Gesundheitsausschuss fordert einstimmig Erleichterungen bei Beantragung von Heilbehelfen und Hilfsmitteln
Zu Beginn des heutigen Gesundheitsausschusses standen mehrere Initiativen der Freiheitlichen und der Grünen zur Debatte. Eine Forderung der Grünen fand die Zustimmung aller Fraktionen. Einstimmig fordern die Abgeordneten Erleichterungen für die Beantragung von Heilbehelfen und Hilfsmitteln. Aktuell müssten Betroffene dafür teilweise mehrere Ansuchen bei verschiedenen Stellen einbringen, kritisierten die Grünen.
Die weiteren Gesundheits-Initiativen der Opposition wurden hingegen mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt. Die FPÖ forderte die Ablehnung geplanter Änderungen der internationalen WHO-Gesundheitsvorschriften sowie des WHO-Pandemievertrags. Demgegenüber betonten die anderen Fraktionen die Bedeutung der WHO zur internationalen Zusammenarbeit bei Gesundheitsfragen.
Die Grünen wiederum traten für eine langfristige Absicherung des Projekts „Gesund aus der Krise“ und für die Wiedereinführung und Weiterentwicklung von Community Nursing in Österreich ein. Zudem forderten sie die Einführung sogenannter Gesundheitskioske nach deutschem Vorbild sowie des Impfens in Apotheken.
Grüne: One-Stop-Shop-Verfahren für die Beantragung von Heilbehelfen und Hilfsmitteln
Die Grünen fordern die Einführung von One-Stop-Shops für die Beantragung von Heilbehelfen und Hilfsmitteln (217/A(E)). Bereits im Mai 2021 habe sich der Nationalrat in einer Entschließung einstimmig dafür ausgesprochen, erinnert Ralph Schallmeiner (Grüne). Damals umfasste die Initiative auch Angebote der Persönlichen Assistenz sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen, wobei es in diesen Bereichen schon Fortschritte gegeben habe. Betroffene, die aber Heilbehelfe und Hilfsmittel benötigen, müssten aber wie vor teilweise mehrere Ansuchen bei verschiedenen Stellen einbringen, drängt Schallmeiner auf eine rasche Verbesserung und eine Lösung im Sinne der Betroffenen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Verena Nussbaum (SPÖ) zeigte sich zuversichtlich, dass die Regierung den One-Stop-Shop umsetzen werde. Vereinfachungen, Erleichterungen und eine Entbürokratisierung im Gesundheitssystem seien im Sinne der Patient:innen, erklärte Fiona Fiedler (NEOS). Auch Ausschussobmann Gerhard Kaniak (FPÖ) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion.
FPÖ lehnt Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften und WHO-Pandemievertrag ab
Umfassende Kritik an den Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO übt FPÖ-Abgeordnete Marie-Christine Giuliani-Sterrer. So seien ihrer Ansicht nach beim Beschluss nicht nur Verfahrensregeln verletzt, sondern auch zahlreiche inhaltlich bedenkliche Punkte aufgenommen worden (223/A(E)). Sie fordert daher die zuständige Ministerin auf, dagegen Widerspruch zu erheben. Die Abgeordnete weist insbesondere darauf hin, dass der WHO-Generaldirektor künftig eigenständig eine pandemische Notlage ausrufen und entsprechende Maßnahmen anregen könne, ohne die Zustimmung der betroffenen Staaten einholen zu müssen. Darunter würden potenziell tiefgreifende Eingriffe, wie etwa Empfehlungen zu Reise- und Handelsbeschränkungen, Ausgehsperren oder Impfempfehlungen fallen. Gleichzeitig seien aber keine Kontrollmechanismen vorgesehen. Zudem habe der Generaldirektor eine „absolute Immunität“, kritisierte sie heute im Ausschuss. Brisant sei zudem die Tatsache, dass das Budget der WHO bis zu 80 % aus Spenden finanziert werde und diese meistens von Pharmaunternehmen stammen würden.
