
Netz Oberösterreich: Aufbruch ins Wasserstoff-Zeitalter
Die Netz Oberösterreich GmbH erreicht in den kommenden Tagen einen entscheidenden Meilenstein für die Energiewende in Österreich: Mit dem Projekt „duale Widmung für die HDL012“ wird ein zentraler Baustein für das oberösterreichische Wasserstoff-Startnetz zur Genehmigung eingereicht.
Das Projekt „HDL012“ markiert eine Premiere in Österreich: Ein bestehendes, rund 40 Kilometer langes Methan-Leitungsnetz zwischen Linz-Ebelsberg und Sattledt wird auf Dual-use-Nutzung umgestellt. Künftig kann in der Leitung sowohl Methan (Erdgas, Biogas oder Synthesegas) als auch Wasserstoff transportiert werden. Die Nutzung der Leitung kann aber nur medien-rein erfolgen. Das heißt, dass zwar der Transport beider Medien technisch und rechtlich möglich ist, aber immer nur ein Medium transportiert werden kann. Mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern (DN400) kann die Leitung bei voller Kapazität bis zu 50.000 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde (entspricht ca. 170 MW/h) transportieren. Diese erste Umwidmung durch die Änderung der Betriebsanlagengenehmigung ist ein entscheidender Schritt, um die Vision eines „rot-weiß-roten Wasserstoff-Zeitalters“ voranzutreiben.
„Wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Projekt einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Energieversorgung und zur Erreichung der Klimaziele leisten können“, sagt Michael Haselauer, Geschäftsführer der Netz Oberösterreich GmbH. „Die duale Nutzung bestehender Infrastruktur ermöglicht eine schnelle Integration von Wasserstoff in unser Energiesystem.“ Da bis auf weiteres allerdings auch Methan in Form von Erdgas zu den Kunden transportiert werden muss, wird parallel zur bestehenden Leitung eine weitere, zweite Rohrleitungsanlage errichtet. Das ist notwendig, weil der gleichzeitige Transport der beiden Energieträger in einer Leitung nicht möglich ist. Auch die neue Leitung wird grundsätzlich für den Transport beider Medien geeignet sein.
Beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 5. Juni 2025 unterstrich Brigitte Ederer, Sprecherin des Forum Versorgungssicherheit, die Bedeutung des Vorhabens: „Das Projekt in Oberösterreich ist ein klares Signal, dass die Techniker ihre Hausaufgaben gemacht haben. Es ist von großer Bedeutung, dass die gut etablierten Prozesse des Gasnetzbetriebs auch für Wasserstoff gelten sollen, um eine sichere und effiziente Versorgung zu gewährleisten. Die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen, die für Wasserstoff gerade entstehen, sollen diese bestehenden Erfahrung berücksichtigen.“
Das Projekt zwischen Linz-Ebelsberg und Sattledt entsteht vor allem deshalb im oberösterreichischen Zentralraum, weil hier bereits der wachsende Bedarf an Wasserstoff zu spüren ist. Durch geplante Elektrolyseanlagen und Produktionsspeicher sowie durch potenzielle Industriekunden am Standort Linz entsteht der Wunsch nach einer entsprechenden Infrastruktur. Die Leitung ist deshalb bereits Teil des ausgewiesenen rot-weiß-roten Wasserstoff-Startnetzes und bildet einen Grundbaustein eines oberösterreichischen Wasserstoff-Clusters.
Die Netz Oberösterreich GmbH betritt mit der Umwidmung von Bestandsleitungen Neuland im Genehmigungsverfahren: Denn der größte volkswirtschaftliche Vorteil entsteht, wenn bereits bestehende Leitungen in die Doppelnutzung gebracht werden können, auch wenn dies anfangs neue, rechtliche Hürden mit sich bringt.
Energiegehalt von Wasserstoff und seine Verwendung
Wasserstoff nimmt in der medialen Diskussion eine breite Rolle ein und wird von vielen Seiten für sich vereinnahmt. Manche sprechen von Wasserstoff als „Champagner der Energiewende“, andere sehen in Wasserstoff eine Möglichkeit, Technologieoffenheit zu fördern und sehen neue Wege, in die Energiezukunft zu gelangen. Doch was kann Wasserstoff wirklich?
