Kontroverse Debatten im EU-Ausschuss des Bundesrats über WHO-Pandemieabkommen sowie über E-Mobilität | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Kontroverse Debatten im EU-Ausschuss des Bundesrats über WHO-Pandemieabkommen sowie über E-Mobilität

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Der EU-Ausschuss des Bundesrats befasste sich heute mit dem sogenannten „Pandemieabkommen“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die FPÖ brachte einen Antrag auf Stellungnahme ein, mit dem sie die Bundesregierung aufforderte, jede Zustimmung zu den Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften in der aktuellen Fassung zu verweigern, und sich auf europäischer Ebene aktiv für die Wahrung der nationalstaatlichen Kompetenzen im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens einzusetzen. Der Antrag blieb mit den Stimmen der FPÖ in der Minderheit.

Weiters beriet der Ausschuss über den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen „Aktionsplan für die europäische Automobilindustrie“. Mit diesem sollen Autohersteller mehr Zeit bekommen, um ihre CO2-Reduktionsleistungen zu erreichen. Defizite in einem Jahr könnten durch Übererfüllung in anderen Jahren ausgeglichen werden. Die Ziele selbst sollen nicht verändert werden.

Pandemieabkommen: Annahmeprozess soll bald starten

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der WHO sind völkerrechtlich bindende Vorschriften zur Verhinderung und Bekämpfung grenzüberschreitender Krankheiten. Die Covid-19-Pandemie habe Schwächen dieser Vorschriften aufgezeigt, daher wurden ab 2022 gezielte Änderungen ausverhandelt, legte eine Expertin des Gesundheitsministeriums im Ausschuss dar. Die Europäische Kommission erhielt das Mandat im Namen der EU die Verhandlungen über ein Internationales Pandemieübereinkommen sowie Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften zu führen. Die vorgeschlagenen Änderungen wurden am 1. Juni 2024 bei der 77. Weltgesundheitsversammlung angenommen. Diese Änderungen treten für alle WHO-Mitgliedstaaten in Kraft, sofern sie nicht fristgerecht widersprechen oder Vorbehalte einlegen. Aktuell behandelt das Europäische Parlament einen von der Kommission vorgelegten Entwurf für einen EU-Ratsbeschluss, mit dem die Mitgliedstaaten eingeladen werden sollen, die Änderungen anzunehmen. Noch im Mai wird mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments gerechnet, danach solle der innerstaatliche Annahmeprozess erfolgen.

Die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften könnten es ermöglichen, auf globaler Ebene schneller und besser auf Gesundheitskrisen zu reagieren, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Das Änderungspaket ziele darauf ab, die weltweite Bereitschaft, Überwachung und Reaktion auf Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit, einschließlich Pandemien, zu stärken. Die ungleichmäßige Verteilung von Pandemiebekämpfungsmaßnahmen (von Desinfektionsmitteln und Masken bis hin zu Impfstoffen und Covid-Medikation) hätte dazu geführt, dass diese in gewissen Teilen der Erde nicht ausreichend verfügbar waren, was unter anderem die Entstehung von neuen Virusvarianten begünstigte. Die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften sollten einen Beitrag zur Lösung dieses Problems leisten.

Kein Staat könne eine Pandemie alleine bewältigen, sagte Ausschussvorsitzende Bernadette Geieregger (ÖVP/N). Sie sprach sich für internationale Zusammenarbeit aus und betonte, dass es dabei Selbstbestimmung geben müsse. Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) wies darauf hin, dass die Annahme des Pandemieabkommens „gesetzlich beschlossen“ werden müsse. Er sagte, dass man genau hinsehen und alles was „noch fragwürdig“ sei, rechtzeitig klären müsse.

Eine Pandemie sei eine globale Herausforderung, betonte Stefan Schennach (SPÖ/W). Es brauche daher eine Instanz wie die WHO, zum Ausgleich zwischen reichen und ärmeren Staaten. Märchen über die WHO, wie sie in der Corona-Debatte verbreitet worden seien, „würden aus dem Bereich des Fantasy“ stammen, meinte Schennach. Claudia Arpa (SPÖ/K) sprach sich für internationale Solidarität aus.