Die Regierung wird weiters von den Freiheitlichen aufgefordert, das Inkrafttreten des neuen WHO-Pandemievertrags zu verhindern. Damit würde die „Global Health Security Doktrin“, die infektiöse Krankheiten zunehmend als Bedrohung nationaler Sicherheit einstufe und eine Reihe von Überwachungs- und Kontrollmechanismen vorsehe, weiter fortgeschrieben, urteilen die FPÖ-Abgeordneten Marie-Christine Giuliani-Sterrer und Gerhard Kaniak (256/A(E)). Als weitere Kritikpunkte führen sie an, dass damit die WHO-Bürokratie weiter aufgebläht werde, problematische Doppelstrukturen entstünden und dass die Entscheidungen der WHO keiner Kontrolle unterliegen würden. Außerdem würde es zu einer Übertragung privatrechtlicher Aufgabenbereiche kommen und der WHO eine regulatorische Macht über Pandemieprodukte eingeräumt werden. Nicht zuletzt würde der Vertrag die nationale Souveränität Österreichs, die individuellen Grundrechte und demokratische Entscheidungsprozesse gefährden. Damit könnten Individuen keinen Widerspruch gegen Zwangsbehandlungen setzen und sich nicht gegen Impfungen wehren, kritisierte Marie-Christine Giuliani-Sterrer (FPÖ) im Ausschuss. Damit werde der Zwang stärker statt schwächer, kritisierte sie. Von einer „absolutistischen Macht“ des WHO-Generaldirektors sprach auch Christoph Steiner (FPÖ). Für die Kooperation seien Regeln notwendig, die aber die Nationalstaaten bestimmen sollten. Beide FPÖ-Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.
Insgesamt gelte es, künftig besser für Pandemien aufgestellt zu sein und man habe in der Pandemie gelernt, dass internationale Vernetzung wichtig sei und dafür biete die WHO eine gute Plattform, meinte demgegenüber Michael Seemayer (SPÖ). Zudem betonte der Abgeordnete, dass die nationale Souveränität weiter gegeben sei. Die WHO habe weder einen Einfluss auf die Finanzen, noch könne sie Medikamente national zulassen, sie gebe vielmehr Empfehlungen ab.
Österreich sei eine der treibenden Kräfte für mehr Zusammenarbeit in der WHO, betonte Fiona Fiedler (NEOS). Die Pandemie habe gezeigt, dass Viren keine Grenzen kennen würden. Die Mitsprache der Nationalstaaten sei gegeben, entgegnete sie der FPÖ.
Die FPÖ male mit „Un- und Halbwahrheiten den Teufel an die Wand“, kritisierte Ralph Schallmeiner (Grüne). Die nationale Souveränität sei weiterhin gegeben. Es brauche mehr internationale Kooperation, da Pandemien und Viren keine Grenzen kennen würden, und dazu biete die WHO eine gute Plattform, betonte er. Zudem sprach er von einem transparenten Diskussionsprozess zum neuen Pandemieabkommen. Die einzelnen Stellungnahmen seien durchwegs online frei nachlesbar. Hinsichtlich der Finanzierung der WHO stimmte er zu, dass ein höherer Anteil an nationalstaatlichen Mitteln gut wäre.
Grüne: Wiedereinführung und Weiterentwicklung von Community Nursing in Österreich
Community Nursing sei ein innovatives Konzept der gemeindenahen Gesundheits- und Pflegeversorgung mit einem niederschwelligen, präventiven und bedarfsorientierten Ansatz, stellt Ralph Schallmeiner (Grüne) in einem Entschließungsantrag fest (215/A(E)). Es umfasse unter anderem präventive Hausbesuche, Gesundheitsberatung, Alltagsbegleitung und koordinierte Versorgungsnetzwerke vor Ort. Dadurch könne die Selbständigkeit und Lebensqualität unterstützungsbedürftiger Menschen erhalten werden. In einem entsprechenden Pilotprojekt seien die Angebote sehr gut angenommen worden und hätten zu einer Entlastung der Spitalsambulanzen beigetragen. Dies sei daher „ein totaler Erfolg“, wie der Abgeordnete im Ausschuss hervorhob. Daher sollten die Projekte dringend wiederbelebt, finanziell abgesichert und dauerhaft verankert werden.
