Doppelbudget 2025/26: Nationalrat berät steigende Verteidigungsausgaben
Am dritten und letzten Tag der Budgetberatungen stand heute das Doppelbudget für militärische Angelegenheiten auf der Tagesordnung des Nationalrats. Der Investitionskurs in die Landesverteidigung soll trotz angespannter budgetärer Lage weitergehen. Laut dem Budgetvoranschlag für 2025 steigen die Ausgaben um 349,1 Mio. Ꞓ (+8,6 %) auf 4,39 Mrd. Ꞓ. Für 2026 ist eine weitere Erhöhung um 369,8 Mio. Ꞓ (+8,4 %) auf 4,76 Mrd. Ꞓ geplant.
Im Zuge der Plenarberatungen zeigte sich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner erfreut über die Budgetsteigerung angesichts wachsender geopolitischer Herausforderungen und jahrzehntelanger Unterfinanzierung des Bundesheeres. Besonders hob sie die Bedeutung der geistigen Landesverteidigung hervor. Die Koalitionsparteien sahen das Budget generell als Ausdruck sicherheitspolitischer Verantwortung und gezielter Modernisierung. Kritik kam von der FPÖ, die die geplanten Mittel als unzureichend zur Kompensation vergangener Versäumnisse bewertete und insbesondere die Personalsituation und mittelfristige Budgetentwicklung bemängelte. Die Grünen stießen sich vor allem an der Prioritätensetzung bei den Investitionen und mahnten strukturelle Verbesserungen hinsichtlich der Infrastruktur und den Assistenzeinsätzen ein.
Tanner: Landesverteidigung endet nicht am Kasernenzaun
Innerhalb ihrer Amtszeit hätten sich die geopolitischen Rahmenbedingungen „nicht zum besseren“ verändert, betonte Verteidigungsministerin Tanner im Plenum die Notwendigkeit der Aufrüstung. Es herrsche parteiübergreifender Konsens darüber, dass das Bundesheer und sein Personal über Jahrzehnte auch budgetär nicht die erforderliche Wertschätzung erhalten habe. Dies habe sich in den letzten Jahren geändert und das Verteidigungsbudget werde nun zum fünften Mal in Folge erhöht, mit einem genauen Plan darüber, wo investiert wird bzw. werden soll. Tanner nannte etwa die militärische Infrastruktur, für die 2025 350 Mio. Ꞓ und 2026 470 Mio. Ꞓ vorgesehen seien, die Anschaffung von 36 neuen Hubschraubern der Marke Leonardo, von denen bereits zehn in Österreich gelandet seien oder Investitionen in die Uniformen, Bewaffnung und Kommunikationsmittel der Soldat:innen.
Der Aufbauplan des Bundesheeres könne mit dem vorliegenden Budget fortgesetzt werden, erklärte Tanner. 2026 werde unter Einbeziehung der haushaltrechtlichen Ermächtigungen die Fünf-Milliarden-Grenze überschritten und 2032 könne mit „gemeinsamer Anstrengung“ das Ziel eines Verteidigungsbudgets in der Höhe von 2 % des BIPs erreicht werden. Dieses Steuergeld dürfe „nicht leichtfertig“ verwendet werden, weshalb ihr Ressort regelmäßig über die getätigten und geplanten Investitionen Bericht erstatte. Wichtiger als budgetäre Fragen sei es allerdings, die geistige Landesverteidigung „wieder aufleben zu lassen“ und in der Bevölkerung ein Bewusstsein darüber zu schaffen, dass die Landesverteidigung „nicht am Kasernenzaun endet“, so Tanner.