Während der Corona-Pandemie sei Österreich Testweltmeister gewesen, eine „beispiellose Impflicht“ wurde beschlossen und Grundrechte beschnitten, sagte Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Viele dieser Vorschriften hätte die WHO gemacht. Diese sei „in der Zwischenzeit“ durch Spenden privat finanziert – beispielsweise von Milliardären und der Pharmaindustrie, die eigene Interesse verfolgen würden. Daher könne „keine Rede von Unabhängigkeit“ sein, meinte Spanring. Er brachte daher einen Antrag auf Stellungnahme gegen die Annahme der Änderung der Internationalen Gesundheitsvorschriften ein. Diese würden einen Eingriff in die nationale Souveränität bedeuten, hätten mangelnde demokratische Legitimation und würden die Gefahr von Zwangsmaßnahmen bergen.

Elisabeth Kittl (Grüne/W) nannte das Pandemieabkommen „etwas Gutes“, da es 194 Staaten betreffe. Es gehe unter anderem um Wissens-, Technologie- und Medikamententransfer. Sie betonte zudem, dass für die Unterzeichnung nicht die Europäische Union, sondern Österreich selbst zuständig sei.

Die gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen während der Corona-Pandemie sei gut gewesen, meinte Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W) und stellte die Frage nach Learnings auf europäischer Ebene aus der Zeit der Corona-Pandemie.

Die Expertin des Gesundheitsministeriums wies darauf hin, dass die WHO nur Empfehlungen aussprechen könne, diese seien nicht rechtsverbindlich. Zudem seien in den vorgeschlagenen Änderungen der Gesundheitsvorschriften „Lockdowns oder Impfpflicht nirgends im Text“ enthalten. Weiters hielt die Expertin fest, dass der Prozess der Änderungen von den Mitgliedstaaten geführt werde.

CO2-Reduktion: Mehr Flexibilität für Automobilhersteller

Weiters beriet der Ausschuss über den Aktionsplan für die europäische Automobilindustrie. Dieser zählt zum „Clean Industrial Deal“ und soll die Automobilindustrie bei der laufenden Transformation hinsichtlich Dekarbonisierung und Digitalisierung unterstützen. Der Plan enthält eine Abänderung einer Verordnung zu den CO2-Standards für Hersteller von PKW und leichten Nutzfahrzeugen. Fahrzeughersteller, die ihr CO2-Flottenziel im Jahr 2025 verfehlen, müssen demnach noch keine Strafzahlungen leisten. Stattdessen wird der Durchschnitt der Zielerreichung der Jahre 2025, 2026 und 2027 gebildet. Wenn ein Hersteller sein Ziel 2025 verfehlt, im Jahr 2026 und/oder im Jahr 2027 aber eine entsprechende Ziel-Übererfüllung erreicht, wird keine Strafzahlung fällig. Die Reduktionsziele selbst werden nicht verändert. Weiters schlägt die Kommission mit dem Aktionsplan die Einrichtung einer Europäischen Beobachtungsstelle für einen gerechten Übergang vor.

Seitens des Ministeriums für Innovation, Mobilität und Infrastruktur wird der Aktionsplan von Österreich unterstützt. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die US-Zölle die österreichische und deutsche Fahrzeugindustrie sehr hart treffen und mit deutlichen Produktionsrückgängen zu rechnen sei, sei Flexibilität für die Hersteller wichtig, heißt es aus dem Ministerium. Der Fokus müsse auf Ausgewogenheit zwischen wirtschaftlicher Verträglichkeit in der mehrjährigen Rezession und Ambition im Klimaschutz liegen. Denn die Verordnung müsse sowohl einen essentiellen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele und gleichzeitig auch einen positiven Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Fahrzeugindustrie liefern.

Ausschussvorsitzende Bernadette Geieregger (ÖVP/N) hob eingangs hervor, dass tausende Arbeitsplätze direkt oder indirekt an der Automobilindustrie hängen. Es gelte kleine Unternehmen genauso mit zu berücksichtigen und zu unterstützen, wie größere Unternehmen, betonte sie.

Von Seiten der Europäischen Kommission gebe es verschiedene Initiativen zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, führte ein Experte aus dem Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur aus. Mit der Verordnung soll nun Flexibilität für Hersteller gewährt werden, die 2025 das Jahresziel verfehlen. Ohne Änderung würde ein Sanktionsmechanismus bei Nichterreichen zu Strafzahlungen führen. Dafür soll ein Durchrechnungszeitraum von drei Jahren geschaffen werden. Verfehlte Ziele 2025 können demnach durch bessere Performance 2026 und 2027 ausgeglichen werden. Dazu gebe es eine kontroverse Diskussion. Österreich unterstütze den Vorschlag im Sinne der Flexibilität. Da an der grundsätzlichen Struktur nichts geändert werde, sah der Experte einen ausgewogenen Effekt auf die Klimaziele – aber mit etwas geringerem Druck.

