GLOBAL 2000-Studie: Alarmierender Anstieg der Ewigkeits-Chemikalie TFA im Wein
Eine aktuelle Studie von GLOBAL 2000 und dem Pesticide Action Network (PAN Europe) zeigt einen dramatischen Anstieg der TFA-Konzentration in der Umwelt. Analysiert wurden 18 Weine aus Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark sowie 21 Weine aus 9 europäischen Ländern. TFA (Trifluoracetat), eine Ewigkeits-Chemikalie mit fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften, wurde in allen 39 Weinen nachgewiesen. Die mittlere TFA-Konzentration liegt bei 110 Mikrogramm pro Liter (µg/l), der Spitzenwert bei 320 µg/l.
Das ist etwa 100-mal höher als die durchschnittlichen, bereits hohen Belastungen, die in Oberflächengewässern und im Trinkwasser gemessen wurden. „Unsere Ergebnisse sind beunruhigend. Eine so hohe TFA-Konzentration im Wein weist daraufhin, dass sich TFA in Pflanzen offenbar massiv anreichert. Wir nehmen wahrscheinlich wesentlich mehr TFA über die Nahrung auf als bisher angenommen“, zeigt sich Helmut Burtscher-Schaden, Initiator der Studie „Flaschenpost – Der steile Anstieg der TFA-Belastung im europäischen Wein“, besorgt. Der Umwelt-Chemiker von GLOBAL 2000 fordert die Regierung zu sofortigem Handeln auf.
Auch in deutscher Studie hohe Werte im Wein
Dem stimmt auch Michael Müller zu, Professor für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Universität Freiburg: „Auch in unseren eigenen Untersuchungen fanden wir in jungen Weinen, die nach 2020 geerntet wurden, ein breites Spektrum an TFA-Konzentrationen von 20 bis über 300 µg/l. Die niedrigsten Werte fanden wir in biologisch erzeugten Weinen, die aus Flächen stammen, die seit Jahrzehnten frei von chemischen Einträgen sind. Dies deutet darauf hin, dass PFAS-Pestizide einen direkten oder indirekten Beitrag leisten, der die hohen TFA-Werte in den Weintrauben erklären könnte.“ Müller sieht Handlungsbedarf: „Unsere Ergebnisse machen deutlich, wie dringend notwendig Sofortmaßnahmen sind, um weitere TFA-Emissionen zu verhindern“.
Vintage-Weine geben Aufschluss über exponentiellen TFA-Anstieg
Zusätzlich zu den aktuell im Handel erhältlichen Weinen hat Burtscher-Schaden auch zehn österreichische Vintage-Weine von 1974 bis 2015 auf TFA untersuchen lassen. „TFA lässt sich in diesen Weinen erst ab 1988 nachweisen, ab 2010 steigt die Konzentration massiv an. Das zeigt, dass die Ewigkeits-Chemikalie menschengemacht ist und mittlerweile in bedenklich hoher Konzentration in unserer Umwelt vorhanden ist. Es besteht dringender Handlungsbedarf, weitere TFA-Emissionen in die Umwelt zu verhindern“, fordert der Umwelt-Chemiker.
TFA-Wert seit letzter EU-Studie verdoppelt
Bei einer Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2017 lag der Mittelwert bei Wein noch bei 50 µg/l. In der aktuellen GLOBAL 2000 Studie ist dieser mit 120 µg/l mehr als doppelt so hoch. „Die Ergebnisse sind ein klarer Weckruf für die EU. Stoffe, die TFA in die Umwelt abgeben, müssen unverzüglich vom Markt genommen werden. Dies erfordert sowohl ein sofortiges Verbot von F-Gasen als auch von PFAS-Pestiziden“, fordert Salomé Roynel, Policy Officer bei PAN Europe. Voraussichtlich Mitte Mai werden die EU-Staaten über einen Vorschlag der EU-Kommission für ein Verbot des PFAS-Pestizids Flutolanil abstimmen, da dieses nachweislich TFA in die Umwelt freisetzt.
Weinproben auch auf Pestizidrückstände getestet
Alle 39 Weine wurden auch auf Pestizide untersucht. Dabei zeigen sich Rückstände von bis zu 8 Pestiziden und Pestizidmetaboliten in 94 % der konventionell erzeugten Weine. Insgesamt waren 18 Pestizide nachweisbar, darunter zwei PFAS-Fungizide, Fluopyram und Fluopicolid. In vier von fünf untersuchten Bioweinen waren keine nachweisbaren Pestizidrückstände enthalten, doch alle enthielten TFA. Allerdings wiesen die Weine in der oberen Hälfte des TFA-Konzentrationsbereichs (Mittelwert: 176 µg/l) im Durchschnitt eine doppelt so hohe Pestizidbelastung auf wie die Weine in der unteren Hälfte (Mittelwert: 58 µg/l).
Hintergrund
TFA ist das nicht abbaubare Endprodukt des Abbaus anderer PFAS-Verbindungen, die beispielsweise in der Kältetechnik oder als Wirkstoffe in Pestiziden verwendet werden. Was die Verschmutzung des Grundwassers betrifft, so sind es vor allem PFAS-Pestizide aus der Landwirtschaft, die dazu beitragen. Laut einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes machen sie einen potenziellen jährlichen Anteil von 76 % aus, gefolgt von TFA-Emissionen aus Regen (hauptsächlich aus fluorierten Gasen, die in Kühlsystemen verwendet werden) mit 17 % sowie Kläranlagen und Gülle mit jeweils 3 %.
Toxikologisch wurde TFA lange Zeit als weitgehend harmlos angesehen, insbesondere von den PFAS-Herstellern. Eine Studie aus dem Jahr 2021, die von den TFA-Herstellern im Rahmen der Chemikalienverordnung REACH in Auftrag gegeben wurde, ergab jedoch schwere Missbildungen bei Kaninchenföten. Seitdem steht TFA im Verdacht, ein Risiko für die menschliche Fortpflanzung darzustellen. Führende Umweltwissenschaftler haben in jüngster Zeit auf die dramatische Zunahme der TFA-Kontamination im Wasserkreislauf und in der Biosphäre hingewiesen und sie als Bedrohung der planetaren Belastungsgrenzen bezeichnet.
Petition für PFAS-Verbot
GLOBAL 2000 ruft in einer Petition zu einem Verbot von PFAS auf. https://www.global2000.at/petition/pfas-verbieten
Zur Studie: Flaschenpost – Der steile Anstieg der TFA-Belastung im europäischen Wein
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