41. Wiener Landtag (7)
LAbg. Selma Arapovic (NEOS) konzentrierte sich in ihrer Rede auf die konkrete Beschlussmaterie der Geschäftsordnungsreform. Die Inhalte seien bereits ausführlich präsentiert worden, weshalb sie sich in ihrer Wortmeldung auf zwei zentrale Punkte beschränkte. Zum einen hob sie die geplanten Änderungen bei der Befangenheit hervor. Diese Neuerungen würden es Mandatar*innen ermöglichen, sich im Rahmen ihrer Arbeit rechtzeitig abzugrenzen und damit zu schützen. Besonders sinnvoll sei ihrer Ansicht nach die Einrichtung eines Compliance Officers für klubungebundene Mandatar*innen. Dabei handle es sich nicht um ein Kontrollorgan, sondern um eine beratende Instanz, an die sich Abgeordnete wenden könnten, wenn Klärungsbedarf bestehe. Zum anderen übte Arapovic Kritik am Verhalten der Grünen. Ihrer Einschätzung nach sei es im Laufe der Verhandlungen zu einem plötzlichen Meinungsumschwung gekommen. Während zuvor noch Konsens signalisiert worden sei, habe es später geheißen: „Vielleicht doch lieber nicht.“ Sie vermutete parteipolitisches Kalkül hinter diesem Kurswechsel – möglicherweise im Zusammenhang mit dem vorgezogenen Wahltermin. Die NEOS-Mandatarin betonte, dass der Weg zur Reform lang gewesen sei, ihre Partei sich aber intensiv damit auseinandergesetzt habe. Man habe aktiv den Dialog mit allen Fraktionen gesucht und konstruktiv an der Ausarbeitung mitgewirkt. Arapovic bedankte sich ausdrücklich bei allen Beteiligten, die sich engagiert eingebracht hätten. Die vergangenen fünf Jahre der Zusammenarbeit bezeichnete sie als positiv. Sie freue sich auf die kommenden fünf Jahre, so ihr abschließendes Resümee.
LAbg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) schloss sich in ihrer Rede den Danksagungen an die scheidenden Gemeinderatsmitglieder an und wünschte den künftigen Mandatar*innen viel Glück. Sie erinnerte daran, dass sie selbst bei den Verhandlungen zur Geschäftsordnungsreform beteiligt gewesen sei und daher genau wisse, an welchen Stellen ihre Fraktion Zustimmung hätte geben können. Es habe viele Möglichkeiten dafür gegeben, betonte sie. In diesem Zusammenhang wies Kickert die Darstellung zurück, die Grünen würden „alles anders sehen“ – das sei nicht fair und werde der gemeinsamen Arbeit nicht gerecht. Die Grünen hätten sich, so die Mandatarin, mit klaren Zielen in die Verhandlungen eingebracht: eine Verbesserung bei den Untersuchungskommissionen, die Korrektur fehlerhafter Regelungen zum Fragerecht bei ausgelagerten Unternehmen, präzisere Bestimmungen zur Notkompetenz sowie die Übernahme bestehender Fraktionsvereinbarungen in die Geschäftsordnung. Von diesen vier zentralen Anliegen sei laut der Rednerin jedoch nur eines tatsächlich umgesetzt worden. Für Kickert bedeutete das: Drei von vier ihrer Kernpunkte seien nicht berücksichtigt worden. Zwar seien viele neue Regelungen, die bereits beschlossen worden waren, nun auch umgesetzt worden. Und ja, es gebe einzelne Verbesserungen, räumte sie ein. Ein tatsächliches „Entgegenkommen gegenüber der Opposition“ habe Kickert jedoch nicht erkennen können. Die Abgeordnete sprach von einem „3 zu 1“-Verhältnis, das für sie deutlich mache, warum sich ihre Fraktion der Reform letztlich nicht anschließen könne. Sie unterstrich, dass alle Beteiligten mit dem Wunsch in den Prozess gegangen seien, ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen. Bis zuletzt sei die Bereitschaft zum Kompromiss vorhanden gewesen. Doch am Ende habe es schlicht „nicht gereicht“, so Kickert wörtlich. Deshalb sage ihre Fraktion „nein“, wenn auch „mit allem Bedauern“. Sie hoffe dennoch, dass man diese Entscheidung zur Kenntnis nehmen könne, ohne daraus politische Feindseligkeit zu konstruieren. Künftige Novellen würden neue Chancen für Zusammenarbeit und Verbesserungen bringen. Sie wolle „ohne böses Blut abschließen“ und kündigte an, dass ihre Partei weiterhin an Verbesserungen in der Geschäftsordnung und in der Stadtverfassung mitarbeiten werde.
