Verunglimpfende Äußerungen über Anti-FPÖ-Demonstrierende | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Verunglimpfende Äußerungen über Anti-FPÖ-Demonstrierende

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Der Senat 3 des Presserats bewertet den Beitrag „Donnerstags-Demos: Anti-FPÖ Proteste starten“, der in Form eines Livestreams auf „oe24.at“ veröffentlicht wurde, als geringfügigen Verstoß gegen Punkt 7 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Schutz vor Pauschalverunglimpfung und Diskriminierung).

In dem Beitrag wird Gerald Grosz anlässlich der Demonstration vom 03.10.2024 gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ interviewt. Er äußert sich über die Demonstrierenden u.a. wie folgt: Die Demonstranten würden den Straßenkampf suchen. Die vermeintlichen Anti-Faschisten, die in Wahrheit die Faschisten seien, von den Grünen und der SPÖ würden in ihrer Suizidaldepression über das Fortlaufen ihrer eigenen Wähler trampelnd auf die Straße gehen – diese ganzen Elefanten. Optisch sei das hübsch-hässlich, am Ende aber vor allem pathologisch. Junge Menschen, die sich vor einer FPÖ-Regierungsbeteiligung fürchten, würden behandelt gehört, Deaxit, 15 mg, sei ein probater Angstlöser, Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, die Psychiatrie gebe sehr viele Medikamente her. Was gehe in solchen kranken Hirnen vor, die weinen, weil die Österreicherinnen und Österreicher frei und demokratisch einen Willen zum Ausdruck bringen. Wo seien diese ganzen verwackelten Gestalten, dieses arbeitsscheue Gesindel, gewesen, als die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicherinnen und Österreicher ausgehöhlt worden seien? Wo sei das arbeitsscheue Gesindel, wenn ein Burgschauspieler 40.000 Kinderpornos sammle? Nach dem Terroranschlag seien keine 10.000 Menschen auf der Straße gewesen, da haben sie alle ihr dreckiges Maul gehalten. Man sollte vielmehr dagegen demonstrieren, dass versucht werde, gegen den Wunsch der Bürger und die Demokratie eine Regierung zu bilden, da würden sie auch ihr verlogenes Maul halten. Und wenn diese Idioten nicht endlich einmal aufhören würden, ständig mit diesen Begriffen aus der Vergangenheit, die nur für Schrecken, Tod und Terror stehen, quasi zu kaschieren, dass sie sonst keine parteipolitische Meinung haben, dann tusche es einmal gewaltig. Die Moderatorin hat auf diese Ausführungen nicht weiter reagiert, am Ende des Beitrags bedankt sie sich für die spannende Analyse.

Eine Leserin wandte sich an den Presserat und kritisierte den Kommentar von Gerald Grosz als beleidigend gegenüber den Demonstrierenden.

Die Medieninhaberin nahm nicht am Verfahren teil.

Der Senat stuft die Äußerungen von Gerald Grosz eindeutig als pauschal verunglimpfend und diskriminierend ein. Insbesondere die Bezeichnung „arbeitsscheues Gesindel“ und der Hinweis, dass die Demonstrierenden psychiatrisch behandelt werden sollten, sind pauschale Beleidigungen.

Zur Frage, ob sich das Medium die beleidigenden Äußerungen von Gerald Grosz zurechnen lassen muss, hält der Senat Folgendes fest: Im Rahmen eines Zitats oder eines in eine Sendung eingeladenen Analysten dürfen grundsätzlich auch fragwürdige Ansichten veröffentlicht werden. Voraussetzung ist hierfür jedoch, dass sich das Medium die Äußerungen nicht aneignet bzw. sich nicht mit diesen identifiziert. Eine Identifikation des Mediums mit den Äußerungen von Grosz liegt nach Auffassung des Senats zwar nicht vor. In einem weiteren Schritt ist jedoch zu prüfen, ob sich das Medium auf eine angemessene Art und Weise von den Zitaten abgegrenzt hat. Für eine Verpflichtung zur Abgrenzung spricht zum einen, dass die Verunglimpfungen durch Grosz evident sind, zum anderen aber auch, dass Grosz für seine derben und oft überschießenden Aussagen bekannt ist.

Die Moderatorin hat sich von den verunglimpfenden Tiraden von Grosz nicht abgegrenzt. Sie hat deren diskriminierenden Gehalt auch nicht thematisiert, sondern sich am Ende des Beitrags bei Grosz sogar „für die spannende Analyse“ bedankt. Da Grosz für seine deftigen Stellungnahmen bekannt ist, geht der Senat nicht davon aus, dass die Moderatorin von der Ausdrucksweise des Interviewten überrascht worden wäre.

Demgegenüber ist dem Medium zugute zu halten, dass die problematischen Bewertungen in erster Linie Grosz zuzurechnen sind und er sich in einer Live-Sendung geäußert hat. Außerdem hat die Journalistin Grosz während des Interviews in seinen Auffassungen zumindest nicht bestärkt. Dennoch qualifiziert der Senat im Ergebnis die Weiterverbreitung der Auffassungen von Grosz ohne einen einzigen Hinweis auf deren verunglimpfenden Charakter aus medienethischer Sicht als bedenklich.

In Anbetracht der spezifischen Umstände des konkreten Falles erachtet es der Senat noch für gerechtfertigt, bloß einen geringfügigen Verstoß gegen den Punkt 7 des Ehrenkodex (Schutz vor Pauschalverunglimpfungen und Diskriminierung) festzustellen und einen Hinweis auszusprechen.

Darüber hinaus empfiehlt der Senat, ein klärendes Gespräch mit Gerald Grosz zu führen.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINER LESERIN

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer Mitteilung einer Leserin ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht.
Die Medieninhaberin von „oe24.at“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin von „oe24.at“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkannt.

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