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68. Wiener Gemeinderat (9)

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GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE) merkte an, dass trotz vieler aufgeklärter Punkte durch Stadtrat Peter Hacker (SPÖ), einiges „nebulös“ geblieben sei. Insbesondere die Formulierung, wonach Ärzt*innen als „Nebenbeschäftigung im Rahmen der Dienstzeit“ tätig seien, sei nicht verständlich gewesen. Es sei allgemein gut, dass der WIGEV einen Personalhöchststand erreicht habe, womit die Qualität der Dienstleistungen gestiegen sei, jedoch fehle es weiterhin an vielen Ecken und Enden, so Huemer. Auch im Bereich der Wartezeiten sei vieles offen geblieben. Es sei Fakt, dass zwei Drittel der Wiener*innen sich Sorgen um die Gesundheitsversorgung machen würden. Dies werde durch die „vielen offenen Fragen“, die übrig geblieben seien, nicht besser. Auch in Feldern wie der Kinder- und Jugendpsychiatrie sei die Situation schwierig. Es sei etwa „suboptimal“, dass Kinder- und Jugendliche abgewiesen würden, obwohl sie Hilfe bräuchten. Auch sei der Mangel an kinderärztlicher Betreuung sei so groß, dass alle jüngsten Maßnahmen wie „ein Tropfen auf den heißen Stein“ wirkten. Es benötige eine systematische Herangehensweise, um die bestehenden Probleme zu lösen. Wien sei auf dem Weg in eine Zwei-Klassen-Medizin. Dies betreffe insbesondere ärmere und sozial benachteiligte Personen. Es gebe in Wien einen „health gap“, der sich etwa darin zeige, dass Bewohner*innen des 1. Bezirks um Jahre länger lebten als jene aus dem 21. Bezirk Community Nurses könnten insgesamt Abhilfe schaffen – auch in den Bereichen von Kinder-, Jugend- und Frauenmedizin bestehe dringender Handlungsbedarf. Das Zielbild der „Wiener Behandlungsgarantie“ sei ein Termin innerhalb von 14 Tagen. Auch sei die Abwanderung etwa in der Pflege weiterhin ein deutliches Problem, welches durch Verbesserungen der Arbeitsbedingungen beseitigt werden könnte. Zur Verbesserung im Gesundheitswesen der Stadt würde auch die Psychotherapie auf Kassenkosten beitragen. Gesundheit dürfe keine Frage von Einkommen, Wohnbezirk oder Herkunft sein, so Huemer.

GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) betonte, dass er mit vielen Kritikpunkten übereinstimme, stellte jedoch fest, dass die Ursache vieler der genannten Probleme zwischen 2010 und 2020 entstanden seien, als die Grünen in Regierungsverantwortung in Wien waren. Die Zahlen aus dem Gesundheitswesen der Stadt seien „katastrophal“. Es sei schon an vielen Stellen eine Zwei-Klassen-Medizin zu beobachten und ihm sei nicht klar, warum das Gesundheitssystem der Stadt kaputtgemacht werde. Hunderte Millionen seien während der Corona-Pandemie für „sinnloses Testen“ ausgegeben. Dieses Geld wäre nun dringend notwendig. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Reformen durchgeführt und der WIGEV umstrukturiert werden. Krauss nannte auch „kleinere Maßnahmen“, wie etwa das Parkpickerl für Ärzt*innen, um die Situation zu verbessern. Es brauche eine Entbürokratisierung und „endlich wieder mehr Maßnahmen für die Patientinnen und Patienten“, schloss Krauss.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) verwies darauf, dass seitens des Bundes keine Maßnahmen gesetzt wurden, um Kassenstellen im Gesundheitswesen zu attraktivieren. Kinderprimärversorgungszentren seien etwa eine Erfindung der Wiener Stadtregierung gewesen. Auch seien fünf kinder- und jugendpsychiatrische Ambulatorien geschaffen worden. Es würden auch Dinge umgesetzt, bei denen etwa Gesundheit und Bildung zusammengedacht würden. Auch die Forderung nach einer 32-Stunden-Woche wies Gara unter Verweis auf einen bestehenden Pflegemangel zurück. Im internationalen Vergleich habe Österreich deutlich mehr MRT als alle anderen Länder – Grund hierfür sei auch der Mangel an Digitalisierung, weil Untersuchungen ohne Bedarf mehrfach durchgeführt würden. Zum Vorwurf, beim WIGEV würden Lösungen wie „handgestrickt“ wirken, erwiderte Gara, er sei lieber in Wien in der Gesundheitsversorgung als in „irgendeiner anderen europäischen Großstadt“, auch wenn nicht alles perfekt laufe. Er bedankte sich abschließend bei „allen Menschen im Wiener Gesundheitssystem“ für ihre Arbeit. Es gebe viel Potenzial und es sei nun notwendig, gemeinsam und konstruktiv an Lösungen und Verbesserungen zu arbeiten, statt pauschal zu kritisieren.