Budget und Maßnahmen für FPÖ zu wenig, um Versäumnisse der letzten Jahrzehnte zu kompensieren
Die Verteidigungsministerin wolle es „als Erfolg verkaufen“, dass 2025 nur 79 Mio. Ꞓ und 2026 lediglich 92 Mio. Ꞓ im Militärbudget eingespart würden, sagte FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger. Diese Einsparungen würden allerdings nicht nur die Verwaltung betreffen, sondern auch die Mehrdienstleistungen, was zu Lasten der Ausbildung der Grundwehrdiener und damit der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres gehe. So würden etwa Nachtschießübungen gestrichen. „Wirklich traurig“ sehe allerding der Bundesfinanzrahmen 2027 bis 2029 hinsichtlich der Landesverteidigung aus, kritisierte Reifenberger. 2028 schrumpfe das Budget nicht nur prozentuell sondern trotz Inflation sogar in absoluten Zahlen. Der Aufbauplan sei damit nur eingeschränkt umsetzbar und das Ziel eines Militärbudgets in der Höhe von 2 % des BIPs rücke „meilenweit in die Ferne“. Laut Reifenberger werde auch nichts getan, um den derzeitigen Mobilmachungsrahmen von 55.000 Soldat:innen zu erhöhen. Eine Abwehr konventioneller Kräfte (Abwehroperation) sei damit nicht möglich. Er brachte daher einen Entschließungsantrag ein, in dem Maßnahmen gefordert werden, die das Bundesheer zu einer Abwehroperation befähigen, insbesondere die Anpassung des Mobilmachungsrahmens an die militärischen Erfordernisse.
Reifenbergers Fraktionskollege Christian Schandor bemängelte die aus seiner Sicht fehlende Anerkennung für Militär-Akademiker:innen. So würden etwa Truppenoffiziere an der Theresianischen Militärakademie ausgebildet, jedoch nicht dementsprechend bezahlt. Damit nehme man in Kauf, dass diese das Ressort verlassen. Dies müsse sich ändern, wenn man die Attraktivierung des Bundesheeres als Arbeitgeber ernst nehme. Zudem erinnerte Schandor daran, dass das Bundesheer laut Verfassungsrecht nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten sei. Das 2005 beschlossene Wehrrechtsänderungsgesetz, durch das verpflichtende Milizübungen teilweise gestrichen worden seien, widerspreche laut Schandor daher dem „verfassungsrechtlichen Imperativ“ und schade der Einsatzfähigkeit des Bundesheeres. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, wonach ausschließlich unbefristet beorderte Wehrpflichtige in den Milizstand beordert werden sollen.
Höhere Budgetmittel für die Landesverteidigung seien grundsätzlich zu begrüßen, diese würden aber die „Versäumnisse“ und den Investitionsstau der letzten Jahrzehnte „bei weitem“ nicht ausgleichen, hielt Axel Kassegger (FPÖ) fest. Dafür sei die ÖVP verantwortlich. Strukturelle Probleme ortete der FPÖ-Mandatar beim Personal. Auch die Miliz ist laut Kassegger in einem „schlechten Zustand“.
Dem schloss sich Parteikollege Markus Leinfellner an, der mehr Verlässlichkeit und bessere Karriereplanung beim Personal forderte. Zudem kritisierte Leinfellner die geplanten Einsparungen beim Bundesheer, wie etwa bei Überstunden sowie die heimischen Beiträge zur Europäischen Friedensfazilität. Das sah Michael Gmeindl (FPÖ) ähnlich. Die laut Gmeindl seit Kriegsbeginn von Österreich geleisteten 3,7 Mrd. Ꞓ an Kiew seien nicht mit der immerwährenden Neutralität Österreichs vereinbar. Zudem forderte Gmeindl mittels eines Entschließungsantrags seiner Fraktion die Beendigung der Finanzierung externer und parteinaher sicherheitspolitischer Institute.
Koalition: Doppelbudget steht im Zeichen der Verantwortung
Das globale sicherheitspolitische Gleichgewicht sei „aus den Fugen geraten“, konstatierte ÖVP-Abgeordneter Friedrich Ofenauer mit Blick auf die Ukraine und den Nahen Osten. Die Bundesregierung und Verteidigungsministerin Tanner habe darauf reagiert und das Militärbudget sei seit ihrer Amtszeit stetig angestiegen. Da klar sei, dass die Neutralität alleine keinen Schutz biete, würden 2025 inklusive Ermächtigungen 4,74 Mrd. Ꞓ und 2026 5,18 Mrd. Ꞓ investiert. Wie Ofenauer ausführte, profitiere davon auch die Österreichische Industrie. So würde etwa der Radpanzer „Pandur Evolution“ in Simmering hergestellt. Generell gelte es die österreichische und europäische Verteidigungsindustrie zu stärken und auch den Wehrwillen der Bevölkerung zu steigern, so Ofenauer.
