Justizministerin Sporrer informiert über Reformprojekte: von Fußfesseln bis Kinderschutz
Justizministerin Anna Sporrer wurde von den Mitgliedern des Justizausschusses des Nationalrats heute zu den Regierungsvorhaben befragt. In der aktuellen Aussprache stellte sie eine zeitnahe Umsetzung der Bundesstaatsanwaltschaft und verfahrensrechtliche Vereinheitlichungen zum Missbrauch von Besitzstörungsrecht in Aussicht. Ein Austausch fand auch über die Bestrebungen zur EU-weiten Harmonisierung des Zivilrechts statt.
Fußfessel im Sinne der Resozialisierung
Die „Fußfesseloffensive“ der Bundesregierung wurde von Christian Lausch (FPÖ) zur Sprache gebracht und auch Stephanie Krisper (NEOS) fragte diesbezüglich bei der Justizministerin nach. Dem FPÖ-Mandatar erscheint die Anschaffung von 150 Fußfesseln als viel zu wenig, um dem Überbelag in den Haftanstalten entgegenzuwirken. Sporrer gab daraufhin zu verstehen, dass mit der Ausweitung des Hausarrests vielmehr eine bessere Prognose für die soziale Wiedereingliederung in die Gesellschaft angestrebt wird. Dass die Möglichkeit, die Fußfessel künftig bereits bei einer noch zu verbüßenden Strafzeit von 24 Monaten (bislang 12 Monaten) zu beantragen, nicht in großem Ausmaß vom Überbelag befreie, liege in der Natur der Sache, sagte sie. Es sei in etwa mit Anträgen in dem veranschlagten Ausmaß rechnen, so die Justizministerin, die dabei allerdings auf Prognoseungenauigkeiten hinsichtlich der Voraussetzungen für den elektronisch überwachten Hausarrest hinwies.
Um hinsichtlich Überbelag Abhilfe zu schaffen und die Justizwache zu entlasten, gebe es die Taskforce „Belagsmanagement“ sowie Bemühungen, in Zusammenarbeit mit dem Außenressort Abkommen mit Drittländern abzuschließen. Das Abkommen im EU-Raum „Haft in der Heimat“ funktioniere sehr gut, ließ Sporrer wissen. Positiv hob die Ministerin hervor, dass kürzlich ein Justizwache-Ausbildungsprogramm für Spitzensportler:innen gestartet worden sei. Elke Hanel-Torsch (SPÖ) wollte diesbezüglich Auskunft von der Ministerin.
Mehrere Vorhaben sollen zeitnah umgesetzt werden
Johanna Jachs (ÖVP) thematisierte die Modernisierung des Eherechts hinsichtlich des Kinderschutzes vor dem Hintergrund, dass Eheschließungen unter 18 Jahren in Österreich verboten werden sollen. Es seien noch Fragen des internationalen Privatrechts zu klären, etwa wie mit Ehen umgegangen werden solle, die im Ausland geschlossen wurden, sagte Ministerin Sporrer. Es bedürfe einer tiefgründigen Abschätzung der Konsequenzen, sodass keine Regelungslücken und kein vermehrter Verwaltungsaufwand entstehe, meinte sie.
Das Problem, Besitzstörungsklagen als Geschäftsmodell zu nutzen, wurde von Thomas Elian (ÖVP) angesprochen. Laut der Justizministerin soll der Missbrauch hintangehalten werden. dabei sei man „auf den letzten Metern“. Es soll eine verfahrensrechtliche Vereinheitlichung geschaffen werden, damit der Missbrauch des Besitzstörungsrechts oberstgerichtlich festgestellt werden könne, so Sporrer. Sie gab sich optimistisch, das Vorhaben demnächst präsentieren zu können.
Nach einem Ausblick zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen fragte Jakob Grüner (ÖVP). Es seien diesbezüglich bereits Diskussionsrunden geführt worden und es gehe darum, Rechtssicherheit für alle Stakeholder zu schaffen, sagte Sporrer. Sie zeigte sich zuversichtlich, zeitnah einen Gesetzesentwurf vorstellen zu können, wollte aber keinen konkreten Zeitplan geben.
Die im Regierungsprogramm verankerte Bundesstaatsanwaltschaft griff die vormalige Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf. Sporrer sagte, dass sie dankensweiterweise auf die Vorarbeiten der Arbeitsgruppe unter ihrer Vorgängerin zurückgreifen könne. Es handle sich um ein justizpolitisch wichtiges und tiefgreifendes Vorhaben, das nicht auf die lange Bank geschoben werden soll. Bezüglich eines Zeitplans bat die Ministerin allerdings um Geduld. Es sei geplant, eine kollegiale Spitze umzusetzen, für Details zum Bestellungsmodus sei man aber noch in Abstimmung mit Bundeskanzleramt und Verfassungsdienst.
Hinsichtlich der bundesweiten Ausrollung der Gewaltambulanzen – über die bereits bestehenden in Wien und Graz hinaus – konnte Stephanie Krisper (NEOS) in Erfahrung bringen, dass bereits Gespräche mit Innsbruck laufen würden. Die Ausrollung hänge auch davon ab, ob die Bundesländer die Qualitätskriterien erfüllen könnten. Dabei sei der Mangel an Gerichtsmedizinern das Hauptproblem, sagte die Justizministerin. Oberösterreich und Salzburg könnten bei der Frage der Kapazitäten evtl. zusammenarbeiten.