LAbg. Mag. Josef Taucher (SPÖ) bedankte sich in seiner Rede ausdrücklich bei seinem Vorredner Kowarik für dessen inhaltliche Ausführungen sowie bei seiner Vorrednerin für deren verbindliche Worte. Die von der ÖVP geäußerte Kritik konnte er nicht nachvollziehen. Es erwecke den Eindruck, so Taucher, als habe sich diese Fraktion die Ergebnisse und Stellungnahmen im Rahmen des Prozesses nicht ausreichend angesehen. Reindl zeigte sich überzeugt davon, dass man sich mit der Reform in eine „gute Richtung“ bewege. In den Verhandlungen sei „viel Herzblut“ geflossen. Insgesamt habe man sich auf 16 von 17 Punkten einigen können – das sei aus seiner Sicht ein beachtlicher Fortschritt. Er betonte, dass es sich um einen dynamischen Prozess handle, der auch künftig weitergeführt werde. Taucher hob hervor, dass von allen Parteien positive Beiträge gekommen seien. Auch kleine Schritte seien seiner Meinung nach wichtig, insbesondere wenn es darum gehe, die Rechte der Opposition zu stärken. In diesem Zusammenhang appellierte er an die konkurrierenden Parteien, sich zu überlegen, wie man den Prozess konstruktiv weitergestalten könne. Er hoffe noch auf eine heutige Zustimmung, zumindest in Teilen. Zur Digitalisierung merkte Taucher an, dass diese nicht immer in einem einzigen großen Schritt umzusetzen sei. Oft bedürfe es einer schrittweisen Umsetzung. Das Regelwerk, das man nun beschlossen habe, seien die Spielregeln, mit denen künftig gearbeitet werde. Sein persönlicher Wunsch sei es, dass diese auf einer möglichst „breiten Basis“ beruhen. Zum Abschluss seiner Rede dankte Taucher allen Beteiligten für die konstruktiven Debatten während der ablaufenden Legislaturperiode. Besonders erinnerte er sich an zahlreiche interessante und auch „lustige“ Gespräche mit seinen Kolleg*innen im Gremium, die das gemeinsame Arbeiten bereichert hätten.
GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) erklärte zu Beginn seiner Rede, dass er sich nicht wiederholen wolle, da er bereits am Vortag ausführlich zum Thema gesprochen habe. Dennoch ging er auf die Ausführungen von GR Kowarik ein, denen er mit Blick auf dessen juristische Argumentation nicht habe folgen können. Insbesondere bezog sich Reindl auf mehrere zitierte Paragraphen, die seiner Ansicht nach nicht korrekt wiedergegeben worden seien. Im Zentrum der aktuellen Debatte stehe laut Reindl die Reform der Regeln zur Untersuchungskommission (UK), womit man sich im Bereich des Stadtrechts bewege. Hierzu sei viel geprüft und diskutiert worden. Reindl kritisierte die häufige Praxis der Opposition, aus verschiedenen Gesetzesquellen zu zitieren und zu fordern, dass diese auf die Stadt Wien anwendbar seien. Dies sei rechtlich jedoch nicht in der gewünschten Weise „gestrickt“, erklärte er. Zur konkreten Reform der Untersuchungskommission führte Reindl aus, dass man erkannt habe, wie notwendig Verbesserungen in diesem Bereich seien. So habe man sich beispielsweise auf ein neues Verfahren zur einvernehmlichen Auflösung von Untersuchungskommissionen geeinigt. Auch das Verfahren zur Auslosung des Vorsitzes sei angepasst worden. Um ein möglichst rasches Arbeiten zu ermöglichen, sollen künftig auch Ersatzmitglieder mitausgelost werden – das spare Zeit. Zudem seien die Aufgaben des Vorsitzes neu geregelt worden. Auch das sogenannte Schiedsgremium, das über die Zulässigkeit von Beweisanträgen entscheidet, solle gestärkt werden. Dadurch verspreche man sich, so der SPÖ-Abgeordnete, eine höhere Qualität und bessere Klarheit bei den Anträgen. Ein wesentlicher Punkt sei laut Reindl außerdem die Einführung des Rechtsdienstes. Dieser solle vertieften Einblick in die Vorgänge erhalten. Wenn dieser feststelle, dass Unterlagen zu liefern seien, dann müsse dem auch Folge geleistet werden. In der Praxis werde das zu einer spürbaren Verbesserung führen, so Reindl. Reindl zeigte sich zuversichtlich, dass die beschlossenen Änderungen künftig die Arbeit der Untersuchungskommissionen spürbar erleichtern würden. Die Reformmaßnahmen seien ein Schritt hin zu mehr Effizienz und Klarheit in der parlamentarischen Kontrolle, so Reindl. Bedauerlich sei für ihn allerdings, dass es in dieser Legislaturperiode nicht zur Einführung einer EU-Aktuellen Stunde im Landtag gekommen sei. Dieses Vorhaben habe er als sinnvolle Ergänzung zur politischen Debatte betrachtet. Die Umsetzung müsse nun in einer künftigen Legislaturperiode erfolgen, meinte der Abgeordnete abschließend.
Abstimmung: Die Verfassungsänderung wurde in erster Lesung beschlossen. Es bedarf einer zweiten Lesung und Abstimmung, damit ein Gesetz gültig wird. Für das sofortige Abhalten der zweiten Lesung gab es nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Die zweite Lesung findet in der nächsten ordentlichen Sitzung des Landtages statt. Die Anträge der Opposition fanden ebenso keine Mehrheit.
Zum Abschluss der letzten Sitzung in der laufenden Legislaturperiode gab Landtagspräsident Ernst Woller einen statistischen Abriss über die vergangene Periode: Der Wiener Landtag traf sich zu 41 Sitzungen, auf der Tagesordnung standen insgesamt 215 Tagesordnungspunkte. Es gab zwei Mitteilungen, 29 Aktuelle Stunden, vier Dringliche Anfragen, fünf Dringliche Anträge, 187 Anfragen und insgesamt 300 Beschluss- und Resolutionsanträge, sowie vier Ordnungsrufe.
Der 41. Landtag endete um 16.09 Uhr.
Service
In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden. Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) kri
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