Dass die FPÖ die Investitionen und Maßnahmen in der Landesverteidigung als zu gering erachte, empfand Michael Hammer (ÖVP) als „unglaubwürdig und lächerlich“. Das zugrundeliegende Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz (LVFinG) sei auch mit den Stimmen der Freiheitlichen beschlossen worden. Hammer hob vor allem die Investitionen und die Autarkie des Bundesheeres hervor, die für die Landesverteidigung einen „großen Schritt vorwärts“ bedeuteten.
Romana Deckenbacher (ÖVP) zeigte sich erfreut, dass mit dem vorgelegten Budget nicht bei der Sicherheit für die Menschen in Österreich gespart werde. Es komme zu gezielten Investitionen in die Ausrüstung und Infrastruktur, wodurch die Einsatzfähigkeit des Bundesheeres gestärkt und Arbeitsplätze sowie die Wertschöpfung gesichert würden. „Wir investieren heute, um Österreich morgen besser schützen zu können“, so Deckenbacher.
Mit dem Doppelbudget sei der „Aufbauplan 2032+“ gesichert, unterstrich Maria Neumann (ÖVP). Zu den Einsparungen im Ressort hielt die ÖVP-Abgeordnete fest, dass man dadurch „maximale Mittel“ für die Soldat:innen zur Verfügung stellen könne. Laut Johann Höfinger (ÖVP) wird mit den Budget „auf allen Ebenen nachgebessert“. Gegenüber ihrem Vorgänger Mario Kunasek von der FPÖ habe Verteidigungsministerin Tanner die ihr zur Verfügung stehenden Mittel mehr als verdoppelt.
Das Doppelbudget stehe „im Zeichen der Verantwortung“, einerseits notwendige Einsparungen vorzunehmen und andererseits dort zu investieren, wo der „Staat besonders stark bleiben muss“, erklärte Robert Laimer (SPÖ). In der Landesverteidigung sei vor allem die Personalgewinnung eine „riesige Herausforderung“ und nach „Jahren des Rückschritts“ sei man nun dabei, diesen Trend umzukehren. Angesichts der demographischen Entwicklung und der Konkurrenz am Arbeitsmarkt, bleibe die Personalfrage jedoch ein „Dauerbrenner“, mit dem sich nun eine eigens eingesetzte Wehrdienst-Kommission beschäftige, so Laimer.
In den aktuell geopolitisch fragilen Zeiten sei es notwendig, das „höchstmögliche Maß an Sicherheit in Österreich zu gewährleisten“, unterstrich Maximilian Köllner (SPÖ). Er und seine Fraktion bekenne sich zur langfristigen Absicherung der Verteidigungsfähigkeit und halte am „Aufbauplan 2032“ fest. Zentral sei dabei die Verbesserung der Infrastruktur, wie etwa die Stärkung der Autarkie von Kasernen.
Mario Lindner (SPÖ) begrüßte die Mittel zur Modernisierung der Hubschrauberflotte als wichtigen Beitrag zum Katastrophenschutz. Zudem zeigte sich Lindner über die Budgetmittel zur Attraktivierung des Bundesheers für Frauen und Personen aus der LGBTQ-Community erfreut. Dem schloss sich Petra Oberrauner (SPÖ) an. Um mehr Menschen für das Bundesheer zu erreichen, habe die Verteidigungsministerin mit dem freiwilligen Grundwehrdienst für Frauen und mit der Förderung familienfreundlicher Strukturen „wichtige Schritte gesetzt“
Die globalen Herausforderungen betonte Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Laut ihm werde man diesen nur im europäischen Verbund begegnen können. Das betreffe insbesondere die Zusammenarbeit bei den Beschaffungen. „Billiger Populismus“ und ein „veralteter Blick auf Neutralitätsfragen“ stünden der bestmöglichen Nutzung europäischer Synergien nur im Wege, konstatierte Hoyos-Trauttmansdorff.
