„Glauben im Untergrund“: „kreuz und quer“-Neuproduktion über die „Geheime Kirche im Kommunismus“
Jahrzehntelang riskieren Christinnen und Christen während kommunistischer Herrschaft für ihren Glauben ihr Leben. Die Priester – und Priesterinnen – der Untergrundkirche der Tschechoslowakei bleiben dafür aber weitgehend unbelohnt. Die „kreuz und quer“-Neuproduktion „Glauben im Untergrund – Geheime Kirche im Kommunismus“ von Fritz Kalteis rollt am Dienstag, dem 10. Juni 2025, um 23.05 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON die faszinierende, aber weitgehend unbekannte Geschichte der Geheimkirche auf. Um 23.45 Uhr folgt Anita Lackenbergers Film „Eine Geschichte des heimlichen Widerstands“ über die Verfolgung der Jesuiten in Tirol unter den Nationalsozialisten.
„Glauben im Untergrund – Geheime Kirche im Kommunismus“ – ein Film von Fritz Kalteis
Mehr als 20 Jahre lang hatte Gabriel Kožuch, heute Stadtpfarrer von Neusiedl am See, keine Ahnung vom Doppelleben, das sein Vater Eduard in der kommunistischen Tschechoslowakei führen musste. Er war Arzt und Psychotherapeut – aber auch Priester der geheimen Untergrundkirche. „Er hat in seinem Zimmer spät am Abend die Messe gefeiert, damit wir das als Kinder nicht erfahren. Ich habe ein paar Mal einen Kelch oder ein Messbuch gesehen, aber wir haben nie danach gefragt. Wir haben gewusst, dass wir keine Antwort bekommen würden. Die Geschichte von Gabriel Kozouch ist typisch für eine ganze Generation im ehemaligen kommunistischen Osten – vor allem aber in der Tschechoslowakei. Dort startet bald nach der Machtübernahme der Kommunisten 1948 ein regelrechter Feldzug vor allem gegen die katholische Kirche. Kirchliche Schulen und Krankenhäuser werden geschlossen, Klöster aufgehoben, Geistliche inhaftiert und sogar getötet. „Es war wahrscheinlich in keinem der osteuropäischen Länder die Kirchenvernichtungspolitik so aggressiv wie in Tschechien damals, also in der Tschechoslowakei“, sagt der Theologe Paul Zulehner.
Was von der Tschechoslowakischen Kirche übrig bleibt, wird mit regimetreuen Geistlichen besetzt. Doch im Untergrund formiert sich eine Gegenbewegung. Bischöfe weihen für den Fall, dass sie verhaftet oder getötet werden, Nachfolger, die im Geheimen agieren. Diese Geheimbischöfe wiederum weihen Dutzende Geheimpriester. Darunter sind – geweiht vom Geheimbischof Felix Maria Davídek aus Brünn – sogar einige Frauen. Ludmila Javorová ist bis heute die einzige Frau, die sich öffentlich zu ihrem Priestertum bekennt. Die meisten Geistlichen der Untergrundkirche sind aber ehemalige Mönche oder Priesteramtskandidaten, die aus den offiziellen Seminaren entlassen wurden. So wie Peter Žaloudek. Über seinen Beichtvater kommt er in Kontakt mit der Untergrundkirche. Er studiert im Geheimen weiter und wird Anfang der 1980er Jahre im weniger restriktiven Polen vom Warschauer Erzbischof zum Priester geweiht. Danach organisiert Žaloudek den Schmuggel geistlicher Literatur von Polen in die Tschechoslowakei: „Natürlich hatte ich Angst, aber irgendjemand musste das ja machen. Ich wusste, ich brauche dazu junge Menschen, die nicht verheiratet sind und keine Kinder haben, denn wenn sie uns erwischen, wäre es eine Tragödie für die Familie.“ Tatsächlich werden drei von Žaloudeks Kameraden 1983 gefasst. Sie hatten bei einem plötzlichen Wintereinbruch an der grünen Grenze zu Polen verräterische Spuren im Schnee hinterlassen. Žaloudek war zu diesem Zeitpunkt schon nach Österreich geflüchtet und macht sich Vorwürfe: „Ich dachte, ich werde krank von der Vorstellung, was passiert ist. Das ganze Jahr waren sie im Gefängnis. Zwei von ihnen haben auf der Universität studiert, die haben sie natürlich rausgeschmissen.“ Andere bezahlen ihr Engagement sogar mit dem Tod: Der Untergrundpriester Přemysl Coufal wird für seine Verbindungen mit dem Vatikan ermordet. Offiziell hat er Selbstmord begangen.
Für „kreuz und quer“ zeichnet Regisseur Fritz Kalteis die bei uns wenig bekannte Geschichte der Untergrundkirche nach – und auch deren Verbindungen nach Österreich, die über den ehemaligen Wiener Erzbischof Kardinal Franz König gelaufen sind. Der Film thematisiert auch die bittere Enttäuschung vieler Geheimpriester nach dem Fall des Kommunismus. Die Hoffnungen sind groß, dass die Angehörigen der Untergrundkirche nach 1989 auch eine Rolle in der offiziellen Kirche spielen können. Doch der Vatikan erkennt viele der im Untergrund gespendeten Weihen nicht an. Auch Gabriel Kožuchs Vater bleibt außen vor: „Mein Vater wollte in seiner Pension im Krankenhaus Seelsorge machen, aber das wurde ihm nicht erlaubt“. Auch die Geheimpriesterin Ludmila Javorová wartet bis heute auf die Anerkennung ihrer Weihe. „Man hat gesagt, das sind kirchenrechtlich keine gültigen Weihen gewesen. Aber man hätte wenigstens ein Dankeschön sagen müssen für die Lebensleistung dieser Persönlichkeiten, die ihren Kopf für die Kirche hingehalten haben“, kritisiert Paul Zulehner. Gabriel Kožuch verwendet heute als Stadtpfarrer von Neusiedl den Messkelch des ermordeten Geheimpriesters Přemysl Coufal. Sein Vater hat ihn vor den Kommunisten versteckt. So hält Kožuch das Vermächtnis der Untergrundkirche lebendig: „Wenn ich daran denke, welche Menschen diesen Kelch in der Hand gehalten haben, was sie bereit waren für den Glauben zu tun, dann ist das für mich auch eine große Ermutigung“.
„Eine Geschichte des heimlichen Widerstands“ – ein Film von Anita Lackenberger
Die Verfolgung der Jesuiten in Tirol unter den Nationalsozialisten ist bis heute ein kaum beleuchteter Teil der Geschichte. Warum sie ins Visier des NS-Regimes gerieten, zeigt die Doku von Anita Lackenberger. Dabei beleuchtet sie nicht nur den heimlichen Widerstand der Jesuiten, sondern erzählt auch die Geschichte einer beinahe vergessenen Frau, die mit ihrer Zivilcourage mutig gegen die Verfolgung des Ordens auftrat.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. ORF