Ein Experte der Arbeiterkammer sah die im Aktionsplan enthaltene zeitliche „Streckung“ kritisch. Denn es sei seit Jahren klar gewesen, wohin der Weg gehe und die Hersteller hätten genug Zeit gehabt, um sich danach zu richten. Die meisten von ihnen könnten das bisher vorgegeben Ziel für 2025 auch erfüllen. Zu befürchten sei, dass es in zwei Jahren nochmals zu einer „Verwässerung der Ziele“ kommen könnte, meinte der Experte.

Christoph Thoma (ÖVP/V) betonte die Bedeutung der Automobilindustrie, die tausende Arbeitsplätze geschaffen habe und damit den Wohlstand fördere. Der vorgelegte Aktionsplan sei daher eine „positive Entwicklung“.

„Sehr besorgt“ über die Maßnahme zeigte sich Stefan Schennach (SPÖ/W). Denn die Industrie brauche Planungssicherheit, ein Zick-Zack-Kurs sei „verheerend“. Ein „Hinausschieben der Ziele“ sei ein Bärendienst, meinte Schennach. Manfred Mertel (SPÖ/K) sagte, dass Europa Wettbewerbsfähigkeit brauche, dies jedoch im Spannungsfeld mit den Umweltzielen stehe. Er fragte, was das Regierungsprogramm diesbezüglich vorsehe.

Auch Elisabeth Kittl (Grüne/W) sah das „Hin und Her“ und „Hinauszögern der CO2-Ziele“ als sehr problematisch. Zudem kritisierte sie, dass die neue Bundesregierung die Förderung von E-Autos zurücknehme. Kittl verwies auf Norwegen, das ein Vorzeigeland bei E-Mobilität sei.

Der Experte des Infrastrukturministeriums meinte, dass es „sehr hart“ sei, wenn man von einer „Verschiebung der Ziele“ spreche, der Aktionsplan sehe vielmehr die „Schaffung eines Durchrechnungszeitraumes“ vor.

Michael Bernard (FPÖ/N) sagte, dass der „Green Deal“ der EU ein „kostspieliger Irrsinn“ sei. Innovationen sollten nicht nur im Bereich der E-Mobilität, sondern auch bei Verbrennern und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen gefördert werden. Zudem sprach er das Thema Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge an und kritisierte, das Fehlen von E-Tankstellen für Schwerlast-LKW. Bernard wollte zudem wissen, wieviel Energie für die Herstellung von Batterien für E-Autos nötig sei und wie sich die Umstellung auf E-Autos auf die Arbeitsplätze auswirke. Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) meinte, dass wenn E-Mobilität so „toll wäre, wie alle glauben, sie sich von selbst verkaufen“ würde und es keine Förderungen brauchen würde. Hinter der Förderung von E-Mobilität stehe „politische Ideologie“, so Spanring. Die hohe Zulassungszahl von E-Autos in Norwegen sei auf massive Subventionen zurückzuführen. Dies sei „ein Zwangsumstieg“ und Wettbewerbsverzerrung.

Bei der Ladeinfrastruktur für E-Schwerlast-LKW gebe es noch „einen sehr langen Weg“, sagte der Experte aus dem Infrastrukturministerium. Es gebe jedoch Pilot-Raststätten und einen Ausbauplan. Für PKW wurden bereits 30.000 öffentliche Landestationen in Österreich geschaffen. Hinsichtlich der Frage, ob die Batterieproduktion für E-Autos nachhaltig sei, sehe man sich regelmäßig die Ökobilanz an. In der Gesamtbetrachtung, das heißt im gesamten Lebenszyklus, würden die Analysen zeigen, dass Elektroautos eine signifikante CO2-Einsparung bringen würden. Diese betrage verglichen mit Verbrennern ein Minus von 80% der CO2-Emissionen über den ganzen Lebenszyklus, sagte der Experte. Weiters betonte der Experte, dass es im Regierungsprogramm ein Bekenntnis zur Elektromobilität gebe.

Zum Thema Arbeitsplätze sagte der Experte der Arbeiterkammer, dass der Umstieg auf Elektromobilität dazu führen werde, dass gewisse Arbeitsplätze wegfallen und andere geschaffen werden. Die große Frage werde sein, wie dies zusammengehe und wie man die Qualifizierung der Arbeitskräfte dafür in Übereinstimmung bringen werde. Er forderte einen „sozial gerechten Übergang“. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) bea/gla


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