68. Wiener Gemeinderat (4)
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) replizierte, Mahdalik habe nur über einen Teilbereich des ganzen STEP geredet. Daran sehe man, „wie umfangreich der Wien-Plan“ sei. „Wir arbeiten bis zur Wahl“, betonte Arapovic – das habe man 2020 den Wiener*innen versprochen und das werde man auch halten. Der Stadtentwicklungsplan 2035 sei „das zentralste Instrument für die Zukunftsstrategie der Wiener Stadtentwicklung.“ Er gebe Ausrichtung und Ziele vor, „wie sich unsere Stadt räumlich, städtebaulich in den nächsten zehn Jahren weiterentwickeln soll“ und lege „die Schienen für viel weiter in die Zukunft vor.“ „Es geht darum, wo und wie die Stadt weiter gebaut wird, wo und wie Energie gewonnen wird, wo und wohin Öffis, Radwege und neue Straßen errichtet, wo und wie Grünflächen geschützt werden“, erläuterte Arapovic. Das Ziel sei, „Wien als moderne und klimafitte Zukunftsmetropole“ sicherzustellen. Vor allem „die Lebensqualität für die Wienerinnen und Wiener“ sei im Mittelpunkt. Mit dem neuen Wien-Plan schaffe man Qualität, Transparenz und Planungssicherheit – für die Stadtentwicklung, den Wohnbau, die Mobilitätswende, die Wirtschaft. Als Fortschrittskoalition stelle man Klimaschutz, Klimaanpassung und Kreislaufwirtschaft in den Vordergrund. Damit sei der „Weg zur Wiener Klimaneutralität 2040“ geebnet. „Wir bekennen uns zur Umbau- statt Neubaukultur“, so Arapovic. Man definiere keine weiteren Stadtentwicklungsgebiete, sondern „baue vorhandene aus“. Das Ziel sei, klimafitte Grätzl und Grätzl mit hoher Lebensqualität sicherzustellen – „im Sinne der Stadt von 15 Minuten“, so Arapovic. Wichtig sei, die Energiewende voranzutreiben. „Wir legen einen starken Fokus auf Öffis, Radwege, Zu-Fuß-Gehen und Sharing-Modelle, die klimafitte Umgestaltung von Straßen, Gassen und Plätzen“, so Arapovic. Weitere Supergrätzl seien genauso geplant wie „die neue Wiener Gartenstraße“. Ein „klarer Fokus auf die chancengerechte Stadt“ sei im Wien-Plan gelegt worden. Jugendliche und Kinder einzubinden, sei ebenfalls ein Schwerpunkt im neuen STEP. Bei der Umgestaltung von Vorschulplätzen und Straßen wolle man sie „einladen, die Stadt zu gestalten“, so Arapovic. „Trotz aller Herausforderungen, denen wir uns stellen mussten, haben wir als rot-pinke Fortschrittskoalition echt viel vorangetrieben“, sagte Arapovic. Laut dem Regierungsmonitor seien 97 Prozent der Projekte der Fortschrittskoalition umgesetzt worden. Nur einige Beispiele für Projekte sei die Entsiegelungen zahlreicher Plätze. Aktuelle Vorhaben seien die Umgestaltung vom Naschmarkt-Parkplatz, der S-Bahn-Ring- und der U-Bahn-Ausbau. Die Bauordnung sei klimafit novelliert worden, „die größte Solaroffensive in der Geschichte Wiens gestartet“ und der „Dekarbonisierungsmotor mit ,Raus aus Gas‘“ gestartet worden. Mit dem neuen Wien-Plan beschließe man den Weg „für ein zukunftsorientiertes, klimafittes, lebenswertes Wien bis 2035 und darüber hinaus“, schloss Arapovic, die sich bei Planungsstadträtin Ulli Sima, bei Planungsdirektor Thomas Madreiter, beim Leiter der MA 18 Clemens Horak und bei allen Mitarbeiter*innen und externen Expert*innen sowie beim eigenen Team und Klub bedankte.