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) sah trotz „ausgezeichneter Gesundheitsinfrastruktur“ in Wien einige Probleme im Spitalsbereich, etwa wenn Leistungen zugekauft werden müssten. Es passe nicht zusammen, dass behauptet werde, man sei bei Fachkräften gut aufgestellt, wenn gleichzeitig in ganz Wien 905 Spitalsbetten gesperrt seien. Es drohe eine weitere Abwanderung von Fachkräften etwa aus der Pflege, so Gorlitzer. Es brauche daher beispielsweise flexiblere Arbeitszeitmodelle – und auch Angebote an ältere Arbeitnehmer*innen, um länger im Beruf zu verbleiben. Modernisierung sei etwa im Bereich der Dienstplanerstellung notwendig, da hier viele Stunden „völlig unnötig“ verbraucht werden, um ein veraltetes System zu bedienen. Verbote von Nebenbeschäftigungen für Ärzt*innen erteilte Gorlitzer eine deutliche Absage – diese seien auch laut Arbeitsrechtlern nicht umzusetzen. Auch Zusammenlegungen von Fachbereichen seien kein Allheilmittel, sondern führten oft zu zusätzlichen Schwierigkeiten. Diese seien „strategische Fehler“, wie etwa auch die Idee von Partnerspitälern. Diese führten zu Verzögerungen und dem Hin- und Herverlegen von Patient*innen. Der Anteil an sogenannten „Gastpatient*innen“ liege bei 18 Prozent. Diese seien nicht so sehr das Problem für ein Gesundheitssystem, sondern die stark wachsende Bevölkerung, auch aus Drittstaaten, und das Älterwerden der Gesamtbevölkerung. Notwendig sei grundlegend eine Modernisierung der IT-Infrastruktur, Förderungen und Schlungsangebote sowie etwa auch Digitalisierung in der Patient*innen-Betreuung.

GR Christian Deutsch (SPÖ) sah die „Skandalisierung des Gesundheitssystems“ in Wien dem Wahlkampf geschuldet. Wesentlich sei, so Deutsch, dass die medizinische Versorgung in Wien die Spitäler des WIGEV eine entscheidente Rolle spielen. Auch die enge Einbindung der Ordensspitäler in die öffentliche Gesundheitsversorgung sei ein Erfolg. Es sei notwendig, etwa OP-Kapazitäten vorzuhalten, um Notfälle priorisieren zu können. Diese Priorisierungen würden stets von medizinischen Fachexpert*innen durchgeführt, um allen Wiener*innen die optimale und notwendige Versorgung zukommen zu lassen. Fakt sei, dass im WIGEV „großartige Leistungen“ erbracht werden. „Temporäre Verlängerungen“ von Wartezeiten seien oft auch externen Faktoren geschuldet, wie etwa die Schließung des Lorenz-Böhler-Spitals. Deutsch betonte auch die Bedeutung von Gastpatient*innen, die etwa 20 Prozent ausmachten und dadurch zu längeren Wartezeiten beitragen würden. Wartezeiten seien zudem online transparent und aktuell nachzulesen. Man solle „nicht so tun als sei nichts geschehen“ in den vergangenen Jahren, etwa bei der besseren Organisation planbarer Operationen. Deutsch wies zudem darauf hin, dass in Wien mit entsprechendem politischen Willen eine gute Lösung für die Ausgliederung ebendieser planbaren Operationen an private Spitäler erreicht worden sei. In Wien sei insgesamt sowohl die Anzahl an Operationen als auch die Auslastung der OP-Säle gestiegen. Es gebe eine Fülle an Maßnahmen und „erfolgreichen Schritten“, die das Gesundheitswesen Wiens für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft fit machen. (Forts.) jaz

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