Nationalrat verabschiedet Doppelbudget 2025/26 und neuen Finanzrahmen
Die parlamentarischen Beratungen über das Doppelbudget 2025/26 sind abgeschlossen. Nach insgesamt zehntägigen Verhandlungen gab der Nationalrat Mittwochnachmittag grünes Licht für die beiden von der Regierung vorgelegten Bundesfinanzgesetze und den neuen Bundesfinanzrahmen bis zum Jahr 2029. Die Beschlüsse wurden mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS gefasst, lediglich das Parlamentsbudget und die Budgets der anderen Obersten Organe – Rechnungshof, Volksanwaltschaft, VfGH, VwGH und Präsidentschaftskanzlei – erhielten in Zweiter Lesung einhellige Zustimmung. Mitberücksichtigt bei der Abstimmung wurde die vom Budgetausschuss empfohlene Aufstockung der Planstellen des Parlaments zur Abdeckung des Personalbedarfs des Parlamentarischen Datenschutzkomitees, darüber hinaus gehende Änderungen an den Regierungsentwürfen wurden von den Abgeordneten nicht vorgenommen.
Kritik am Budgetkurs kommt von der Opposition. Der Bevölkerung werde ein „gigantischer Belastungshammer“ zugemutet, hatte etwa FPÖ-Chef Herbert Kickl bei der Generaldebatte am Montag gemeint. Vor allem untere Einkommensschichten und „Leistungsträger“ werden seiner Meinung nach überproportional belastet, während etwa für Flüchtlinge und „Rüstungs-Wahnsinn“ weiterhin Geld „verbraten“ werde. Auch die Grünen orten eine falsche Prioritätensetzung, wobei sie nicht nur Mittelkürzungen für sozial schwache Familien, sondern auch Kürzungen im Umweltsektor beklagen.
Hinter die Sparmaßnahmen stellten sich hingegen die Vertreter:innen der Koalitionsparteien: Auch Banken, Energiekonzerne und Stiftungen müssten einen fairen Beitrag zur Budgetsanierung leisten, machte etwa SPÖ-Klubobmann Philip Kucher zum Auftakt der Plenarberatungen geltend. Zudem habe man in zentralen Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Arbeitsmarkt keine Kürzungen vorgenommen. ÖVP-Klubobmann August Wöginger wies darauf hin, dass das „zarte Pflänzchen“ des Wirtschaftswachstums durch eine Reihe von Offensivmaßnahmen unterstützt werde. Den NEOS ist es wichtig, dass nach Beendigung der „Gießkannenpolitik“ der letzten Jahre nun weitere Reformschritte folgen.
Bekenntnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention
Abgestimmt wurde heute auch über insgesamt 40 Entschließungsanträge, wobei nur zwei davon erfolgreich waren. Zum einen bekräftigen die Abgeordneten mit einer einstimmig angenommenen Fünf-Parteien-Initiative zum Thema Atomkraft ihren Standpunkt, dass Atomenergie nicht als erneuerbare Energie gewertet werden dürfe, und ersuchen die Regierung auf EU-Ebene, diesbezüglich Druck zu machen. Atomkraft berge nicht nur unkontrollierte Risiken und sei zu teuer, der radioaktive Müll bürde künftigen Generationen auch eine enorme Aufgabe auf, argumentieren sie.
Zum anderen wurde auf Antrag der Koalitionsparteien – gegen die Stimmen der FPÖ – eine Entschließung zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gefasst. Die Regierung soll sich demnach nicht nur innerstaatlich, sondern auch auf internationaler und europäischer Ebene für die Einhaltung der aus der EMRK abzuleitenden Rechte einsetzen. Konkret geht es den Abgeordneten dabei etwa um ein aktives Engagement gegen die Todesstrafe und gegen Folter weltweit und den Kampf gegen die Verfolgung von Minderheiten. Auch der Beitritt der Europäischen Union zur EMRK ist dem Nationalrat ein Anliegen. Das Bekenntnis Österreichs zur Europäischen Menschenrechtskonvention sei selbstverständlich und deren Verankerung im österreichischen Verfassungsrecht unverrückbar, wird dazu in den Erläuterungen festgehalten.
