Alternative Kraftstoffe: EU-Gesetzgebung spielt USA und China in die Hände
Die Energiewende, der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Kraftstoffe, wird langwierig und teuer. „Das ist ein Marathonlauf“, sagte Werner Tillmetz, Professor an der Universität Ulm, auf dem Internationalen Wiener Motorensymposium 2025. Derzeit stammen rund 23 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr, davon entfallen knapp 50 Prozent auf Pkw und Vans.
Um den Verkehr zu defossilisieren, reicht der batterieelektrische Antrieb nicht. Er machte zwar große Fortschritte, aber „er ist nicht die ideale Lösung für alle Bereiche. Selbst in einer komplett dekarbonisierten Zukunft wird es flüssige und gasförmige Kraftstoffe für die Versorgungssicherheit mit Energie brauchen“, veranschaulichte Gavin Dober, Forschungs- und Entwicklungs-Manager des Zulieferkonzerns Phinia Luxembourg Sarl, in seinem Beitrag. Die entsprechenden Antriebe „können auch wirtschaftlicher, sozialer und umweltfreundlicher als batterieelektrische Antriebe sein.“
Marktverzerrung durch EU-Gesetze – 15 Milliarden-Strafe/Jahr
Das liegt auch an der EU-Gesetzgebung für Fahrzeuge, die nur die Emissionen am Auspuff regelt. 2035 dürfen dort bei neuen Pkw nur mehr null Gramm Emissionen auftreten. „Das kommt einem Verbot der Verbrennungsmotoren gleich“, warnte David Bothe, Energiemarktexperte von Frontier Economics. Und es verzerrt die Märkte. Denn Autoherstellern, die in Europa nicht ausreichend Elektroautos verkaufen, drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe, konkret „mehr als 15 Milliarden Euro pro Jahr“
, so Bothe. Mindern können die Autohersteller diese Strafe, indem sie mit Autokonzernen, die sehr viele oder ausschließlich batterieelektrische Fahrzeuge verkaufen, einen Pool bilden und ihnen CO2-Gutschriften abkaufen. Das kostet sie aber immer noch fast zwei Milliarden Euro. „Dies führt zu einer Umverteilung hin in den amerikanischen und chinesischen Markt“, sagte Bothe, somit an Konkurrenten, vor allem Tesla und Geely.
Neue Chance für ungenützte Tankstellen
„Methanol hat ein großes Potenzial, auch was die leichte Industrialisierung betrifft. Es ist ein flüssiger Kraftstoff. Methanol wird zur Kerntechnologie für die Dekarbonisierung schwerer Lkw“, sagte Yuan Shen, Chefentwickler der Zhejiang Geely Holding in China. Vorhandene Benzin- oder Dieseltankstellen, die nicht mehr genützt werden, können künftig Methanol verkaufen. Zudem ist laut Shen Methanol viel sicherer als Wasserstoff. Geely baut ein Methanol-Ökosystem auf, das von der Erzeugung von Ökostrom und CO2-Abscheidung als Basis für E-Methanol („grünes“ Methanol) über den Transport, die Tankinfrastruktur bis zu den Methanol-betriebenen Fahrzeugen reicht.
Formel 1 ab 2026 nur mehr mit „Erneuerbaren“
Die Formel 1 schreibt ab 2026 erneuerbare Kraftstoffe vor. Ethanol und Methanol sind gegenüber einem Wasserstoff- oder Batterieantrieb gewichtsmäßig deutlich im Vorteil. Abseits der Formel 1 wird es auch Rennserien mit Wasserstoffantrieb geben, berichtete Peter Schöggl, Leiter Business Field Racing, ADAS und Vehicle bei der AVL List. BRP-Rotax konzentriert sich für Freizeitvehikel wie Schneemobile dagegen auf batterieelektrische oder Hybrid-Antriebe laut Steffen Meyer-Salfeld, Leiter der BRP-Rotax-Vorentwicklung. Wasserstoffantriebe sind noch in der Konzeptphase. In der Luftfahrt „sind Sustainable Aviation Fuels und Wasserstoff die Schlüsseltechnologien, um den CO2-Fußabdruck zu senken“, sagte Christian Reitmayr, Projektassistent an der Technischen Universität Wien.
Hohe Energiekosten durch „Merit-Order“ als große Hürde in Europa
Einig waren sich die Vortragenden auf dem Symposium, dass die alternativen Energieträger nicht billig werden. Das beginnt beim Strom. Zwar „scheinen die Entstehungskosten für Solar- und Windstrom schon jetzt konkurrenzlos günstig“, sagte Thomas Koch, Institutsleiter am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), allerdings richten sich die Stromkosten immer nach der teuersten Produktionsstätte gemäß dem in der EU geltenden „Merit-Order-System“. Und das werden auch künftig meist Gaskraftwerke sein, die bei Dunkelflauten, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst, für den nötigen Strom sorgen müssen. Dieser Gasstrom wird künftig noch viel teurer als heute, da diese Gaskraftwerke im Falle Deutschlands etwa künftig nur für rund 5.000 Stunden in Betrieb gehen. Das heißt, ihre hohen Bau- und Betriebskosten werden auf immer weniger Betriebsstunden aufgeteilt. Dies gilt auch für Elektrolyseure, die für die Erzeugung von grünem Wasserstoff und anderen E-Fuels nötig sind. Batterien als alleiniger Zwischenspeicher für Dunkelflauten hielt Koch bestenfalls kurzfristig zur Überbrückung geeignet. Unterm Strich kommen zu den Erzeugungskosten in Deutschland pro Kilowattstunde bis zu knapp 50 Cent als Zuschlag für den Netzausbau sowie für Gaskraftwerke bei Dunkelflauten dazu, rechnete Koch vor.
China dagegen bietet in gewissen Regionen schon heute Stromentstehungskosten um die vier Cent pro Kilowattstunde, an der Ladesäule Kilowattstunden um 13 bis 26 Cent, in Deutschland dagegen liegt der mittlere Preis an Ladestellen dafür eher bei 87 Cent, berichtete Holger Klein, Vorstandsvorsitzender von ZF. Das erleichtert in China neben dem Absatz von Elektroautos auch deren Produktion sowie die Herstellung von alternativen E-Fuels, die viel Ökostrom benötigen. Laut Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender Bosch Mobility, beträgt der Kilogrammpreis für grünen Wasserstoff in China schon jetzt um die drei Euro, in der EU hingegen 16 bis 24 Euro. Heyn: „Wir müssen in Europa ähnliche Rahmenbedingungen schaffen, damit Technologieoffenheit und -vielfalt möglich sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen.“
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