Grundrechts-NGO kritisiert neue Überwachungsmaßnahmen und fehlende Stärkung der IT-Sicherheit im neuen Regierungsprogramm | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Grundrechts-NGO kritisiert neue Überwachungsmaßnahmen und fehlende Stärkung der IT-Sicherheit im neuen Regierungsprogramm

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Die Grundrechts-NGO epicenter.works äußert tiefgreifende Bedenken zum Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS. Die Ausweitung staatlicher Überwachungsmaßnahmen, der digitale Ausweiszwang (Klarnamenpflicht) sowie verdachtsunabhängige Maßnahmen im Bereich Asyl und Migration lassen vermuten, dass auf die Höchstgerichte viel Arbeit zukommt.

Die NGO veröffentlicht eine detaillierte Analyse sowie eine ampelfarben Einordnung aller netzpolitisch relevanten Maßnahmen.

Bundestrojaner: Sicherheitslücken statt Cybersicherheit

Das Regierungsprogramm verweist auf den letzten Entwurf der ÖVP zur Einführung eines Bundestrojaners – trotz 94 % negativer Stellungnahmen im damaligen Begutachtungsprozess. Dieses Vorhaben macht Österreich noch angreifbarer für Hacker und Cyberangriffe, da es das absichtliche Offenhalten von Sicherheitslücken erfordert – die dann auch Kriminellen und fremden Staaten zur freien Verfügung stehen.

180°-Wende von SPÖ und NEOS
Besonders erschreckend ist, dass SPÖ und NEOS, die 2019 aktiv ein ähnliches Gesetz zur Legalisierung eines Bundestrojaners (damals von ÖVP und FPÖ) gemeinsam mit uns beim Verfassungsgerichtshof zu Fall gebracht haben, nun mit der ÖVP mitziehen. Beide Parteien hatten sich bisher klar für den Schutz der Grundrechte ausgesprochen, vollziehen in dieser Sache jetzt aber doch eine radikale Kehrtwende.

IT-Sicherheit bleibt vage und unkonkret

Obwohl Cybersicherheit als Priorität genannt wird, fehlen konkrete Strategien und ausreichend Ressourcen für eine wirksame Umsetzung. Stattdessen wird durch den Bundestrojaner die IT-Sicherheit geschwächt. Epicenter.works fordert daher die rasche Einberufung einer Nationalrats-Enquete, um notwendige Maßnahmen fachlich fundiert zu diskutieren und der IT-Sicherheit Österreichs endlich die nötige Priorität zu geben.

Nicht zuletzt droht Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der versäumten Umsetzung der NIS2-Richtlinie der EU. Die dafür notwendige Verfassungsmehrheit hat die Dreierkoalition nicht.

Digitaler Ausweiszwang: Eingriff in die Meinungsfreiheit

Die ÖVP setzt ihre Forderung aus 2018 nach einem digitalen Ausweiszwang durch. Das gefährdet die Meinungsfreiheit, schließt Menschen ohne digitale Identität aus und gibt persönliche Daten an große Plattformbetreiber weiter. Ohne belegbaren Nutzen für die Strafverfolgung, ist diese Maßnahme unverhältnismäßig und hochproblematisch.

Präventivhaft und Generalverdacht vulnerabler Gruppen

Epicenter.works sieht in der vagen Formulierung „Prüfung weiterer freiheitsbeschränkender Maßnahmen gegen Gefährderinnen und Gefährder“ eine mögliche Einführung der Präventivhaft. Freiheitsentzug ohne vorherige strafbare Handlung wäre ein massiver Verstoß gegen die EU-Grundrechtecharta und die Europäische Menschenrechtskonvention.

Besonders kritisch ist auch die geplante verdachtsunabhängige Handyauswertung von Asylsuchenden. Ein solch schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte besonders vulnerabler Menschen wurde in Deutschland bereits gerichtlich als rechtswidrig eingestuft.

Forderung nach Transparenz und Überwachungsgesamtrechnung

Statt immer neuer Überwachungsmaßnahmen fordert epicenter.works eine umfassende Evaluierung bestehender Gesetze durch eine Überwachungsgesamtrechnung. Bevor neue Maßnahmen eingeführt werden, müssen bestehende Instrumente evaluiert und auf ihre Effektivität und Verhältnismäßigkeit geprüft werden.

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