Windkraftfreie Bergwelt gefordert
Staatssekretärin Zehetner besuchte vergangene Woche Innsbruck und meinte verschwörerisch, sie sei sich sicher, dass die ausgeschriebene Landesprämie für das erste Windrad in Tirol über 100.000 EUR bald abgeholt werde. Offiziell werden keine Projekte genannt doch man schielt auf das Wipp- und Stubaital. Lokal bekannt sind zumindest sechs mögliche Projekte in den beiden Alpentälern (Schönberg – Gleinser Mähder, Matrei/Mieders – Waldraster Jöchl, Obernberg – Leitnerjoch, Gries – Eggerjoch, Gries/Steinach – Nösslachjoch, Matrei/Navis – Schöfner Berg). Ein klares Nein kommt aus Gries am Brenner, denn hier hat man bereits Erfahrungen mit derartigen Projekten gemacht.
„Niemand ist per se gegen Windkraftanlagen“, so der Grieser Bürgermeister Karl Mühlsteiger, „doch auf den Bergen, Almen und Mähder des Wipptals haben sie einfach nichts verloren.“ Bereits im Jahr 2011 war man in Gries mit Bestrebungen einer Südtiroler Betreiberfirma konfrontiert, am Sattelberg Windkraftanlagen zu errichten. Die Gemeinde, der WWF Italien und der Österreichische Alpenverein hatten damals Beschwerde gegen den Genehmigungsbescheid erhoben und letztlich 2014 vom Staatsrat in Rom Recht bekommen – der Wert der Landschaft an sich ist von verfassungsrechtlicher Relevanz und das mögliche Energieerzeugungspotential kann die mit der Errichtung und dem Betrieb eines Windparks einhergehenden massiven Eingriffe in keiner Weise rechtfertigen. Dies Angesicht des Umstandes umso mehr, als dass Südtirol damals schon wesentlich mehr Strom produzierte, als es verbrauchte und rund 96 % der Produktion aus Wasserkraftanlagen stammte, so das Höchstgericht. In einem 2023 aktualisierten Bericht zeichnet die Landesumweltanwaltschaft ein ähnliches Bild für Nordtirol. Allein mit der Stromüberproduktion im Jahr 2021 von mehr als 620 GWh könnten neben den bereits versorgten rund 332.500 Tiroler Haushalten und der sonstigen Stromverwendung (Gewerbe, Industrie, etc.) zusätzlich ca. 173.700 Haushalte versorgt werden. Auch hier stammen ca. 95 % des Stroms aus Wasserkraftanlagen. „Eine Stromfestung Tirol macht keinen Sinn. Auch sollte jede Region jene erneuerbaren Quelle nutzen, für welche sie geeignet ist und nach wie vor ist das Stromspeicher- sowie Stromverteilungsproblem nicht gelöst. Dem Burgenland zwingt auch niemand Pumpspeicherkraftwerke auf“, hält der Grieser Bürgermeister fest.
Auch in Gries fordert man einen Wandel hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften, doch bevor neue bisher unberührte Naturflächen verbaut werden, müssen vielfach vorhandene Optimierungspotenziale bei bestehenden Stromerzeugungsanlagen genutzt und Einsparungsmöglichkeiten realisiert werden. „Wir müssen allgemein lernen, mit weniger auszukommen“, stellt der Grieser Bürgermeister klar, „die Belastungsgrenzen für Mensch und Natur sind im Wipptal längst überschritten. Das Tal ist gezeichnet von Autobahn, Landstraße, Eisenbahn und zunehmender Verbauung. Mit der Generalsanierung der beinahe gesamten Brennerautobahn steht uns eine Dauer-Großbaustelle über Jahrzehnte bevor. Die letzten Rückzugsräume für Mensch und Natur dürfen nicht der Wirtschaft geopfert werden. Letzten Endes geht es der Wirtschaft nur ums Geld, uns geht es aber um unsere Heimat.“
Der Grieser Gemeinderat hat daher im März 2025 einen Grundsatzbeschluss gefasst und sich klar gegen die Errichtung von Windkraftanlagen auf den heimischen Bergen ausgesprochen. Man möchte auch zukünftigen Generationen das Erleben der Bergwelt in ihrer Ursprünglichkeit ermöglichen. Alpine Flora und Fauna ist einerseits besonders sensibel und andererseits sind die notwendigen Eingriffe zu Errichtung von Windrädern in alpinen Höhenlagen unverhältnismäßig umfangreich.
Große Flächen des Gemeindegebietes von Gries sind Teil eines Landschaftsschutzgebietes. „Ist das auf einmal bedeutungslos?“, fragt der Bürgermeister kritisch „Immer wieder gibt es Konflikte, weil Einheimische in der Nutzung der geschützten Flächen eingeschränkt sind und nun sollen Industrieanlagen im Schutzgebiet errichtet werden?“ Vier Gemeinden in der Region werben zudem mit dem Prädikat Bergsteigerdorf. „Welch Widerspruch wäre es, in solch einer Region Windkraftanlagen zu errichten!“ zeigt der Bürgermeister wenig Verständnis.
„Auch die lokalen Alpenvereinssektionen sowie die lokale Jägerschaft haben sich nach der Beschlussfassung in unserem Gemeinderat an die Gemeinde gewandt. Sie haben ihre berechtigte Kritik geäußert und appellieren, sich gegen die Errichtung von derartigen Industrieanlagen und für den Erhalt unserer Berglandschaft einzusetzen.“, berichtet der Bürgermeister abschließend, „Es soll ein gemeinsamer Appell sein!“
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