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vida-Hebenstreit: „Tourismus braucht gute Arbeit statt ständigen Menschen-Nachschub“

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Die Erhöhung des Saisonkontingents in der Tourismusbranche auf 5.500 Arbeitskräfte war bereits im Regierungsprogramm festgeschrieben, genauso wie die Schaffung eines zusätzlichen Kontingents von 2.500 Saisoniers aus dem Westbalkan.

Mit dem heutigen Beschluss im Ministerrat steht fest, dass diese Maßnahmen ab September 2025 zur Geltung kommen. Die Regierung betont zwar, dass es sich dabei lediglich um eine Akutmaßnahme handelt. Nur leider greift die Politik seit Jahren zu diesem kurzsichtigen Mittel – mit verheerenden Folgen: Lohndruck, prekäre Bedingungen und ein dauerhafter Personalverschleiß kennzeichnen die Branche.

„Ohne deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen bleibt der Arbeitsmarkt im Tourismus ein Fass ohne Boden, das man versucht, mit ständigem Nachschub an billigen, leicht erpressbaren Arbeitskräften zu füllen. Nachhaltige Maßnahmen sehen anders aus“, kritisiert Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida.

Potenzial an Arbeitskräften wäre vorhanden

Die Ironie liege vor allem darin, dass die Gastronomie und Hotellerie auf ein größeres Arbeitskräftepotential zugreifen könne als viele andere Branchen: 2024 lag die Arbeitslosigkeit in der Tourismusbranche im Jahresschnitt bei 12,7 Prozent. Das sind über 33.000 Menschen hierzulande, die Beschäftigung in diesem Sektor suchen.

„Die Arbeitskräfte sind bereits hier, also in Österreich und in Europa. Man muss nur dafür sorgen, dass der Tourismus als interessanter Berufszweig, der er ist, auch langfristige Perspektiven, finanzielles Auskommen und Schutz vor Übergriffen bietet“, so Hebenstreit. „Die Not von Menschen aus Billiglohnländern auszunutzen und sie für die Saisonarbeit anzuwerben, macht die Tourismusbranche alles andere als attraktiver. Man verhöhnt damit auch Arbeitssuchende in Österreich und in ganz Europa, die keine anständige Beschäftigung finden“.

Tourismus-Fonds als Teilerfolg

Wie ebenfalls nach dem Ministerrat heute angekündigt, richtet die Bundesregierung einen Fonds von jährlich 6,5 Mio. Euro für Tourismusbeschäftigte ein. Damit will sie die Anwerbung und Bindung von Mitarbeiter:innen aus Österreich und Europa verstärken.

Lehre und Ausbildung in dem Bereich sollen damit genauso gefördert werden wie Sonderunterstützungen bei Arbeitsunfällen oder Arbeitslosigkeit. Auch Maßnahmen gegen Belästigung am Arbeitsplatz wurden angekündigt.

Roman Hebenstreit wertet dieses Vorhaben als Teilerfolg. „Wir fordern seit Jahren ein umfassendes Paket für bestehende Beschäftigte. Wenn die Förderungen tatsächlich bei den Mitarbeiter:innen ankommen, begrüßen wir den Fonds als ersten Schritt, um Personal langfristig zu halten“. Nur 20 Prozent der Tourismusbeschäftigten sind Stammbelegschaft, der Rest verlässt die Branche nach kurzer Zeit.

„Das Recht des Lautesten“ darf nicht Politik bestimmen

Abschließend betont der vida-Vorsitzende erneut, dass die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Drittstaaten in der Gastronomie und Hotellerie keine dauerhafte Antwort auf Missstände in der Branche sein darf. Insbesondere, während andere Branchen mit größeren Personalengpässen kämpfen: „Wenn der Tourismus trotz hoher Arbeitslosigkeit wieder bevorzugt wird, obwohl andere Berufsgruppen vor ihm auf der Mangelberufsliste stehen, läuft etwas schief“. Es brauche endlich ein regelgeleitetes System für Arbeitsmigration, statt das „Recht des Lauteren“.

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