Zeit zu handeln: Fehlende Reformen in den Krankenhäusern gefährden die ärztliche Versorgung in Tirol | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Zeit zu handeln: Fehlende Reformen in den Krankenhäusern gefährden die ärztliche Versorgung in Tirol

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Die Gesundheitsversorgung in Tirol steht an einem kritischen Wendepunkt. Trotz regelmäßiger Versprechungen der politischen Entscheidungsträger bleiben dringend notwendige Reformen bisher aus, wodurch die medizinische Versorgung der Tiroler Bevölkerung zunehmend gefährdet wird. Aktuell droht Tirol vielmehr in ein Zwei-Klassen-System abzurutschen. Die Ärztekammer für Tirol fordert daher eindringlich von der Politik sofortige und nachhaltige Reformen sowie eine ehrliche Kommunikation gegenüber der Bevölkerung.

Die Arbeit in öffentlichen Krankenhäusern ist besonders fordernd: 24/7-Dienste, seelische und emotionale Belastungen sowie eine immense Verantwortung prägen den Arbeitsalltag. Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Anerkennung für das Personal in Tirol hinter der in anderen Bundesländern zurück. Die potentielle Folge: Eine wachsende Abwanderung von qualifizierten Fachkräften in den öffentlichen und privaten Gesundheitssektor anderer Bundesländer oder ins Ausland.

Die in Tirol mit Jahreswechsel beschlossene Gehaltsreform im Gesundheitsbereich wird die Probleme in den Krankenhäusern nicht lösen. „Diese Reform bringt vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Diplompflege verdiente Verbesserungen im neuen Gehaltssystem, doch viele andere Berufsgruppen, darunter auch die Ärztinnen und Ärzte, wurden weitgehend ignoriert“, sagt Tirols Ärztekammerpräsident Stefan Kastner. Für diese Gruppe wurden lediglich marginale Verbesserungen in den ersten vier Ausbildungsjahren zum Facharzt und in der Allgemeinmedizin umgesetzt. Insbesondere im Bereich der Dienst- und Rufbereitschaften sind zugesagte Ausgleichszahlungen für Mehrleistungen bislang nicht umgesetzt worden.

Tirol hinkt in puncto Gehalt hinterher

Die allgemeine Gehaltssituation an den Tiroler Landes- und Gemeindespitälern ist nach wie vor eine der schlechtesten Österreichs. Ärztinnen und Ärzte in Tirol verdienen im Grundgehalt deutlich weniger als ihre Kolleg:innen in anderen Bundesländern mit erheblich niedrigeren Lebenshaltungskosten. Auch die Bezahlung an der Medizinischen Universität Innsbruck ist – besonders für die in Facharztausbildung stehenden Ärztinnen und Ärzte – deutlich besser. Zusätzlich erhalten Beschäftigte der Med-Uni halbjährlich Prämien, während vergleichbare Anreize an den Tiroler Landes- und Gemeindespitälern fehlen. „Eine kürzlich präsentierte Gehaltsstudie der Landesregierung basiert auf veralteten Zahlen und nutzt unzureichende Methoden wie Medianwerte, um die Situation besser darzustellen, als sie tatsächlich ist“, so Kastner. „Ein Blick auf andere Bundesländer wie Niederösterreich, die Steiermark oder das Burgenland sowie die medizinischen Universitäten zeigt, dass trotz ähnlicher budgetärer Herausforderungen dort wesentlich umfangreichere und attraktivere Gehaltspakete beschlossen wurden.“ Das aktuelle Gehaltspaket des Landes Tirol reicht aus Sicht der Ärztekammer für Tirol nicht aus, um qualifizierte Fachkräfte zu halten oder neue zu gewinnen.

„Gute Medizin ist das Ziel, das scheitert derzeit jedoch an Personalmangel. Die Patientinnen und Patienten leiden unmittelbar unter dieser Situation. Schluss mit leeren Versprechungen: Wenn die Tiroler Landesregierung nicht bald handelt, droht ein gravierender Kompetenzverlust in den Krankenhäusern. Dies birgt erhebliche Risiken für die Versorgungssicherheit in Tirol“, konstatiert Daniel von Langen, Kurienobmann der angestellten Ärzte.

Auch bei der Finanzierung von Lehrpraxen besteht akuter Handlungsbedarf. Tiroler Ärztinnen und Ärzte sind benachteiligt, da sie während ihrer Ausbildungszeit nur gering entlohnt werden und keine Garantie auf eine Weiterbeschäftigung bei den Krankenhausträgern während ihrer Zeit in der Lehrpraxis haben. Darüber hinaus verzichtet das Land Tirol mit seiner derzeitigen Praxis auf Fördermittel von Bund und Sozialversicherung – Mittel, die in anderen Bundesländern gezielt eingesetzt werden, um die medizinische Versorgung langfristig zu sichern.

„Die politische Verantwortung übersieht dabei völlig, wie wichtig eine qualitativ hochwertige Ausbildung und verlässliche Perspektiven für junge Ärztinnen und Ärzte sind – insbesondere für ihre Entscheidung, sich nach der Facharztausbildung niederzulassen“, betont Julian Umlauft, stellvertretender Obmann der Kurie der angestellten Ärzte.

Sofortige und echte Reformen gefordert

Die Ärztekammer für Tirol erkennt die Notwendigkeit von Sparmaßnahmen grundsätzlich an, Stefan Kastner betont jedoch, dass gerade Investitionen in die Zukunft der Gesundheitsversorgung unabdingbar sind, um eine langfristige und hochwertige medizinische Versorgung aller Tiroler Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Aktuell droht Tirol durch fehlende politische Maßnahmen zunehmend in ein Zwei-Klassen-System abzurutschen.

Kastner: „Wir fordern daher eindringlich von der Politik sofortige und echte Reformen sowie ehrliche Kommunikation gegenüber der Bevölkerung. Nur durch gezielte Investitionen und Maßnahmen kann Tirol seine Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität für medizinische Fachkräfte sichern und so eine qualitativ hochwertige Versorgung langfristig gewährleisten. Es liegt in der Hand der Landesregierung, die Situation zu verbessern und ein starkes Signal der Anerkennung und Unterstützung an das Gesundheitspersonal zu senden.“

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