StR Peter Kraus, BSc (GRÜNE) betonte, er freue sich, über Stadtentwicklung und Stadtplanung reden zu können. Er begann mit Dank an die Mitarbeiter*innen für die Arbeit am Stadtentwicklungsplan. Der Wien-Plan habe Verspätung gehabt. Dass er dem Stadtentwicklungsplan nicht zustimmen könne, habe „mit den politischen Entscheidungen zu tun und damit, wie er entstanden ist und wie schnell er gekommen ist“. Der Stadtentwicklungsplan sei „kein Gesetz, das verbindliche Regeln enthält.“ Er sei ein „Beschluss des Gemeinderates, der leitend ist für die Abteilungen, aber auch für Bauträger“. Daher sei deren Beteiligung und Einbeziehung der Fachwelt für die Verbindlichkeit wichtig. Das sei „komplett ausgelassen worden“, kritisierte Kraus. Man habe den Eindruck, der neue Wien-Plan sei „ein Best-of des STEP 2025“. Das sei „nicht genug“. Kraus sagte zum Thema Grünraum, er glaube, man brauche „einen Masterplan dafür, wo in der Stadt wir mehr Wasser, mehr Bäumer, mehr Grün brauchen“. Städte brauchen „einen Beschattungsgrad von ungefähr 30 Prozent“, zitierte Kraus eine Studie. Wien habe einen Beschattungsgrad von rund 15 Prozent – also um die Hälfte zu wenig. Man müsse einen Masterplan entwickeln. „Jeder Baum in Wien ist ein Schutzschild gegen die Hitze“, so Kraus. Als zweiten Punkt nannte Kraus „gemischt genutzte Stadtquartiere“. Diese seien wichtig, weil hier viele Grundlagen vorhanden seien, auf denen man aufbauen könnte. Das sei im aktuellen Wien-Plan zu wenig berücksichtigt. Platz für Gewerbe, Bildung, Grünraum und Wohnen sei wichtig. „Gemischte Stadtquartiere sind lebendige Stadtquartiere“, so Kraus. Zum Thema Verkehr sagte Kraus, es gebe gute Startbedingungen – wie etwa die 365-Euro-Jahreskarte. Doch es „fehlt das Tempo für die Veränderung“. Das Ziel sei, „dass wir insgesamt einen kleineren Anteil der Wege mit dem Auto zurücklegen“. Kraus nahm Bezug auf die von Vorrednerin Arapovic angekündigten „Gartenstraßen“. Da gehe es darum, bei einem Abschnitt Durchzugsverkehr herauszunehmen, Platz für Schanigärten zu schaffen und so eine kleinteilige Verkehrsberuhigung zu ermöglichen – „eigentlich eine super Sache“, meinte Kraus. Hier sehe man aber, „dass der Mut fehlt“. Wien habe sich „25 solche Straßen in den nächsten zehn Jahren zum Ziel gesetzt“. Dagegen habe Paris 500 Gartenstraßen in den nächsten fünf Jahren als Vorhaben. „Da ist mehr möglich“, meinte Kraus. Beim Thema Renaturierung „liegen viele Chancen vor uns, die wir nutzen sollten“, so Kraus. Man müsse sich überlegen, „welchen Platz Grünraum in unserer Stadt hat“. Man müsse etwa das Wiental angehen. Da gehe es um „Abkühlung im Sommer, mehr Grünraum und mehr Lebensqualität für die Wienerinnen und Wiener“. Beim Thema „Leistbares Wohnen“ seien im Zeitraum von 2013 bis 2020 pro Jahr viel mehr geförderte Wohnungen pro Jahr fertiggestellt worden, als zuletzt im Zeitraum von 2020 bis 2024. Es braucht daher eine „dringende Kurskorrektur und Vorrang für geförderten Wohnbau in den nächsten Jahren. Der Markt wird das nicht regeln“, so Kraus. „Stadtentwicklung in Wien ist nicht das ,Anpatzen von Grünräumen‘, sondern das Entwickeln von Qualität, leistbarem Wohnraum, zusätzlichem Grünraum“, forderte Kraus. Es gebe 28 prioritäre Stadtentwicklungsgebiete, das sehe er positiv. Die hohen gesteckten Ansprüche solle man jedenfalls „verteidigen und nicht verstecken“. Das Thema „Bauwende“ sei ihm ebenfalls ein Anliegen. Da gehe es darum, „auch an der gebauten Stadt“ weiterzubauen. „Die Ressourcen, die schon gebaut sind, können weiter genutzt werden“, genauso wie die bereits vorhandene Infrastruktur. Beim Thema Kreislaufwirtschaft „müssen wir noch sehr viel machen“, man müsse sich auch überlegen, „wie wir mit Abrissen und einer Genehmigungspflicht von Abrissen“ umgehen und darauf achten, dass man den Lebenszyklus von Gebäuden mehr berücksichtige. Man werde „irgendwann für die Kreislaufwirtschaft, für Teile, die wir wiederverwenden wollen, Flächen in dieser Stadt brauchen“, so Kraus. Man müsse sich auch überlegen, „wie wir mit Gebäuden aus der Nachkriegszeit umgehen“. Auch beim Thema Photovoltaik gebe es viel zu tun. „Wir brauchen ein anderes Verständnis dafür, wie wir öffentlichen Raum planen und was öffentlicher Raum ist“, regte Kraus an. Das sei entscheidend für „Lebensqualität in dieser Stadt“, schloss Kraus.
GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) schloss an, es sei „höchste Zeit“ gewesen. Der Stadtentwicklungsplan hätte laut Olischar „bereits im letzten Herbst beschlossen werden sollen“. Sie habe den Eindruck, man sei sich „nicht bewusst, welche Auswirkungen die Verzögerung mit sich gebracht hat“, so Olischar. „Stadtentwicklung ist ein langwieriges Geschäft; dabei geht es darum, wie unsere Stadt aussieht, wie der Ort, an dem wir leben und den wir lieben, den wir unser Zuhause nennen, gestaltet wird“, meinte Olischar. Die Basis dafür lege der STEP. Er sei „primär eine politische Willenskundgebung“. Die „Problematik eines fehlenden Raumordnungsgesetzes in Wien“ habe man schon öfter thematisiert, so Olischar. Im Vergleich der letzten Stadtentwicklungspläne lasse sich erkennen, dass „die Inhalte von Mal zu Mal verwässert wurden“. „Mit diesem Plan soll eine Perspektive geschaffen werden. Die Inhalte und der eingeschlagene Weg sind relevant – und haben auch Auswirkungen“, sagte Olischar. Das habe auch Einfluss auf Entscheidungen von Unternehmen. Eine Verzögerung sei „verantwortungslos“, weil viele Stakeholder abwarten würden, in welche Richtung der STEP gehen soll. Die Stadtregierung habe damit „die Stadt zum Stillstand gebracht“, so Olischar, die mangelnde Transparenz bei der Erstellung des STEP kritisierte. Beteiligung und Kooperation werde als Grundpfeiler im STEP erwähnt. Olischar kritisierte, dass „weder relevante Organisationen noch die Bezirke eingebunden“ gewesen seien. Es sei keine Stellungnahme möglich gewesen. Private und Institutionen würden keine Rolle spielen: „Sie sind wichtige Player in dieser Stadt, ohne die Stadt vieles nicht schaffen würde.“ Stadtbild, Sichtachsen, Baukultur: Dazu sei nichts im neuen Stadtentwicklungsplan zu finden, merkte Olischar an. „Wie man die Kombination aus historischen Gebäuden, deren Weiterentwicklung in Hinsicht auf den Klimawandel schaffen kann, ist die Herausforderung in der Bestandsstadt.“ Bauordnung und STEP müssten zusammenpassen, so Olischar, die hier Widersprüchlichkeiten ortete. Sie brachte einen Antrag ein, um „die Bauordnung in eine Umbauordnung weiterentwickelt werden soll“, kündigte Olischar an. Die Frage, wie man künftig mit dem Bau von Hochhäusern umgehe, sei ebenfalls offen. „Die Öffis gelangen an ihre Kapazitätsgrenzen“, so Olischar. Damit werde die „Abhängigkeit vom eigenen Auto befeuert – vor allem in den Flächenbezirken“. Die Stadt tue aus ihrer Sicht „zu wenig, um das Umsteigen zu ermöglichen“. Die „angekündigte SUV-Steuer im Stadtentwicklungsplan“ sei „keine Lenkungsmaßnahmen, sondern nur da, um die Stadtkassa zu füllen“, meinte Olischar. Die Stadtregierung wolle „die Oberflächen von parkenden Autos frei machen“. Dasselbe wolle auch die ÖVP – allerdings anders. Olischar schlug „innovative Möglichkeiten, Garagen in der Stadt umzusetzen“ vor, etwa „Hochgaragen“ bzw. „Mobilitätshubs“ – mit Pkw- und Radabstellplätzen sowie Begrünungen. Die Stadt sei außerdem „nicht so richtig warm, mit Elektromobilität geworden“, kritisierte Olischar, Ladeinfrastrukur werde nicht ausgebaut, darunter leide etwa die Taxibranche. Olischar zeigte sich „enttäuscht vom Prozess, vom Desinteresse und von der Lustlosigkeit, der Stadtentwicklung, Gewicht zu geben.“ (Forts.) mag
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