Weltnichtrauchertag 2025: Nikotin Institut fordert verstärkte Aufklärung über risikoärmere Alternativen
Anlässlich des Weltnichtrauchertags 2025 fordert das Nikotin Institut Wien eine stärkere Aufklärung über risikoärmere Alternativen zur Tabakzigarette. Eine aktuelle Umfrage unter 254 österreichischen Hausärzt:innen zeigt: Der Rauchstopp ist ein zentrales Thema in der ärztlichen Praxis – doch viele Mediziner:innen beklagen mangelnde Informationen zu neuen Entwöhnungsprodukten.
Knapp jeder vierte Österreicher und fast jede fünfte Österreicherin konsumiert weiterhin täglich Tabakzigaretten. Hausärzt:innen sind für viele Betroffene die erste Anlaufstelle beim Wunsch nach einem Rauchstopp. Um ein aktuelles Stimmungsbild aus der Praxis zu erhalten, beauftragte das Nikotin Institut IDS Austria mit der Durchführung einer österreichweiten Befragung im ersten Quartal 2025. Die Ergebnisse wurden heute im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien präsentiert.
Raucherentwöhnung im Praxisalltag fest verankert
Laut der Umfrage führen 54 Hausärzt:innen wöchentlich mehr als zehn Gespräche mit Patient:innen zur Tabakentwöhnung. Weitere 200 Befragte sprechen das Thema in bis zu zehn Gesprächen pro Woche an. Dies zeigt die hohe Relevanz des Themas im ärztlichen Alltag – und den dringenden Bedarf an wirksamen Unterstützungsstrategien.
Bei den empfohlenen Methoden setzen Ärzt:innen auf ein breites Spektrum:
- Nikotinersatzprodukte aus der Apotheke empfehlen 149 Befragte, verbunden mit einer mittleren Rückfallwahrscheinlichkeit.
- Kalter Entzug wird von 65 Hausärzt:innen empfohlen, jedoch mehrheitlich als wenig erfolgversprechend eingestuft.
- Alternative Nikotinprodukte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer oder Nikotinbeutel werden ebenfalls genannt, mit einer aus Sicht vieler Befragter vergleichsweise niedrigen Rückfallwahrscheinlichkeit.
Informationsdefizite bei Alternativprodukten
Besonders deutlich wird der Informationsbedarf: 145 der befragten Ärzt:innen sprechen sich für eine intensivere Aufklärung über alternative Nikotinprodukte aus. Eine fundierte Informationsgrundlage sei entscheidend, um Patient:innen evidenzbasiert und individuell beraten zu können.
Univ.-Doz. Dr. med. Ernest Groman, wissenschaftlicher Leiter des Nikotin Instituts, erklärt: „Die Umfrage zeigt deutlich, dass Hausärzt:innen eine Schlüsselrolle bei der Raucherentwöhnung spielen. Sie benötigen jedoch mehr Wissen über neue, potenziell risikoärmere Produkte, um ihre Patient:innen wirksam unterstützen zu können.“
Er ergänzt: „Für Menschen, die nicht mit dem Rauchen aufhören können oder wollen, sind alternative Nikotinprodukte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer oder tabakfreie Nikotinbeutel potenziell weniger schädliche Optionen. Diese können auch eine wichtige Brückenfunktion am Weg zur Abstinenz übernehmen.“
Realistische Strategien statt unrealistischer Forderungen
Auch Suchtforscher Prof. Dr. Heino Stöver plädiert für einen Paradigmenwechsel: „Die aktuelle Diskussion rund um die Tabakprävention bleibt von alten Denkmustern geprägt, die nachweislich nicht zum Ziel führen. Statt auf evidenzbasierte Lösungen zu setzen, dominieren noch immer restriktive Ansätze und überholte Narrative. Die Fokussierung auf ein reines Abstinenzparadigma – nach dem Motto „quit or die“ – senkt die Raucherquote nicht nachhaltig. Vielmehr schreckt sie viele Betroffene ab und verhindert realistische Zugänge zum Ausstieg.“
Die gesellschaftliche Debatte ist weiterhin von Fehlannahmen und falschen Risikobewertungen geprägt. Es besteht ein dringender Bedarf an faktenbasierter Aufklärung über die tatsächlichen Gefahren sowie differenzierte Ausstiegsoptionen.
Repressive Maßnahmen fördern den Schwarzmarkt
Aktuelle Zahlen zeigen: Der Schwarzmarkt für Nikotinprodukte wächst rasant. Bei E-Zigaretten liegt der illegale Anteil inzwischen bei bis zu 50 % des Gesamtmarktes. Bei Nikotinpouches, die in Deutschland verboten sind, stammt der gesamte Konsum aus dem Schwarzmarkt.
„Hohe Steuern und strikte Verbote treiben den illegalen Handel mit Tabak- und Nikotinprodukten an“, erklärt Prof. Stöver. „Das gefährdet nicht nur den Gesundheitsschutz, sondern erschwert auch die staatliche Kontrolle dieser Produkte.“
Rückenwind für alternative Strategien
Dr. Groman begrüßt in diesem Zusammenhang die angekündigten Pläne der Bundesregierung zur Verwaltungsvereinfachung bei der Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse. Eine beschleunigte Markteinführung könne den Zugang zu Alternativen erleichtern und den gesundheitspolitischen Fortschritt fördern.
Blick nach Schweden: Vorbild für risikoreduzierte Strategien
Als positives Beispiel nennen beide Experten Schweden: Dort greifen etwa 50 Prozent der männlichen Nikotinkonsumenten auf die rauchfreie Alternative Snus zurück. Die Folge: Die Lungenkrebsrate bei schwedischen Männern ist nur halb so hoch wie in Österreich. Ein Beleg dafür, dass risikoärmere Alternativen einen echten Unterschied machen können – sowohl individuell als auch gesellschaftlich.
Abschließend betont Univ.-Doz. Dr. med. Ernest Groman: „Raucherinnen und Raucher haben ein Recht auf einfach verständliche Information zu den Risiken der unterschiedlichen Produkte sowie auf leistbare Alternativen zu Zigaretten.“
Prof. Dr. Heino Stöver ist der ehemalige Leiter des Instituts für Suchtforschung und Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences sowie Autor und Herausgeber mehrerer Bücher. Als gefragter Experte berät Stöver zahlreiche internationale Organisationen wie WHO, UNODC und UNAIDS und hat umfangreiche Forschungserfahrung mit Schwerpunkten auf Gefängnisgesundheit, HIV/AIDS-Prävention und Suchtforschung.
Univ.-Doz. Dr. med. Ernest Groman ist Arzt und Experte für Programme zur Rauchentwöhnung. Als wissenschaftlicher Leiter des Nikotin Institutes Wien organisiert und führt er unter anderem seit mehr als 20 Jahren Rauchentwöhnungsprogramme durch.
Das Nikotin Institut Wien wurde 1998 gegründet und bietet Hilfestellungen für Rauchende, die die Abstinenz vom Zigarettenkonsum erreichen bzw. ihren Konsum langfristig reduzieren wollen. Im Zentrum steht dabei die Reduktion von tabakassoziierten Erkrankungen. Im Rahmen dieser Zielsetzung kommen dem Institut Aufgaben wie Diagnose, Therapie und Information der Öffentlichkeit und des Gesundheitssystems zu. Weltweit gibt es nur wenige vergleichbare Institutionen.
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