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Massive Verstöße auf der „blauen Seite“ des ORF

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Das ORF-Gesetz sieht eine mengenmäßige Beschränkung auf 350 Beiträge pro Woche sowie der Textlänge auf der sogenannten „blauen Seite“ (orf.at) vor. Die OÖNachrichten haben nachgezählt. Fazit: Es gibt massive Verstöße.

Am 3. Mai 2023 griffen 14 heimische Tageszeitungen zu einem drastischen Mittel: Alle Titelseiten blieben an diesem Tag leer. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) wollte mit Aktionismus gegen das geplante ORF-Gesetz vorgehen, das für den öffentlich-rechtlichen Sender neben Mehreinnahmen von rund 40 Millionen Euro durch den ORF-Beitrag sowie den Streamingdienst ORF On auch eine Vielzahl von Artikeln auf der sogenannten „blauen Seite“ vorsah. Hauptkritikpunkt war, dass der ORF mit großen Redaktionsteams frei zugängliche Infos auf der gebührenfinanzierten Website des ORF kreieren kann, während die Medienhäuser ihre Exklusivmeldungen über Digital-Abos oder durch Paywalls zu monetarisieren versuchen.

Am 5. Juli 2023 beschlossen die Regierungsparteien ÖVP und Grüne das Gesetz – mit Einschränkungen für den Internet-Auftritt des ORF. 350 Meldungen auf der Startseite pro Woche waren per 1. Jänner 2024 nur noch erlaubt, die Textlänge wurde auf „nachrichtenmäßige Kurzberichterstattung“ beschränkt. Auch durften die Textbeiträge höchstens 30 Prozent des gesamten Contents auf der „blauen Seite“ betragen.

Wie eine einwöchige Zählung der OÖNachrichten im März ergab, geht man auf dem Küniglberg mit dem Paragrafen 4e des ORF-Gesetzes („Besonderer Auftrag für ein Onlineangebot“) eher sorglos um. Selbst bei defensiver Zählweise zugunsten des ORF stehen immer noch 522 statt der erlaubten 350 Meldungen zu Buche. Auch die Textlänge wird scheinbar beliebig ausgeweitet.

„Danke fürs Zählen. Das ist ein klarer Gesetzesbruch“, sagt die fachlich versierte Mediensprecherin der Neos, Henrike Brandstötter. Die „blaue Seite“ sei zwar sehr gut gemacht, stelle aber sehr wohl ein Problem dar, weil es die Gratismentalität beim Medienkonsum befeuere. Die neue Bundesregierung hat eine Überprüfung des Onlineauftritts übrigens im Regierungsprogramm festgeschrieben.

Medienberater und Politanalyst Peter Plaikner greift zu drastischen Worten: „Wenn ausgerechnet der öffentlich-rechtliche Sender anfängt zu bescheißen, dann haben wir ein wirkliches Problem. Man muss hier auch den Stiftungsrat in die Pflicht nehmen.“

Im Aufsichtsratsgremium des ORF gibt man sich auf Anfrage der OÖNachrichten überrascht. „Ich bin davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Beschränkungen eingehalten werden. Im Stiftungsrat wurde das Thema nicht so explizit nachgefragt“, sagt Katharina Hofer, ORF-Stiftungsrätin für Oberösterreich. Und der Vorsitzende Lothar Lockl sagt in einer ersten Stellungnahme: „Ich ersuche um Verständnis, dass ich zum konkreten Fall nichts sagen kann, weil ich die Fakten noch nicht kenne. Grundsätzlich bekenne ich mich selbstverständlich dazu, dass das ORF-Gesetz eingehalten wird.“

Dafür ist zweifellos der ORF zuständig, für die Überprüfung neben dem Stiftungsrat die Medienbehörde KommAustria. Allerdings gilt hier das Prinzip „Wo kein Kläger, da kein Richter“: „Allfällige Verfahren der KommAustria, in diesem Fall gegen den ORF, erfordern eine Beschwerde betroffener Dritter oder wenigstens eine Sachverhaltsdarstellung, der die KommAustria nachgehen könnte“, erklärt Pressesprecher Andreas Kunigk.
Eine solche Beschwerde überlegt man beim VÖZ: „Wir können Ihre Wahrnehmungen bestätigen und haben dem ORF mitgeteilt, dass die publizierten Texte zu lang sind und nicht dem ORF-Gesetz entsprechen“, sagt Geschäftsführer Gerald Grünberger.
Der ORF gibt sich bedeckt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gebe es weder Interviews noch Stellungnahmen zur „blauen Seite“, hieß es.

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