Keine Mehrheit für FPÖ-Forderung nach Verbot von Debanking
Laut der FPÖ besteht eine ernsthafte Bedrohung der Meinungs- und Pressefreiheit durch willkürliche Kündigung von Bankkonten „politisch unbequemer“ Personen, Unternehmen und Medien. Der Antrag der Freiheitlichen, Banken politisch motivierte Kontokündigungen oder „finanzielle Diskriminierung“ von natürlichen wie auch juristischen Personen zu verbieten, fand im Nationalrat keine Zustimmung der anderen Fraktionen und wurde damit abgelehnt.
Der Weisungsbericht 2023 gibt Auskunft über unterdessen abgeschlossene Verfahren, in denen das Justizministerium aufgrund einer Weisung an die Justizbehörden den Weisungsrat befassen musste. Vorgesehen ist das insbesondere bei möglichen politischen Implikationen der Weisung. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Während die FPÖ das bestehende System zur Wahrung der politischen Unabhängigkeit der Justiz für ausreichend hält, setzen ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne auf die Schaffung einer politisch unabhängigen Weisungsspitze, die in der Justiz selbst angesiedelt sein soll. Justizministerin Anna Sporrer betonte, dass sie dieses im Regierungsprogramm verankerte Projekt rasch vorantreiben wolle.
FPÖ beklagt Debanking aus politischen Gründen, andere Fraktionen verweisen auf Vertragsfreiheit
Die Freiheitlichen beklagen in einem Entschließungsantrag, dass insbesondere „alternative und patriotische Medien“ von Debanking betroffen seien, was als direkter Angriff auf die Pressefreiheit zu werten sei.
Immer wieder komme es vor, dass kritische Bürger:innen und unabhängige Medien dafür, dass sie unangenehme Fragen stellen, mit der Kündigung von Konten bestraft würden, kritisierte FPÖ-Abgeordnete Elisabeth Heiß. Sie argumentierte daher für die gesetzliche Verankerung des Rechts jeder natürlichen und juristischen Person auf ein Bankkonto, unabhängig von politischer oder weltanschaulicher Gesinnung. „Politisch motivierte“ Kontokündigungen sollen verboten werden, ebenso wie alle Maßnahmen, die eine finanzielle Diskriminierung „politisch nonkonformer Akteure“ ermöglichen.
„Debanking“ bedeute, dass Banken Kunden oder Kundinnen aus politischen Gründen ein Konto verweigern, sagte Gudrun Kugler (ÖVP). Ein solcher Schritt sei rechtswidrig, da jeder und jede das Recht auf freie Meinungsäußerung habe. Um das Menschenrecht natürlicher Personen auf ein Bankkonto sicherzustellen, bestehe bereits das Recht auf ein Basiskonto. Bei juristischen Personen sei die Situation aber anders, denn hier gelte auch für Banken das Recht auf Vertragsfreiheit. Die angeführten Fälle würden jedenfalls nicht rechtfertigen, eine „Gesetzeskeule“ auszupacken und einen Kontrahierungszwang gesetzlich zu verankern. Grundsätzlich sollte es möglich sein, auf einen großen Bankenmarkt Einzelfälle individuell zu lösen. Auch Johann Weber (ÖVP) verwies auf das Recht auf ein Basiskonto für natürliche Personen, das allen den Zugang zu einem Konto mit den wichtigsten Grundfunktionen sichere. Banken dürften niemanden diskriminieren und Kund:innen nur in sehr eng definierten Fällen ablehnen.
Für sie sei „auffällig“, dass die FPÖ bei so genannten „alternativen Medien“ plötzlich eine Einschränkung der Pressefreiheit orte, meinte SPÖ-Abgeordnete Pia Maria Wieninger. Bei den für die Begründung des Antrags genannten Medien handle es sich „um einschlägige rechtsextreme Medien, die mit Menschenrechten nichts am Hut haben“, sagte die Abgeordnete. Die FPÖ setze in ihrer Kritik das privatwirtschaftliche Verhalten von Unternehmen, also Banken, in unrichtiger Weise mit staatlichen Eingriffen und Zensur gleich. Das Recht auf ein Basiskonto biete bereits ausreichenden Schutz davor, dass jemand aus politischen Gründen ein Konto verweigert werde. Auch Elke Hanel-Torsch (SPÖ) betonte, in den im Antrag angeführten Fällen gehe es weniger um die Pressefreiheit als darum, dass die FPÖ sich einmal mehr für extrem rechte Medien mit Verbindungen zu den Identitären einsetzen wolle. Für eine Gesetzesänderung aufgrund dieser Fälle bestehe kein Anlass. Die Menschen- und Grundrechte seien selbstverständlich nicht verhandelbar, unterstrich Bernhard Höfler (SPÖ). Der Antrag der FPÖ ziele aber nicht auf den Schutz der Menschenrechte, sondern auf ein „politisches Schauspiel“ ab.
Die FPÖ wolle mit ihrem Antrag suggerieren, dass Kontokündigungen aus politischen Gründen in Österreich weit verbreitet seien, meinte Christoph Pramhofer (NEOS). Das Recht auf ein Basiskonto sichere das Menschenrecht auf ein Konto ausreichend ab. Die FPÖ-Forderung sei in sich nicht stimmig, sondern würde auf einen tiefen Eingriff in die Vertragsfreiheit hinauslaufen. Diese stelle sicher, dass Unternehmen sich ihre Geschäftspartner:innen selbst aussuchen können.
Auch Agnes Sirkka Prammer (Grüne) lehnte den Antrag der FPÖ ab und betonte, dass im Falle von juristischen Personen das Prinzip der Vertragsfreiheit gelten müsse. Der FPÖ-Antrag zeige, dass der FPÖ das wirtschaftsliberale Prinzip sehr fremd geworden sei.
Leichtfried: Recht auf Konto ist gesichert
Staatssekretär Jörg Leichtfried wies darauf hin, dass das Verbraucherzahlungskontogesetz bereits das Recht auf ein Basiskonto sicherstelle. Das Recht auf ein Konto sei für natürliche Personen gesetzlich abgesichert. Anders gelagert sei der Fall der Geschäftsbeziehungen zwischen juristischen Personen. Hier sei es tatsächlich sinnvoll, diese über den freien Markt zu regeln. Selbstverständlich nicht akzeptabel und gesetzeswidrig wäre es, wenn Menschen aus politischen Gründen das Konto gekündigt werden sollte. Sollten hier tatsächlich Missstände vorliegen, müssten diese abgestellt werden, betonte Leichtfried.
17 Weisungen des Justizministeriums in den Jahren 2017 bis 2023
Der Weisungsbericht 2023 gibt Auskunft über Verfahren, die unterdessen abgeschlossen sind, und zu denen das Justizministerium Weisungen erteilt hat. Berichtspflichtig sind jene Fälle, in denen die Kriterien für eine Befassung des Beirates für den ministeriellen Weisungsbereich („Weisungsrat“) erfüllt sind. Bei 16 Verfahren wurden in den Jahren 2017 bis 2023 insgesamt 17 Weisungen erteilt. Die Fallbeschreibungen des Berichts sind weitgehend anonymisiert und betreffen unter anderem auch Fälle der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA).
Der Bericht zeige sehr deutlich, dass die Weisungspraxis von Seiten des Justizministeriums weitgehen unproblematisch sei, sagte Harald Stefan (FPÖ). Die aktuelle Regelung reiche seiner Ansicht nach aus, folgerte er weiter. Eine Bundesstaatsanwaltschaft, die nun erneut ins Gespräch gebracht werde, würde hier keine Verbesserung bringen. Sie drohe nur, eine neue Institution zu schaffen, die der politischen Einflussnahmen unterworfen sein könnte, ohne mehr Transparenz zu bringen.
Selma Yildirim (SPÖ) erinnerte daran, dass der Weisungsrat und der Weisungsbericht das Ziel hätten, das Ansehen der Justiz zu schützen. Die Tatsache, dass es im Berichtszeitraum nur wenige Weisungen des Justizministeriums gegeben habe, zeige, dass mit diesem Instrument sehr sorgfältig umgegangen werde. Trotzdem müsse auch weiterhin daran gearbeitet werden, jeden Anschein einer politischen Einflussnahme auf die Justiz zu vermeiden und das Vertrauen in diese zu stärken. Dem diene die Idee der Schaffung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft. Auch Petra Oberrauner (SPÖ) sah in der Schaffung einer unabhängigen Weisungsspitze den richtigen Weg, um das Vertrauen in die Justiz weiter zu stärken. Ihre Fraktion sei seit vielen Jahren für eine Lösung dieser Frage eingetreten, die die die politische Unabhängigkeit der Justiz sicherstelle.
Jakob Grüner (ÖVP) betonte ebenfalls die Wichtigkeit von Transparenz im Falle von Weisungen. Der Bericht erlaube dem Parlament, die Frage zu beurteilen, ob es politische Einflussnahme auf die Justiz gegeben habe. Grundsätzlich zeige er, dass mit Weisungen sehr sorgfältig umgegangen werde. Allerdings müsse weiterhin daran gearbeitet werden, Parteipolitik aus der Justiz möglichst fernzuhalten. Hier hoffe er auf konstruktive Debatten im Justizausschuss über die Vorschläge, die bereits vorlägen.
Er hoffe, dass in naher Zukunft die Justizministerin keinen Weisungsbericht mehr vorlegen müsse, weil die Weisungsspitze an eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft übertragen werden konnte, sagte Nikolaus Scherak (NEOS). Zweifellos wäre dieser Schritt ein großer Eingriff in das Justizsystem, der aus seiner Sicht aber unbedingt notwendig sei. Er hoffe, dass letztlich ein Kompromiss erarbeitet werden könne, für den sich auch die notwendige Zweidrittelmehrheit finden lasse.
Auch Agnes Sirkka Prammer (Grüne) meinte, die Schaffung einer „politikfernen“ Weisungsspitze in der Justiz, sei unumgänglich. Österreich hinke hier weiter hinter den EU-Standards her. Nach wie vor sei das System relativ intransparent. Die Grünen würden sich in die Debatten über eine Bundesstaatsanwaltschaft auf jeden Fall konstruktiv einbringen und sie sei überzeugt, dass eine gute Lösung gefunden werden könne.
Sporrer: Arbeiten bereits an Gesetzesvorschlag für Bundesstaatsanwaltschaft
Der Weisungsbericht führe alle Fälle an, in denen Weisungen im Namen des Justizministeriums erteilt wurden. Angeführt werde auch ein Fall, in dem die Ministerin von einer Empfehlung des Weisungsrats abgewichen sei. Der Bericht belege, dass der Weisungsrat in 95 % der Fälle den Empfehlungen der Staatsanwaltschaft folge. Der Weisungsrat erfülle insgesamt seinen Zweck, Transparenz zu schaffen, meinte die Ministerin. Was die Bundesstaatsanwaltschaft betreffe, so habe man sich im Regierungsprogramm darauf geeinigt, eine unabhängige Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften zu schaffen. Diese solle eine kollegiale Spitze sein. Die Erarbeitung entsprechender Vorschläge habe bereits begonnen. Ihr Ressort strebe an, zügig in einen breiten Begutachtungsprozess zu gehen und sie habe auch bereits mit wichtigen Stakeholdern Gespräche geführt. Ihr Ziel sei es, die politische Debatte bald zu beginnen und zügig zu einem Ergebnis zu kommen. (Fortsetzung Nationalrat) sox
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