EU-Lieferkettenrichtlinie fördert Bürokratie statt Menschenrechte
Mit der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) wurde 2024 ein ambitioniertes Regelwerk beschlossen, das Menschenrechte sichern, Umweltstandards heben und Kinderarbeit verhindern soll. Was jedoch auf dem Papier als moralischer Fortschritt gefeiert wird, entpuppt sich in der Praxis als Angriff auf die wirtschaftliche Substanz Europas – den Mittelstand – und bewirkt außerhalb Europas eher das Gegenteil – sinkende soziale und Umweltstandarts.
Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, entlang ihrer gesamten globalen Lieferkette menschenrechtliche und ökologische Risiken zu identifizieren, zu bewerten und zu minimieren. Für KMU, die weder über die personellen noch finanziellen Ressourcen verfügen, ist das ein kaum leistbarer Kraftakt.
Senat der Wirtschaft Vorstandsvorsitzender Hans Harrer kritisiert scharf die Verordnung: „Besonders kleine und mittlere geraten durch die Auflagen unter enormen Druck!“ „Sie sollen komplexe, globale Lieferketten eigenständig auf Menschenrechts- und Umweltverstöße prüfen. Ein Aufwand, der selbst Großkonzerne an ihre Grenzen bringt und für viele KMU existenzbedrohend ist!“
Weiters erklärt er: „Was als ethischer Fortschritt gedacht war, entwickelt sich zu einem praxisfernen Bürokratiemonster. Der Mittelstand wird mit Compliance-Auflagen überzogen, die er weder personell noch finanziell stemmen kann – und das in einer Zeit, in der viele Betriebe ohnehin ums wirtschaftliche Überleben kämpfen.“
EU-Lieferkettenrichtlinie fördert Schattenmärkte und stärkt autoritäre Akteure
Mangels verlässlicher Transparenz und Kontrollmöglichkeiten droht ein Rückzug nachhaltiger europäischer Unternehmen aus wichtigen Auslandsmärkten und ebnet das Feld für skrupellosere Akteure – Staaten und Unternehmen, die sich weder an europäische Umwelt- noch Sozialstandards halten und ihre eigenen geopolitischen Interessen durchsetzen – mit gravierenden Folgen für Wirtschaft, Umwelt und soziale Entwicklung: Anstatt den erhofften moralischen Fortschritt zu bringen, führt die EU-Lieferkettenrichtlinie so zu einem ungewollten Kollaps: Frauenrechte werden wieder verstärkt ignoriert, Kinderarbeit verlagert sich in schwer kontrollierbare Schattenmärkte, Ökologie bleibt die Geisel von Korruption. Das Resultat ist ein dramatischer Rückschritt, wirtschaftlich, ökologisch und sozialpolitisch.
Kosmetik statt Kurswechsel
Der im Februar 2025 vorgelegte Vorschlag der EU-Kommission zur sogenannten „Omnibusverordnung“ bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Zwar sollen Unternehmen künftig in erster Linie ihre direkten Geschäftspartner prüfen müssen. Doch bei Hinweisen auf schwerwiegende Verstöße bleibt die Pflicht zur Prüfung entlang der gesamten Lieferkette bestehen. „Das ist Kosmetik, kein Kurswechsel. Die strukturelle Überforderung bleibt bestehen. Die Folgen sind verheerend: Soziale und ökologische Standards in Entwicklungs- und Schwellenländern geraten unter Druck, statt gestärkt zu werden.“
Denn aus Sorge vor Haftungsrisiken werden insbesondere Großunternehmen auch weiterhin umfassende Nachweise einfordern – mit erheblichen Auswirkungen auf kleine und mittlere Betriebe. Diese sehen sich weiterhin mit hohen bürokratischen und finanziellen Belastungen konfrontiert. Die wenigen Erleichterungen wie etwa verlängerte Fristen ändern nichts am Grundproblem: Die politische Verantwortung für globale Herausforderungen wird auf die Wirtschaft abgewälzt – und überfordert insbesondere den Mittelstand.
„Keinesfalls zu akzeptieren ist, dass skrupellose Staatslenker durch das Abwälzen der Kontrollpflichten auf Unternehmen, ihrer Verantwortung gegenüber Land und Mensch enthoben werden.“
betont Harrer.
Die Forderungen des Senat der Wirtschaft sind daher:
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Die vollständige Rücknahme der Lieferkettenrichtlinie.
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Keine nationale Übererfüllung von EU-Vorgaben („Gold Plating“).
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Eine partnerschaftliche Entwicklungspolitik auf Augenhöhe.
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Bürokratieabbau und gezielte Investitionsanreize für KMU.
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Den Ausbau fairer und durchsetzbarer Handelsabkommen – bilateral wie multilateral (Mercosur).
Europäische Verantwortung braucht Realitätssinn
Die EU-Lieferkettenrichtlinie verfolgt hehre Ziele, läuft in ihrer jetzigen Ausgestaltung aber Gefahr, wirtschaftlichen Schaden anzurichten, anstatt Menschenrechte und Umweltstandards zu stärken. Denn globale Standards lassen sich nicht durch europäische Alleingänge erzwingen. Wer die geopolitischen Kräfteverhältnisse ignoriert, gefährdet nicht nur Europas Mittelstand, sondern auch die Entwicklungschancen im Globalen Süden.
„Als Gesellschaft müssen wir Verantwortung tragen. Wirtschaftliche Verantwortung darf nicht die moralische Pflicht der Politik ersetzen und auf die Unternehmen abgewälzt werden.“
Wo sich europäische Unternehmen aus schwierigen Märkten zurückziehen, übernehmen oft Anbieter aus autoritären Staaten – mit geringem Interesse an sozialen und ökologischen Standards, aber großem geopolitischen Kalkül.
Harrer warnt daher: „Europa braucht Regeln – aber auch wirtschaftliche Vernunft und Respekt vor der Rolle der Unternehmer. Wer das ethische Fundament unseres Wirtschaftssystems stärken will, darf es nicht mit unrealistischen Anforderungen untergraben.“
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