenzen an die EU kommen solle. Bei der „Union of Skills“ gehe es darum, innerhalb der EU Synergien und Kooperationen zu finden und voneinander zu lernen, antwortete Bildungsminister Wiederkehr. Im Bildungsbereich seien keine Kompetenzverlagerungen an die EU geplant, stattdessen werde auf Strategien und Fahrpläne gesetzt, die nicht gesetzlich verbindlich seien, so Wiederkehr. Die „Union of Skills“ sehe vor, dass bis 2030 weniger als 15 % der Jugendlichen in den Bereichen Lesen, Schreiben, Mathematik, Naturwissenschaften und digitale Kompetenzen unterdurchschnittliche Leistungen erbringen. Gleichzeitig sollen mindestens 15 % der Jugendlichen Spitzenleistungen in diesen Bereichen erzielen. Von beiden Indikatoren sei Österreich derzeit „noch weit entfernt“, sagte der Bildungsminister und verwies auf die von ihm bereits angekündigte Aufholjagd im Bildungsbereich.

Auf eine Frage von Martina von Künsberg Sarre (NEOS) zum Programm Erasmus+ berichtete Wiederkehr, dass die Nachfrage danach groß sei und es zuletzt auch einen neuen Höchstwert bei Lehrlingen gab, die das Programm in Anspruch genommen haben. Von Barbara Neßler (Grüne) darauf angesprochen, was unternommen werde, um sicherzustellen, dass auch sozioökonomisch schwächer gestellte Personen am Programm Erasmus+ teilnehmen können, betonte Wiederkehr, dass für ihn ein möglichst niederschwelliger Zugang zum Programm wichtig sei.

Nationalen Qualifikationsrahmen sichtbarer machen

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Arbeitsbericht 2024 der Nationalen Koordinierungsstelle für den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR). Der NQR dient der Zuordnung von Bildungsabschlüssen zu einem von acht NQR-Qualifikationsniveaus und ist mit dem Europäischen Qualitätsrahmen verknüpft. 2024 konnten neun Qualifikationen darin neu aufgenommen werden. Zusätzlich zu den Veröffentlichungen der neuen Zuordnungen wurden im NQR-Register weitere 13 Qualifikationen aus dem Gesundheitsbereich ausgewiesen, die einen gesetzlich geregelten Berufszugang haben (III-158 d.B.). Bildungsminister Wiederkehr betonte, dass der NQR Bildung und Abschlüsse vergleichbar mache und damit aufwerte.

Christian Oxonitsch (SPÖ), Maria Neumann (ÖVP) und Barbara Neßler (Grüne) thematisierten, dass der NQR bisher in der Bevölkerung noch wenig bekannt sei und fragten den Bildungsminister, wie man diesen transparenter, nutzerfreundlicher und bekannter machen könne. Wiederkehr sagte, dass es diesbezüglich bereits Anstrengungen gebe und man sich mit Stakeholdern, beispielsweise Erwachsenenbildungseinrichtungen und Sozialpartnern, dazu austausche. Zur Weiterentwicklung des NQR sei bereits ein Strategiepapier erstellt worden, so Wiederkehr. (Schluss Bildungsausschuss) bea/sue


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