EU-Richtlinien zu Kinderschutz, Umweltstrafrecht und Menschenhandel in Ausarbeitung
Im Rahmen der aktuellen Aussprache fragten mehrere Abgeordnete nach dem Stand der Dinge auf EU-Ebene. Für Markus Tschank (FPÖ) war insbesondere der Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern von Bedeutung. Die Justizministerin meinte ebenso, dass es sich um ein besonders wichtiges Thema handle. Der Richtlinienvorschlag sehe erweiterte Straftatbestände, stärkere Präventionsmaßnahmen, bessere Opferunterstützung sowie eine verbesserte Koordination der Mitgliedstaaten vor. Österreich werde sich aktiv daran beteiligen, Regelungslücken zu schließen, so Sporrer.
Selma Yildirim (SPÖ) erfuhr, dass durch die EU-Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt der Katalog an schwerwiegenden, unter Strafe zu stellenden Verstößen erweitert werden soll. Ein Begutachtungsverfahren für die nationale Umsetzung sei für Herbst 2025 in Aussicht genommen. Österreich beteilige sich außerdem konstruktiv an Verhandlungen über eine Harmonisierung der Verfahrensführung im datenschutzrechtlichen Bereich. Nach diesen Entwicklungen hatte Manfred Sams (SPÖ) gefragt.
Stephanie Krisper (NEOS) konnte in Erfahrung bringen, dass die Richtlinie zur Bekämpfung von Menschenhandel bis Mitte Juli 2026 in nationales Recht umgesetzt werden müsse. Obwohl es in Österreich gute Opfer-Anlaufstellen gebe, müssten wohl die Kapazitäten für geeignete Unterbringung gesteigert werden, meinte die Ministerin. Die „Women on Boards“-Richtlinie und Quotenregelungen in Aufsichtsräten beziehungsweise Vorständen seien mit dem Frauen- und Sozialministerium in Diskussion, erfuhr Alma Zadić (Grüne).
Österreich beteiligt sich an EU-Schwerpunkten
Vom Ausschuss mehrheitlich zur Kenntnis genommen und enderledigt wurde die EU-Jahresvorschau des Justizressorts (III-148 d.B.). Aus Sicht des Justizministeriums leiste die europäische Justizpolitik einen essentiellen Beitrag zur Unterstützung der justiziellen Zusammenarbeit und damit zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit. Um europäische Instrumente zum Nutzen der Bürger:innen auch in der Praxis bestmöglich einsetzen zu können, sei jedenfalls der Fokus der Europäischen Kommission auf Vereinfachungen der Rechtsvorschriften und auf bessere Rechtssetzung zu begrüßen, heißt es im Bericht.
Justizministerin Anna Sporrer betonte, dass ihr die Beteiligung Österreichs an der rechtlichen Fortentwicklung auf europäischer Ebene ein zentrales Anliegen sei und sich ihr Ressort in verschiedensten Bereichen engagiert einbringe, etwa bei der Harmonisierung des Insolvenzrechts, bei der Bekämpfung von Korruption oder des illegalen Waffenhandels. Grenzüberschreitende Kooperation sei in vielen Rechtsbereichen notwendig, insbesondere bei der Wettbewerbsfähigkeit, aber auch zur Verringerung der Verwaltungslasten sei man auf eine bessere Rechtssetzung angewiesen, meinte sie. Zu den prioritären Vorhaben auf EU-Ebene zähle außerdem unter anderem die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, gegen Kinder und von Hass im Internet.
Selma Yildirim (SPÖ) hakte bei den EU-Bemühungen rund um die Reglementierung von Schusswaffen nach. Für das vierte Quartal 2025 sei ein Richtlinienvorschlag angekündigt, der auf die Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen und das Schließen der Lücken in der EU-Strafverfolgung abziele, lies Sporrer wissen. Auch einheitliche Mindeststandards würden zur Verbesserung der Sicherheit beitragen.
Muna Duzdar (SPÖ) meinte, dass eine Aktualisierung der europäischen Rechtsakte zum Thema Korruption mitsamt einer Verschärfung der strafrechtlichen Sanktionen längst überfällig sei. Die auf EU-Ebene angestrebte Harmonisierung der Antikorruptionsbestimmungen unterstützt auch die Justizministerin.
Angesichts rasanter technischer Entwicklungen im Online-Bereich bei Delikten der sexuellen Belästigung von Kindern wertet Sporrer auch die entsprechende von Stephanie Krisper (NEOS) angesprochene EU-Richtlinie positiv.
Das sogenannte Omnibus-Paket zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen war für Markus Koza (Grüne) und Irene Neumann-Hartberger (ÖVP) von Interesse. In Österreich habe es dazu keine Einigung auf politischer Ebene gegeben, weshalb man sich bei der Abstimmung enthalten habe, so die Ressortauskunft. Es sei allerdings eine Mehrheit in der EU dafür gewesen. (Fortsetzung Justizausschuss) fan
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