Grünen-Kritik an desolaten Kasernen und Assistenzeinsätzen
Der Budgetanstieg in der Landesverteidigung sei „richtig und wichtig“, sagte Grünen-Abgeordneter David Stögmüller. Er stieß sich jedoch an der Prioritätensetzung bei den Investitionen. Notwendig wären laut ihm vor allem Sanierungsmaßnahmen bei den Kasernen, wo seit 35 Jahren keine Verbesserungen stattgefunden hätten. Stögmüller berichtete etwa von Schimmel, Ungeziefer und undichten Fenstern. Er fragte, welcher Grundwehrdiener sich angesichts dieser „Visitenkarte“ für das Bundesheer entscheiden solle. Ein weiteres Problem stellten aus Sicht Stögmüllers die Assistenzeinsätze des Bundesheeres an der Staatsgrenze und beim Objektschutz dar. In der vorangegangen Legislaturperiode sei das Innenressort dafür aufgekommen, doch nun müsse das Verteidigungsministerium selbst die Kosten dafür tragen. Das Bundesheer dürfe keine „billige Polizei“ sein, so Stögmüller.
Sein Fraktionskollege Süleyman Zorba zeigte sich erfreut über die Erhöhung der Mittel für die Cyberabwehr. Hybride Bedrohungen, die bereits in den sozialen Medien begännen, seien längst Realität. Scharfe Kritik übte Zorba an den Plänen der Bundesregierung zur Messenger-Überwachung auf die sich die Regierung beim heutigen Ministerrat geeinigt habe.
Das Verteidigungsbudget
Die höchsten Ausgabensteigerungen sind 2025 mit 12,3 % für den betrieblichen Sachaufwand in der Landesverteidigung (+129 Mio. Ꞓ) vorgesehen, insbesondere für Munition, Instandhaltungen und Werkleistungen. Bei den Investitionen ist ein Anstieg um 119 Mio. Ꞓ auf 1,38 Mrd. Ꞓ zu verzeichnen und betrifft vor allem Beschaffungen von Luftzeuggerät und Fahrzeugen. Der Anstieg der Personalausgaben (+124 Mio. Ꞓ) ist 2025 auf Nachzahlungen aus der Vordienstzeitenreform (81 Mio. Ꞓ) sowie Gehaltserhöhungen und Struktureffekte zurückzuführen.
2026 kommt es bei den Ausgaben zu gegenläufigen Effekten. Die Investitionen in die Landesverteidigung werden um 357 Mio. Ꞓ bzw. 25,9 % auf 1,7 Mrd. Ꞓ erhöht und der betriebliche Sachaufwand soll um 48 Mio. Ꞓ bzw. 4 % steigen. Hingegen entwickeln sich die Personalausgaben – aufgrund des Wegfalls der Nachzahlungen – rückläufig. Vorgesehen sind auch haushaltsrechtliche Ermächtigungen für die Europäische Friedensfazilität (2025: 150 Mio. Ꞓ, 2026: 200 Mio. Ꞓ) und Beschaffungen (200 Mio. Ꞓ jährlich).
Mitverhandelt wurden der Bundesfinanzrahmen 2025 bis 2028 und der Bundesfinanzrahmen 2026 bis 2029.(fortsetzung Nationalrat) wit/med
HINWEISE: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.
Details zu den Budgets 2025 und 2026, den Änderungen gegenüber den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante Budgetdaten. Eine Lesehilfe zu den Budgetunterlagen 2025 und 2026 dient der Orientierung und dem besseren Verständnis der umfangreichen Unterlagen. Sie enthält auch den Zeitplan für die Verhandlungen der einzelnen Kapitel.
Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz