Nationalrat: Einstimmigkeit für rasche Maßnahmen für Wirtschaftsstandort
Für rasche Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort haben sich heute im Nationalrat die Parlamentsfraktionen einstimmig ausgesprochen. Dem entsprechenden Entschließungsantrag von ÖVP, SPÖ und NEOS zufolge ist die Bundesregierung aufgefordert, ihre präsentierten Maßnahmen rasch zur Umsetzung zu bringen, um der zunehmenden Deindustrialisierung entgegenzuwirken und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich langfristig zu sichern.
Die Grünen wandten in der Debatte ein, dass im Antrag das Thema Klima fehle. Einem gemeinsam dazu eingebrachten Abänderungsantrag der Dreierkoalition mit den Grünen, wonach mit den Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort auch dem Klima- und Umweltschutz sowie sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten Rechnung getragen werden soll, stimmte die FPÖ nicht zu. Die Abänderung wurde daher mehrheitlich von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen angenommen. Die Freiheitlichen äußerten trotz Zustimmung zum ursprünglichen Antrag außerdem etwa auch Kritik daran, dass darin keine einzige konkrete Maßnahme enthalten sei.
Schritte für Industrie, Fachkräfte, Energiesystem und Baukonjunktur
Zu den umzusetzenden Schritten gehören laut dem Antrag von ÖVP, SPÖ und NEOS eine Industriestrategie für den Standort Österreich, eine Fachkräftestrategie als Fundament für langfristige Innovationskraft sowie eine Grundsatzreform des österreichischen Energiesystems. Darüber hinaus gehe es um den Abbau bürokratischer Hürden und um eine Erleichterung von Genehmigungsverfahren, um zinsgünstige Investitionskredite und nicht zuletzt um die Stärkung der Baukonjunktur.
Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium Elisabeth Zehetner begrüßte das Bekenntnis zu einem starken Wirtschaftsstandort. In Österreich würden 580.000 Klein- und Mittelbetriebe (KMU) 99,7 % aller Unternehmen in der marktorientierten Wirtschaft ausmachen. Wenn man über Wirtschaft in Österreich spreche, spreche man daher über KMU, so die Staatssekretärin. Sie wies etwa darauf hin, dass jeder zweite Arbeitsplatz im Land vom Export abhänge. Neben Exportoffensiven wie „Go international“ brauche es aber auch eine Stärkung der Unternehmen, etwa durch weniger Bürokratie und ein wirtschaftsfreundliches Umfeld. Als ersten Schritt habe die Bundesregierung ein Mittelstandspaket ins Leben gerufen. Es würden weitere Schritte folgen, um Unternehmen zu ermöglichen, erfolgreich zu sein, so Zehetner.
FPÖ ortet „Marketinggag“
Die FPÖ kritisierte trotz Zustimmung zum ursprünglichen Antrag, dass sich die Regierungsparteien mit dem Entschließungsantrag nur selbst zu Maßnahmen auffordern würden. Man stimme dennoch zu, damit die Regierung endlich ins Arbeiten komme, so Barbara Kolm (FPÖ). Laut der aktuellen Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) schrumpfe Österreichs Wirtschaft und sei „Schlusslicht“. Die Misere sei aber auch „hausgemacht“, meinte Kolm etwa im Hinblick auf vielzählige neue Rechtsakte der EU und zum Thema Klimaneutralität, die alle KMU „stemmen“ müssten. Sie erneuerte zahlreiche FPÖ-Forderungen, die beispielsweise auf einen „Schluss mit dem Förderdschungel“ abzielen, da dieser zu Marktverzerrungen führe. Auch Paul Hammerl (FPÖ) kritisierte etwa die Förderungen durch das Erneuerbare Ausbau Gesetz (EAG) als marktverzerrend und ineffizient. Arnold Schiefer (FPÖ) bemängelte, dass im Antrag der Dreierkoalition keine einzige konkrete Maßnahme enthalten sei und sprach von einem „Marketinggag“. Axel Kassegger (FPÖ) kritisierte etwa bei Energiethemen ein „Gold Plating“ in Österreich, das zu Problemen führe. Auch der europäische Green Deal sei „vollkommen überschießend“ und schädige den Wirtschaftsstandort massiv. Es brauche vielmehr deutliche Kostenentlastungen, so Kassegger. Auch Michael Fürtbauer (FPÖ) sieht einen Großteil der Probleme „hausgemacht“ und ortet im Antrag zahlreiche fehlende Punkte wie etwa eine Senkung der Abgabenquote.
Grüne initiieren Abänderung zum Thema Klima
Gerade jetzt brauche es in Österreich Impulse, eine rein ausgabenseitige Budgetsanierung sei nicht der richtige Weg, meinte Elisabeth Götze (Grüne). Zugunsten des Wirtschaftsstandorts müsse daher auch die Dekarbonisierung und die Umstellung auf Erneuerbare Energiesysteme weitergehen. Der Klimaschutz biete „riesige Chancen“ für die Betriebe etwa auch im Export, zeigte sie sich überzeugt. Mit dem Abänderungsantrag zur Entschließung sei nun eine Lösung gefunden worden, dass Umwelt und Klima vorkommen – damit es gelinge, Wirtschaft, Umwelt und Soziales konsequent gemeinsam zu denken.
Dreierkoalition will Herausforderungen begegnen
Kurt Egger (ÖVP) betonte, die Bundesregierung sei angetreten, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen und den Wirtschaftsmotor wieder zum Laufen zu bringen. Es brauche bei den Unternehmen die „großen Tanker“ ebenso wie die KMU. Er sei überzeugt, dass die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung funktionieren werden. Für mehr „Mutkultur“ sprach sich Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) aus. Es gehe darum, dass es für Unternehmen wieder mehr Zuversicht durch Impulse gebe, wie etwa bürokratische Hürden abzubauen. Als richtig bezeichnete Laurenz Pöttinger (ÖVP) den Antrag „als Auftrag an uns selbst“, weil er zeige, was in Zukunft geplant sei. Wichtig sei etwa das Mittelstandspaket, wodurch ihm zufolge beispielsweise Kasten- und Pritschenwägen ab Juli nicht mehr mit der NOVA belastet werden sollen.
Es gelte jetzt, die Ärmel hochzukrempeln, auf die Stärken zu setzen und dabei die arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, betonte Reinhold Binder (SPÖ). Die Bundesregierung habe von Beginn an klar gemacht, dass sie Österreichs Wirtschaft wieder an die Spitze Europas führen wolle. Die geplanten Maßnahmen würden sowohl die Industrie, als auch die KMU stärken. Zudem müsse die Industrie der Zukunft sauber sein – Klima und wirtschaftlicher Erfolg dürfen aus seiner Sicht nicht gegeneinander ausgespielt werden. Melanie Erasim (SPÖ) zufolge gelte es, „weg von Gutscheinen und einer Geschenkementalität“ hin zu stabilisierenden, nachhaltigen und somit vertrauensbildenden Maßnahmen zu kommen. Außerdem werde man dafür sorgen, dass Kleinst- und Einzelunternehmen nicht vergessen werden. In der nunmehr längsten Industrierezession seit Jahrzehnten stehe man an einem Wendepunkt, meinte Franz Jantscher (SPÖ). Wer glaube, dass eine Senkung der Lohnnebenkosten Abhilfe schaffe, verkenne die Herausforderung. Es gelte etwa, die Arbeitsplätze abzusichern und unter anderem Arbeitskräfte für die Zukunft zu qualifizieren.
Die geplante Industrie- sowie eine Standortstrategie sollen bis Jahresende erarbeitet werden, sagte Markus Hofer (NEOS). Österreichs Industrie sei ein „stiller Riese“, jeder vierte Euro an Wertschöpfung werde in der Industrie generiert. Den dringenden Handlungsbedarf angesichts der Herausforderungen wie höchste Lohnnebenkosten, Bürokratieaufwand, Energiepreise und demografischer Wandel habe sich die Bundesregierung zum Auftrag gemacht, um klare Weichen für die Zukunft zu stellen. Michael Bernhard (NEOS) ging auf die Herausforderungen für KMU ein. Aufgrund der budgetären Situation könne man jetzt aber nicht damit beginnen, die Lohnnebenkosten zu senken, sondern müsse sich auf Themen konzentrieren, die jetzt möglich seien. In den nächsten zwei Jahren sollten daher Dinge umgesetzt werden, die lange aufgeschoben worden seien, wenig Geld kosten und zugleich Wirkung erzielen. Einen klaren Auftrag zur Kurskorrektur ortet Christoph Pramhofer (NEOS). Österreich sei das einzige Industrieland, das laut IWF in der Rezession stecke. Vor einem „Umverteilen“ müsse außerdem ein „Erwirtschaften“ kommen und dafür brauche es Entlastungen. Unternehmen brauchen Rückenwind und keinen Gegenwind, so Pramhofer. Sie brauchen eine „Startrampe“ aus politischem Rückenwind und weniger an bürokratischem Gegenwind, meinte auch Janos Juvan (NEOS). Man nehme das Thema sehr ernst. Nicht zuletzt gehe es um die Verantwortung, welche Version der Geschichte die nächste Generation erzählen werde. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
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