Studie: Ein Drittel der Schüler:innen nutzt digitale Spiele beinahe täglich
Studie im Auftrag der Stiftung Anton Proksch-Institut Wien zeigt intensive Nutzung digitaler Spiele bei Jugendlichen sowie einen Zusammenhang zwischen psychosozialen Belastungen bzw. Depression und exzessivem Gaming. Am Anton Proksch Institut wird Gaming-Sucht mit sehr guten Erfolgen behandelt.
Ein Drittel der Schüler:innen in Österreich spielt beinahe täglich digitale Spiele, bei acht Prozent zeigen sich Hinweise auf eine riskante Nutzung digitaler Spiele, bei zwei Prozent gibt es Hinweise auf eine Gaming Disorder. Das zeigen Angaben aus der aktuellen ESPAD-Erhebung1 , einer repräsentativen Umfrage, die 2024 unter Jugendlichen der neunten und zehnten Schulstufe vom Kompetenzzentrum Sucht der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) durchgeführt wurde. Zentrale Ergebnisse der Umfrage werden im Rahmen des von der Stiftung Anton Proksch Institut Wien finanzierten Forschungsprojekts „Gaming und die Nutzung von Social Media unter suchtspezifischen Aspekten“ vertiefend analysiert.
„Digitale Medien gewinnen immer mehr Bedeutung und Einfluss in unserem Leben. Damit steigt auch die Zahl der Nutzer:innen von Online-Spielen, ein Angebot, das gerade auch für Kinder und Jugendliche sehr attraktiv ist. Ein Grund dafür ist, dass die virtuelle Welt aufgrund rasanter technischer Entwicklungen immer realistischer und dadurch verführerischer wird. Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit im Netz, manchen fällt der Ausstieg immer schwerer. Bei Online-Spielen kann sich das bis hin zu einer Gaming Disorder, also einer Online-Spielsucht, entwickeln“, sagt Prim. Dr. Roland Mader, Ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts, Österreichs größter Suchtklinik.
Ein Drittel spielt beinahe täglich
Vier von fünf befragten Jugendlichen (81 %) zwischen 14 und 17 Jahren geben in der Umfrage an, in den letzten 12 Monaten digitale Spiele genutzt zu haben. Als solche gelten Spiele unterschiedlicher Genres, die auf verschiedenen Endgeräten wie Computer, Tablet, Konsole, Smartphone oder anderen Geräten gespielt werden. Ein Drittel (33 %) spielt dabei täglich bzw. fast täglich. Der Anteil männlicher Jugendlicher ist mit 47 Prozent täglicher Nutzung deutlich höher als jener weiblicher Jugendlicher (18 %).
Insgesamt jeder zehnte Jugendliche (13 % der Burschen, 7 % der Mädchen) spielt an einem typischen Schultag mehr als vier Stunden, an einem typischen Wochenendtag tut dies etwa ein Viertel der Jugendlichen (34 % der Burschen, 13 % der Mädchen).
Psychisches Wohlbefinden leidet
Bei acht Prozent der befragten Jugendlichen zeigen sich Hinweise auf eine riskante Nutzung digitaler Spiele. Die Kategorie riskante Nutzung beschreibt einen häufigen und langen Gebrauch mit erhöhtem Risiko schädlicher Folgen für die physische oder psychische Gesundheit. Die Kriterien einer Gaming Disorder erfüllen zwei Prozent. Burschen werden dabei häufiger als Mädchen sowohl als riskant (10 % gegenüber 7 %) als auch als pathologisch Spielende (3 % gegenüber 1 %) eingestuft.
Jugendliche mit einer problematischen Nutzung digitaler Spiele haben ein deutlich schlechteres psychisches Wohlbefinden, das Ausmaß an Distress (negativ empfundener Stress) ist höher. Auch Symptome einer Depression oder einer Angststörung treten häufiger auf als bei Jugendlichen mit unproblematischem Gaming. Entweder führt also exzessives Gaming zu Stress und geringerem Wohlbefinden, oder aber Jugendliche mit bereits vorliegendem schlechterem Wohlbefinden und Distress neigen vermehrt zu exzessivem Gaming. Möglicherweise ist auch beides im Sinne eines sich verstärkenden Teufelskreises zutreffend.