Um die bestmöglichen Verwendungsgebiete für Wasserstoff zu identifizieren, ist es wichtig, seinen Energiegehalt und seine Eigenschaften zu verstehen.
Kenndaten des Wasserstoffs:
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1 kg Wasserstoff hat einen Energiegehalt von ca. 40 kWh.
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Für die Herstellung von 1 kg Wasserstoff mittels Elektrolyse benötigt man ca. 60 kWh Strom und ca. 9 Liter Wasser
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1 kg Wasserstoff entspricht 11,12 Normkubikmetern (Nm³).
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1 Nm³ Wasserstoff hat einen Energiegehalt von 3,54 kWh.
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Zum Vergleich: 1 Nm³ Erdgas enthält 11,07 kWh Energie.
Wasserstoff als Treibstoff für Fahrzeuge
Für die Mobilität der Zukunft ist die Effizienz der Energienutzung entscheidend für die Auswahl des optimalen Energieträgers. Vergleicht man den Wirkungsgrad verschiedener Fahrzeugtypen auf Basis von 100% erneuerbarem Strom, ergeben sich folgende Werte:
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Batteriebetriebenes Elektroauto: Hierbei sind Übertragungsverluste (5%), Batterienutzung (14%), Elektromotor (15%) und Mechanik (5%) berücksichtigt. Der Verlustanteil ist am geringsten, der Gesamtwirkungsgrad von erneuerbarem Strom bis zur mechanischen Leistung am Rad beträgt 69%.
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Brennstoffzellen-Auto: Die Umwandlungskette beinhaltet Übertragung (5%), Elektrolyse (30%), Wasserstoffnutzung (33%), Kompression/Transport (20%), Brennstoffzelle (68%), Elektromotor (15%) und Mechanik (5%). Der Gesamtwirkungsgrad liegt bei 26%.
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Auto mit Verbrennungsmotor und synthetischen Kraftstoffen (Power-to-Liquid): Hier fallen Verluste bei der Power-to-Liquid-Umwandlung (30%) und dem Ferntransport (5%) an, bevor der Verbrennungsmotor (70%) und die Mechanik (5%) ihre Arbeit verrichten. Bei der Nutzung von flüssigem Kraftstoff, der aus erneuerbarem Strom gewonnen wird (Power-to-Liquid), beträgt der Gesamtwirkungsgrad lediglich 13%.
Ableitung der bestmöglichen Verwendungsgebiete für Wasserstoff in der Mobilität:
Aus der Wirkungsgradbetrachtung wird deutlich, dass das batteriebetriebene Elektroauto im Vergleich zu Wasserstoff- und Power-to-Liquid-Fahrzeugen den höchsten Gesamtwirkungsgrad aufweist. Dies bedeutet, dass für Anwendungen, bei denen die direkte Nutzung von elektrischem Strom praktikabel ist (z.B. PKW mit vergleichsweise geringer Reichweite und regelmäßigem Zugang zu Ladeinfrastruktur), das Elektroauto die bei weitem effizienteste Lösung ist. Ein Elektroauto fährt mit der gleichen Energiemenge rund drei Mal so weit wie ein Brennstoffzellen-Fahrzeug und rund sieben Mal so weit wie ein mit Synthesekraftstoff betriebenes Fahrzeug.
Wasserstoff muss deshalb dort eingesetzt werden, wo es keine wirtschaftlich sinnvoll darstellbare Alternative zu gasförmigen Energieträgern gibt, z.B. bei der Bereitstellung von Hochtemperaturwärme oder für Mobilitätsanwendungen im Schiff- und Flugverkehr.
Sektorkopplung für die saisonale Verlagerung
Wasserstoff kann zudem als Speichermedium für überschüssigen erneuerbaren Strom auf molekularer Basis dienen, um ihn dann bedarfsgerecht und zielgerichtet für Energieanwendungen bereitzustellen. Dies unterstützt die Stabilität des Stromnetzes und die Integration volatiler erneuerbarer Energien.
Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.
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