Offener Appell: Hände weg vom Trinkgeld – bleiben wir bei der Wahrheit!
Sehr geehrte Tourismus-Vertreter:innen der Wirtschaftskammer,
aktuell wird versucht, die Gewerkschaft und die Beschäftigten der Tourismus-Branche für ein Ablenkungsmanöver zu instrumentalisieren, um zu vertuschen, dass Betriebe Trinkgelder systematisch falsch gemeldet haben. Die Folge: Zu wenig Sozialversicherungsbeiträge und geringere Ansprüche für die Beschäftigten – bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder im Alter. Aber: Unternehmen, die sich nicht an bestehende gesetzliche und kollektivvertragliche Verpflichtungen halten, sollen nicht ohne Konsequenzen davonkommen. Sie produzieren bewusst Aufregung. Wir schaffen Fakten.
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Fakt 1: Trinkgeld ist gesetzlich steuerfrei. Wenn es dennoch besteuert wird, dann nur deshalb, weil Betriebe selbst Maßnahmen setzen, die das ermöglichen – etwa durch die Einführung von pauschalen Servicezuschlägen. Das ist eine Entscheidung der Unternehmer:innen.
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Fakt 2: Es gibt Betriebe, die das Trinkgeld nicht oder nicht im vollen Umfang denMitarbeiter:innen überlassen, sondern einbehalten, um Lücken im System zu stopfen – oder um sich zu bereichern.
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Fakt 3: Große Beschäftigtengruppen in der Branche erhalten kein Trinkgeld. Entweder weil sie Gäste nicht direkt bedienen (u.a. Kantinen, Großküchen) oder die Unternehmen so entschieden haben (Fastfoodketten). Allgemein betrachtet sind Trinkgeldzahlungen in Summe rückläufig.
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Fakt 4: Im Branchenvergleich hat der Tourismus die niedrigsten Durchschnittseinkommen. Gerade bei niedrigen Einkommen ist jeder Beitrag zur Pension, zum Arbeitslosen- und Krankengeld entscheidend. Diese Beiträge sind von den Arbeitgebern zu leisten. Ein Nichterbringen kommt Diebstahl an den Beschäftigten gleich.
Für ein systematisches Problem braucht es auch eine systematische Lösung.
Unsere klaren Forderungen:
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Schützt das Trinkgeld, das Arbeitslosengeld und die Pensionen der Mitarbeiter:innen – auch vor ihren eigenen Chef:innen! Es darf nicht länger vom „guten Willen“ der Unternehmer:innen abhängig sein, ob Trinkgeld dort ankommt, wo es hingehört – bei jenen, die den Service erbringen.
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Trinkgeld gehört den Mitarbeiter:innen. Es ist eine Wertschätzung der Gäste – kein Instrument zur Unternehmensfinanzierung.
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Harte Strafen für Unternehmen, die betrogen haben. Unternehmen, die es verabsäumt haben, korrekte Beiträge zu leisten, müssen diese nachzahlen – auf ihre Kosten – oder mit Strafen rechnen.
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Faire Löhne statt Mitleidstour. Wer möchte, dass Menschen in der Branche bleiben, muss sie anständig bezahlen und sich an die bestehenden Spielregeln im Kollektivvertrag halten. Tourismus-Beschäftigte dürfen nicht von Trinkgeld abhängig sein. Vor allem nicht in einer Branche, die dauernd nach neuen Arbeits- und Fachkräften schreit.
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Weniger Show, mehr Struktur. Wir müssen der ständigen öffentlichen Empörung ein Ende setzen – nur so machen wir die Branche zukunftsfähig.
Mit sozialpartnerschaftlichen Grüßen,
Roman Hebenstreit (Vorsitzender Gewerkschaft vida)
Anna Daimler (Generalsekretärin Gewerkschaft vida)
Eva Eberhart (vida-Fachbereichsvorsitzende Tourismus)
Kathrin Schranz (vida-Fachbereichssekretärin Tourismus)
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