„Behandlung mit sehr guten Erfolgen“
Roland Mader: „Online-Spielesucht muss sehr ernst genommen werden. Sie ist nicht grundlos von der Weltgesundheitsorganisation als psychische Krankheit anerkannt. Die gute Nachricht: Sie kann behandelt werden und im Anton Proksch Institut haben wir mit unserem Konzept bei Gamer:innen sehr gute Erfolge. Wir setzen stark auf Gruppentherapien, denn dort können sich die Patient:innen am leichtesten öffnen. Der Austausch untereinander ist gerade bei dieser Gruppe besonders wichtig, denn häufig leiden auch soziale Beziehungen bei intensiver Nutzung von Online-Spielen und so können soziale Interaktionen hier auch gut erprobt werden.“
Die stationäre Behandlung im Anton Proksch Institut steht Online-Gaming-Süchtigen ab dem Alter von 17 Jahren offen. Angeboten wird hier ein erst kürzlich neu konzipiertes stationäres Therapieprogramm über 8 Wochen. In der Ambulanz API-Treffpunkt 1050 wird der Internet-Sucht und damit auch dem Gaming in Gruppen- und Einzelprogrammen ebenfalls große Aufmerksamkeit geschenkt.
Problematische Nutzung sozialer Medien: Weibliche Jugendliche häufiger betroffen
Eine problematische Nutzung sozialer Medien im Allgemeinen weisen insgesamt 10 Prozent der in der ESPAD-Studie Befragten auf. Bei weiblichen Jugendlichen ist dies mit 12 Prozent häufiger der Fall als bei männlichen mit 7 Prozent. Jugendliche mit einer problematischen Nutzung sozialer Medien weisen insgesamt einen höheren Konsum von Substanzen auf als solche ohne problematische Nutzung. Besonders trifft dies auf Burschen und den Konsum von tabak- bzw. nikotinhaltigen Produkte zu. Einen ähnlichen Einflussfaktor stellen soziale Medien im Zusammenhang mit dem psychischen Wohlbefinden dar. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine problematische Nutzung sozialer Medien stärker mit einem geringen Wohlbefinden bzw. psychischen Problemen korreliert, als dies bei digitalen Spielen der Fall ist. Besonders Burschen, die soziale Medien in einem problematischen Ausmaß nutzen, weisen ein reduziertes psychisches Wohlbefinden auf.
Auswirkungen der Pandemie
In einem weiteren Strang des Forschungsprojekts „Gaming und die Nutzung von Social Media unter suchtspezifischen Aspekten“ liegen ebenfalls aktuelle Ergebnisse vor. Mit Blick auf die Zielgruppe Jugendliche und junge Erwachsene wird hier besonders auf die pandemiebedingten Veränderungen hinsichtlich der (problematischen) Nutzung digitaler Spiele fokussiert. Zudem wurde festgestellt, dass die intensive Nutzung digitaler Spiele mit einer erhöhten Intensität von Konsum- und Verhaltensweisen mit Suchtpotenzial (Einnahme legaler und illegaler Substanzen sowie Nutzung von Glücksspiel) einhergeht.
Näheres dazu auf der Webseite der Stiftung Anton Proksch-Institut Wien unter: Laufende Projekte – Stiftung Anton-Proksch-Institut
1 Die ESPAD-Erhebung (European School Survey Project on Alcohol and Other Drugs) ist die weltweit größte Schüler:innenbefragung über Konsum von und Einstellungen zu legalen sowie illegalen psychoaktiven Substanzen. Sie wird alle vier Jahre durchgeführt.
Über die Stiftung Anton Proksch-Institut Wien
Die gemeinnützige Stiftung wurde 1956 als „Genesungsheim Kalksburg“ unter der Schirmherrschaft des damaligen Sozialministers Anton Proksch und auf Initiative von Univ. Prof. Hans Hoff und Dr. Emil Tuchmann gegründet. Die Stiftung kann jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Forschung, der Prävention und umfassenden Behandlung von Suchterkrankungen und ihrer Grunderkrankungen und Folgeerkrankungen („Komorbiditäten“), insbesondere durch die Erprobung von Präventions-, Frühinterventions-, Therapie-, Rehabilitations- und Reintegrationsmaßnahmen, der Erprobung von Medikamenten und der Erforschung des psycho-sozialen Umfeldes als Ursache der Sucht aufweisen.
Über das Anton Proksch Institut
Der erste Klinikbetrieb des Anton Proksch Instituts in Wien-Liesing wurde 1961 eröffnet. Heute stehen im topmodernen Klinikum 266 Betten, 50 Plätze für ein tagesklinisches Angebot in Form einer ganztägig ambulanten Therapie sowie ambulante Betreuungsplätze zur Verfügung. Behandelt werden alle gängigen Formen der Sucht: Alkoholsucht, Abhängigkeit von illegalen Substanzen und Medikamenten, pathologisches Glücksspiel sowie Online-, Kauf- und Arbeitssucht. Zusätzlich zum Hauptstandort in Liesing gibt es Ambulanzen und ambulante Suchtberatungsstellen in Wien-Wieden, Baden, Mödling, Wr. Neustadt und Neunkirchen sowie eine stationäre
Sozialhilfe-/Rehabilitationseinrichtung in Mödling-Hinterbrühl.
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