Nationalrat beschließt Aus für Vollspaltenböden in der Schweinehaltung ab Mitte 2034
Am 1. Juni soll nun rechtzeitig die Reparatur des Tierschutzgesetzes in Kraft treten. Die Novelle hinsichtlich der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden hat der Nationalrat heute mehrheitlich beschlossen. Gemäß eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs werden die Übergangsfristen verkürzt, aber auch Härtefallregelungen implementiert.
Neben den Regierungsfraktionen stimmte auch die FPÖ den Änderungen zu, wobei sie die Übergangsfristen als zu kurz erachtet und sich für die Einführung einer umfassenden Lebensmittelherkunftskennzeichnung einsetzte, mit dem entsprechenden Entschließungsantrag aber scheiterte.
Die Grünen hingegen kritisierten das Fehlen von Mindeststandards. Ihr weitergehender Antrag wurde allerdings abgelehnt. Ebenso keine Mehrheit fand ein im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag zu einem Maßnahmenpaket für eine tiergerechte Schweinehaltung.
Mindeststandards sollen erst 2027 neu verhandelt werden
Hintergrund für die Gesetzesreparatur ist ein von der Vorgängerregierung bereits 2022 beschlossenes Verbot der Schweinehaltung auf unstrukturierten Vollspaltenböden mit großzügigen Übergangsfristen für bestehende Ställe. Diese Bestimmungen wurden vom Verfassungsgerichtshof allerdings als zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt beurteilt und per Juni 2025 aufgehoben.
Die von ÖVP, SPÖ und NEOS vorgelegte Gesetzesnovelle sieht vor, die Übergangsfrist für bestehende Anlagen um sechs Jahre – auf 1. Juni 2034 – zu verkürzen. Für rund 170 Betriebe, die zwischen Juni 2018 und Dezember 2022 in neue Ställe investiert haben, gibt es allerdings eine Härtefallregelung mit längerer Übergangsfrist bis 2038. Bereits ab 1. Juni 2029 müssen zudem erste Verbesserungen in bestehenden Ställen umgesetzt werden, etwa die Verringerung der Besatzdichte oder die Ausstattung mit zusätzlichem organischem Beschäftigungsmaterial wie Stroh oder Hanf.
Für die Schweine in den Mastbetrieben würde dies eine tatsächliche Verbesserung des Tierwohls bedeuten, sagte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig dazu. Dass die Übergangsfristen von 17 auf 9 Jahre verkürzt wurden, erachtet sie als eine gute Lösung. Der Gesetzesbeschluss sorge für Planungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit bei den Bäuer:innen. Nach der Evaluierung des „IBeStPlus“-Projekts im Jahr 2027 sollen die Mindeststandards in der österreichischen Schweinemast neu verhandelt werden, erläuterte Königsberger-Ludwig. Auch an der Herkunftskennzeichnung soll gemäß Regierungsprogramm weitergearbeitet werden.
Grüne nehmen keine Verbesserungen wahr, FPÖ befürchtet Wettbewerbsnachteil
Es werde sich in den nächsten Jahren für die Schweine nichts verbessern, meinte hingegen Grünen-Mandatar Ralph Schallmeiner, der das Fehlen von Mindeststandards kritisierte. Es sei unklar, was nach dem Auslaufen der Frist passiere. Das von seiner Fraktion vorgeschlagene Maßnahmenpaket für Tierwohlkriterien würde den Landwirt:innen bei der Umstellung helfen, zeigte er sich überzeugt. Es hätte die Einführung einer Tierhaltungskennzeichnung, ein Monitoring der Tierwohl- und Bioquoten in der öffentlichen Beschaffung sowie Investitionsförderungen ausschließlich für Tierhaltungen mit hohen Tierwohlstandards umfasst. Laut Olga Voglauer (Grüne) sei die Schweinebranche in Vergleich zu anderen Tierhaltungsbranchen „rückentwickelt“. Bei der Novelle sei weggelassen worden, welche rechtlichen Mindeststandards gelten sollten, wenn die Übergangsfristen im Jahr 2034 enden, so ihre Kritik.
Die Freiheitlichen stimmten der Gesetzesreparatur aufgrund der Dringlichkeit „notgedrungen“ zu , wie Peter Schmiedlechner (FPÖ) ausführte. Immerhin habe man für die Betriebe schnell eine Lösung finden müssen. Diese würde zwar Planungssicherheit geben, aber einen Wettbewerbsnachteil schaffen. Er befürchtet, dass viele Landwirt:innen ihren Betrieb aufgrund der knappen Übergangsfristen einstellen werden, was dazu führe, dass Schweinefleisch aus dem Ausland importiert werden müsse, wo schlechtere Produktionsstandards gelten würden als in Österreich. Ein Vollspaltenböden-Verbot sollte außerdem Hand in Hand mit einer Lebensmittelherkunftskennzeichnung gehen, meinte er. Auch FPÖ-Fraktionskollege Albert Royer hätte sich im Namen der Schweinebäuer:innen längere Übergangsfristen gewünscht. Irene Eisenhut und Alois Kainz (beide ebenfalls FPÖ) wiesen auf das Spannungsfeld zwischen Tierschutz und Erhalt einer konkurrenzfähigen österreichischen Landwirtschaft hin. „Ja zu Tierwohl, aber nein zu Bauernschikane“, so Kainz.
Regierungsfraktionen sehen Rechts-und Planungssicherheit gegeben
Würde das Gesetz nun nicht novelliert werden, wäre ab 1. Juni Schluss mit der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden, gab Josef Hechenberger (ÖVP) zu bedenken. Da es derzeit nur 5 % in biologischer Haltung gibt, wären 95 % des Schweinefleischs in Österreich nicht mehr produzierbar. Demnach sei sowohl die Planungssicherheit für die Landwirt:innen, aber auch die Versorgungssicherheit gesichert worden, meinte der ÖVP-Mandatar. Seine Fraktionskolleg:innen Carina Reiter und Klaus Lindinger werteten das genauso und Georg Strasser (ebenfalls ÖVP) sah darin nicht nur eine VfGH-konforme Lösung, sondern euch eine tragfähige Perspektive für die Schweinemast.
Seitens der SPÖ gingen Rudolf Silvan (SPÖ) und Christian Oxonitsch darauf ein, dass bei dem ursprünglichen Gesetz aus dem Jahr 2022 der Tierschutz in Abwägung zu den langen Übergangsfristen nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die nunmehrige Regierung habe das rasch reparieren können, meinte Silvan. Er erläuterte zudem, dass das ab Juni 2029 vorgeschriebene organische Beschäftigungsmaterial dazu diene, dass sich die Schweine innerhalb des Stalls nicht gegenseitig attackierten. Für Michael Seemayer (SPÖ) ist der Beschluss ein wichtiger Schritt für mehr Tierwohl in Österreich, der praktikable Rahmenbedingungen sowie Rechtssicherheit und Planungssicherheit schafft.
Als gute Lösung werteten auch die NEOS die gesetzlichen Änderungen rund um die reduzierte Übergangsfrist. Die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich brauche Rechtssicherheit, um Investitionen tätigen zu können, sagte NEOS-Abgeordneter Christoph Pramhofer. Auf die 100-prozentige Selbstversorgungsquote könne Österreich stolz sein. Hinsichtlich Haltungsformen sieht er weiterhin Verbesserungsbedarf. Karin Doppelbauer (NEOS) ergänzte, dass es auch bei Tiertransporten noch einiges zu tun gäbe. Hoffentlich könne die heimische Schweineproduktion auf dem verbessertem Niveau gehalten werden, meinte sie. (Schluss Nationalrat) fan
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