Community Nursing sei ein wichtiges unterstützendes Projekt, betonte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig. Die Herausforderung sei, die Aufgaben genauer zu definieren, um so die Mittel gezielter einzusetzen.
Die Aufgaben, die Community Nursing verfolge, würden bereits durch viele andere Berufsgruppen verfolgt, erklärte Marie-Christine Giuliani-Sterrer (FPÖ).
Community Nursing sei im Regierungsprogramm verankert, betonte Verena Nussbaum (SPÖ). Derzeit seien die Kompetenzen und Tätigkeiten aber sehr unterschiedlich und sollten daher bundeseinheitlich gestaltet werden.
Die Community Nurses seien „halbherzig“ im Finanzausgleich von der vorigen Bundesregierung verankert worden, kritisierte Fiona Fiedler (NEOS). Zudem sprach sich die Abgeordnete für eine Evaluierung der im Pflegefonds verankerten Projekte im Sinne der Verbesserung der Pflegeversorgung aus.
Grüne: Gesundheitskioske für mehr Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung
Die ihren Angaben zufolge mangelnde Gesundheitskompetenz der Bevölkerung thematisieren die Grünen in einem Entschließungsantrag, der mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt wurde (218/A(E)). Betroffen seien vor allem Menschen mittleren Alters, mit geringer formaler Bildung und in finanziell prekären Situationen. An genau diese Personengruppe würden sich die in Deutschland erfolgreich eingesetzten Gesundheitskioske richten, führt Ralph Schallmeiner (Grüne) an und fordert die Umsetzung eines Pilotprogramms in ausgewählten Regionen. Dies würde mithelfen, mehr Gesundheitskompetenz in die Bevölkerung zu tragen, erklärte Schallmeiner im Ausschuss.
In Deutschland würden die Gesundheitskioske nicht nur positiv gesehen, führte Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) an. Die bestehenden Strukturen seien grundsätzlich gut aufgestellt. Es sei aber die Frage, wie diese niederschwelliger gestaltet und wie die Menschen besser zur richtigen Versorgung gelenkt werden können.
Der Ausbau niederschwelliger und ambulanter Angebote sei im Regierungsprogramm verankert und es werde geprüft, in welcher Form diese umgesetzt werden, stellte Verena Nussbaum (SPÖ) klar.
Grüne für langfristige Absicherung des Projekts „Gesund aus der Krise“ und für Impfen in Apotheken
Ebenfalls zur Debatte standen zwei wieder aufgenommene Anträge der Grüne, die ebenfalls mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS erneut vertagt wurden. Konkret forderte der Gesundheitssprecher der Grünen Ralph Schallmeiner, dass das Projekt „Gesund aus der Krise“ finanziell abgesichert und mittelfristig in das Leistungsspektrum der Sozialversicherungen übergeht (99/A(E)). Das Projekt ermögliche Jugendlichen einen raschen, kostenlosen und qualitätsgesicherten Zugang zu psychotherapeutischer und psychologischer Unterstützung. Sie sei überzeugt, dass hier gemeinsam eine Lösung gefunden werde, erklärte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig. Die Bundesregierung sei in den Budgetverhandlungen bemüht gewesen, für dieses Projekt Mittel vorzusehen, sie wolle aber nicht dem Budgetbeschluss vorgreifen.
Zudem drängte Schallmeiner auf die Umsetzung der Impfmöglichkeit in Apotheken (101/A). Alles spreche dafür, nur der Nationalrat nicht, kommentierte er heute im Ausschuss. Von einem wichtigen Thema sprach Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig und betonte, dass „Politik im Bohren harter Löcher“ bestehe und es dazu weitere Verhandlungen brauche. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) pst
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