uniko-Präsidentin Brigitte Hütter zu Gedenkjahr: „Wissenschaft wird immer wichtiger für lebendiges Erinnern“
Wichtige Gedenktage an das Geschehen vor 80 Jahren sind vorüber, an die Befreiung der Häftlinge in den Konzentrationslagern, an den Zusammenbruch des NS-Regimes, an die Gründung der 2. Republik. Die Universitäten haben mit einer Vielzahl von Aktivitäten zum diesjährigen Gedenken, das nun mit den 70-Jahr-Feiern zu Staatsvertrag und Neutralitätsgesetz fortgesetzt wird, beigetragen.
Ob Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck oder Klagenfurt – in allen großen Universitätsstädten gab es Gedenkveranstaltungen, Lesungen, Vorträge, Ausstellungen und Symposien. Die Universität Wien legte einen Fokus auf das Lernen aus der Geschichte. „Es ist eine zentrale Aufgabe, die Erinnerung wach zu halten. Die Auseinandersetzung mit den Lehren aus dieser Zeit ist entscheidend für das Bewahren von Frieden und Demokratie“, so die Universität Wien.
“Wildes Gedenken” und Wissenstransfer
Die Kunstuniversität Linz setzte einen Schwerpunkt auf „Wildes Gedenken“, also nicht-institutionalisiertes Erinnern, und rückte dabei auch Gruppen, die oft nur am Rande vorkommen, in den Fokus: Frauen im NS-Widerstand, Kärntner Slowen:innen, queere Personen, die jüdische Gemeinde in der Steiermark, Euthanasie-Opfer im besetzten Polen. Stücke ermordeter und emigrierter Komponist:innen standen auf dem Programm eines Kammermusikkonzerts der Kunstuniversität Graz. Uni-Rektor:innen nahmen an Gedenkveranstaltungen in Auschwitz und Mauthausen teil. An den Universitäten tätige Wissenschafter:innen – Historiker:innen und Politikwissenschafter:innen – trugen ihr Wissen und ihre Forschungsergebnisse in die Öffentlichkeit, allen voran Oliver Rathkolb, Barbara Stelzl-Marx oder Reinhard Heinisch, um einige zu nennen.
„Leider gibt es immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Umso verantwortungsvoller wird die Rolle der Wissenschaft für das Gedenken. Die akkurate Dokumentation, die faktenbasierte Erzählung, die sachkundige Einordnung von historischen Ereignissen sind Voraussetzung, um die Erinnerung lebendig zu halten“, sagt uniko-Präsidentin Brigitte Hütter.
“Universitäten sind sich der Verantwortung aus der Geschichte voll bewusst”
Eine lebendige Erinnerung sei in mehrfacher Hinsicht wichtig. „In erster Linie bezeugt sie Anteilnahme und Empathie für die Opfer und Opferfamilien des massenmörderischen, menschenverachtenden NS-Regimes.“ Es gehe aber auch darum, den jüngeren Generationen historisches Wissen zu vermitteln und damit einhergehend das Bewusstsein zu verankern, was diese Europäische Union, ein Lebensraum auch für viele Zuwanderer, geformt hat: Das Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechten und Minderheitenschutz als Lehre aus der Geschichte dieses Kontinents. „Dies ermöglicht uns, auch gegenwartsbezogene Erscheinungsformen des Antisemitismus zu erkennen und zu bekämpfen. Denn trotz der Schrecken des Holocaust gibt es immer noch Judenhass“, sagt Hütter. Die Universitäten haben in den letzten Jahrzehnten sehr intensiv den Holocaust und – auch ihre eigenen – unrühmlichen Kapitel der Nachkriegsgeschichte aufgearbeitet. Sie widmen sich weiterhin mit vollem Engagement der Forschung und Aufklärung über Antisemitismus und dessen verheerende Folgen.
Nicht zuletzt bilden die Universitäten das Gros jener Pädagoginnen und Pädagogen aus, die den Kindern und Jugendlichen in den Schulen Geschichte und Demokratie vermitteln. „Die Universitäten sind sich der österreichischen Geschichte, deren Teil sie sind, und der daraus resultierenden Verantwortung voll bewusst“, betont Hütter.
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