Hohes Budgetdefizit trotz Sparmaßnahmen
Konkret sind im Bundesfinanzgesetz 2025 für heuer Einnahmen in der Höhe von 105,1 Mrd. Ꞓ und Ausgaben in der Höhe von 123,2 Mrd. Ꞓ veranschlagt. Der Abgang wird voraussichtlich also 18,1 Mrd. Ꞓ betragen. Das entspricht einem administrativen Defizit des Bundes von 3,68 % des BIP bzw. 3,5 % berechnet nach den Maastricht-Kriterien. Gesamtstaatlich wird ein Minus von 4,5 % erwartet. Auch 2026 bleibt der Saldo deutlich negativ: Einnahmen des Bundes in der Höhe von 107,6 Mrd. Ꞓ stehen Ausgaben von 125,9 Mrd. Ꞓ gegenüber, was zu einem Abgang von 18,3 Mrd. Ꞓ führt. Das gesamtstaatliche Defizit geht zwar leicht zurück, wird mit prognostizierten 4,2 % aber immer noch über der Maastricht-Grenze von 3 % liegen. Erst 2028 soll dieser Grenzwert wieder erreicht werden.
Damit dürfte Österreich um ein EU-Defizitverfahren nicht herumkommen. Die endgültige Entscheidung darüber wird voraussichtlich Anfang Juli fallen. Die Schuldenquote steigt zwischen 2025 und 2028 kontinuierlich von 84,7 % auf 87 %. 2029 soll sie dann erstmals wieder leicht – auf 86,9 % – zurückgehen.
Ein wesentlicher Aspekt des Doppelbudgets 2025/26 ist das Bemühen der Regierung, das hohe Budgetdefizit wieder einzudämmen. So sollen durch Konsolidierungsmaßnahmen wie die Abschaffung des Klimabonus und die vorübergehende Aussetzung der Inflationsanpassung von Familienleistungen heuer und im nächsten Jahr insgesamt rund 15 Mrd. Ꞓ eingespart werden. Finanzminister Markus Marterbauer sieht damit eine Trendwende in der Budgetpolitik eingeleitet.
Allerdings steht die Regierung nach wie vor vor großen Herausforderungen. So erschweren die schwache Konjunktur und steigende Zinsausgaben die Rückführung des Defizits, wie der parlamentarische Budgetdienst in einer Analyse zum Haushaltsentwurf schreibt. Zudem führen verschiedene strukturelle Herausforderungen wie die Alterung der Gesellschaft, das schwache Produktivitätswachstum und der Klimawandel zu zusätzlichen budgetären Belastungen. So steigt etwa der Aufwand für Pensionen weiter. Für einzelne Bereiche wie Bildung und das Bundesheer wird es dennoch mehr Geld geben. Das Bildungsressort ist auch das einzige Ministerium, das in den kommenden beiden Jahren deutlich mehr Personal – für Schulen und Kindergärten – erhält.
FPÖ fordert Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe und Wiedereinführung der „Hacklerregelung“
Vom Plenum abgelehnt wurden 38 Entschließungsanträge der Opposition, die in den vergangenen drei Plenartagen eingebracht worden waren. Davon gehen je 19 aufs Konto der FPÖ und der Grünen.
Zu den Forderungen der FPÖ zählten unter anderem die Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe, erweiterte steuerliche Absetzmöglichkeiten von privatem Kunst- und Kultursponsoring, die Rücknahme der Mittelkürzungen im Sportbereich, mehr Unterstützung für heimische Blasmusikkapellen und Musikschulen, das Einfrieren der österreichischen Beiträge für internationale Organisationen, die Senkung der Gerichtsgebühren, die Lockerung der Gewerbeordnung, die Anhebung des Investitionsfreibetrags, die Verlängerung des Strompreiskosten-Ausgleichs für Unternehmen bis zum Jahr 2030, die Senkung der Lohnnebenkosten durch die Abschaffung der Kammerumlage 2, die Reduzierung der Elektrizitätsabgabe und der Erdgasabgabe sowie Umsatzsteuersenkungen im Energiebereich.
Auch eine automatische NoVA-Befreiung für Fahrzeuge der Feuerwehren, der Ausschluss von anerkannten Asylwerber:innen und subsidiär Schutzberechtigten aus der Sozialhilfe, die rückwirkende Wiedereinführung der abschlagsfreien Frühpension bei 45 Arbeitsjahren („Hacklerregelung“), die Erhaltung oberösterreichischer Regionalbahnen wie der Almtalbahn und der Mühlkreisbahn sowie Maßnahmen zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit des Bundesheeres sind der FPÖ ein Anliegen. Zudem plädieren sie dafür, Zahlungen des Verteidigungsressorts an parteinahe sicherheitspolitische Institutionen zu beenden und sämtliche Zahlungen des Bundes an die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) einzustellen. In den Milizstand sollen nur noch „unbefristet beorderte Wehrpflichtige“ aufgenommen werden.
Grüne für Streichung klimaschädlicher Subventionen
Auch die Grünen sprechen sich gegen eine Einstellung von Regionalbahnstrecken aus. Regionalbahnen müssten vielmehr attraktiviert werden, fordern sie. Außerdem wenden sie sich im Verkehrsbereich gegen die geplanten Einsparungen im ÖBB-Rahmenplan und gegen Kürzungen der Budgetmittel für den Rad- und Fußverkehr. Auch das Klimaticket dürfe, abgesehen von einer Inflationsanpassung, nicht verteuert werden.
Weitere Forderungen der Grünen betreffen die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen, die alternative Ausgestaltung des Energiekrisenbeitrags, die Fortführung der kostenlosen HPV-Impfung für 21- bis 30-Jährige, die Aufstockung der Mittel für bilaterale Entwicklungsprojekte und den Auslandskatastrophenfonds, die Beibehaltung der Krankenversicherung für Vertriebene aus der Ukraine, die Bereitstellung ausreichender finanzieller Ressourcen für Extremismusprävention und Deradikalisierung, die Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde, die uneingeschränkte Fortführung bestehender Gewaltschutzprojekte, mehr Geld für das Frauenressort, einen Ausgleich von Einkommensverlusten für Alleinerzieher:innen infolge des Sparpakets, eine ausreichende Dotierung des Biodiversitätsfonds über das Jahr 2026 hinaus und eine nachhaltige finanzielle Absicherung alpiner Schutzhütten und Wanderwege.
Zudem drängen die Grünen darauf, die Zweckwidmung der Investitionszuschüsse für Gemeinden – etwa für Klimaschutz, Digitalisierung und andere Zukunftsinvestitionen – beizubehalten, gemeinnützigen Wohnbauträgern als Ausgleich für die Mietenbremse Kompensationszahlungen zu gewähren, nur noch Ställe mit höheren Tierwohl-Standards zu fördern, EU-Gelder nicht für den Ausbau der Atomkraft zu verwenden und die Ressortbudgets systematisch auf die Folgen für die Menschenrechte zu prüfen. Landwirtschaftlichen Bio-Betrieben wollen sie bis zum Ende der aktuellen GAP-Förderperiode einen jährlichen Einstieg in die Bio-Förderung ermöglichen. Auch ein klares Bekenntnis der Regierung zur Europäischen Menschenrechtskonvention ist ihrer Auffassung nach geboten.
Umfangreiches Budgetbegleitgesetz
Bereits am Montag hat der Nationalrat ein umfangreiches Budgetbegleitgesetz und weitere mit dem Budget in Zusammenhang stehende Gesetzesvorlagen verabschiedet. Damit wurde unter anderem das Aus für den Klimabonus und ein erschwerter Zugang zur Korridorpension besiegelt. Außerdem werden die Familienbeihilfe und weitere Familienleistungen zwei Jahre nicht an die Inflation angepasst, und steuerliche Entlastungen, die aus dem dritten Drittel der sogenannten kalten Progression gespeist werden, entfallen bis 2029. Auch die Erhöhung des Service-Entgelts der E-Card, Einschränkungen beim Zuverdienst für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, die Erhöhung des Selbstbehalts für die Schülerfreifahrt und dutzende weitere Maßnahmen sollen einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten.
An Entlastungsmaßnahmen haben die Abgeordneten u.a. eine Umsatzsteuerbefreiung von Frauenhygieneartikeln, die Verdreifachung des „Pendlereuro“, die Wiedereinführung der NoVA-Befreiung für Kasten- und Pritschenwägen und eine Ausweitung der Pauschalierung von Betriebsausgaben für kleine Unternehmen beschlossen.
Vor den Schlussabstimmungen hat der Nationalrat noch über das Budgetkapitel Finanzen beraten. (Fortsetzung Nationalrat) gs
HINWEISE: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.
Details zu den Budgets 2025 und 2026, den Änderungen gegenüber den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante Budgetdaten. Eine Lesehilfe zu den Budgetunterlagen 2025 und 2026 dient der Orientierung und dem besseren Verständnis der umfangreichen Unterlagen. Sie enthält auch den Zeitplan für die Verhandlungen der einzelnen Kapitel.
Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.
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