Kunstwettbewerb: „Graz Center of Physics“ bekommt Augen
Zwei Augen werden aus der Glasfassade des „Graz Center of Physics“ nach außen blicken. Die Installation von Hofstetter Kurt ging aus einem Wettbewerb von BIG ART, der Kunstinitiative der Bundesimmobiliengesellschaft, als einer der beiden Sieger hervor. Zusätzlich wird Nicolás Lamas eine hintergründige Arbeit, die eine Computertastatur mit einem Kommunikationssystem der Inka verbindet, umsetzen.
Bis zur Fertigstellung des „Graz Center of Physics“, einem der größten Universitätsbauprojekte Österreichs, das die Bundesimmobiliengesellschaft derzeit für die Universität Graz und die TU Graz errichtet, im Jahr 2030 ist noch ein wenig Zeit. Aktuell wurde der künstlerische Wettbewerb entschieden. Zwei Kunstprojekte hat die Jury zu Siegern gekürt; beide knüpfen eine Verbindung zu den Forschungsthemen am „Graz Center of Physics“.
Hofstetter Kurt: Seeing the Invisible to be heard
Die Augen, die Reisende am ehemaligen Wiener Südbahnhof begrüßten, sind vielen noch in Erinnerung. Für das „Graz Center of Physics“ greift Hofstetter, der als Pionier der österreichischen Konzept- und Medienkunst gilt, diese Idee erneut auf und verbindet sie mit einem nicht endenden physikalischen Experiment: Zwei Augen – dargestellt auf zwei Monitoren – werden durch die Glasfassade des Gebäudes blicken und mit dem Auf und Zu ihrer Lidschläge in Kommunikation mit der Außenwelt treten. Das Augenpaar ist mit „Cosmic Watch-Myon-Detektoren“ verbunden, die unsichtbare Elementarteilchen aus dem Kosmos aufspüren. Sobald eine definierte Anzahl an Myonen detektiert wird, werden sich die Augen für einen Moment schließen und gleichzeitig ein Zirpen aussenden. Dieses Zirpen der „Myonenschauer“ ist in unmittelbarer Nähe der Augen rundum hörbar und verschafft unsichtbaren Elementarteilchen aus dem Kosmos Gehör auf der Erde.
Nicolás Lamas: Knotledge
Lamas' Entwurf sieht eine Skulptur vor, die von der Verschmelzung zweier unterschiedlicher Systeme der Archivierung von Information lebt: Das heutige Computer Keyboard (als Schlüssel zu unserer digitalen Informationsverarbeitung) und die Khipu, eine Art Knotenschrift, mit der die Inka Zahlen und Informationen darstellten und speicherten. Die Basis von Lamas' großformatiger Wandskulptur bildet ein Tastaturschaltkreis, dessen einzelne Tastenpunkte als Knoten ausgeführt sind, die von verschiedenen in Khipus verwendeten Typen inspiriert wurden. Geformt wird die Skulptur aus Eisenbewehrungsstäben, die auch zur Verstärkung von Betonstrukturen in Gebäuden Verwendung finden.
Christine Dornaus, Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft: „Mit unseren BIG ART Projekten wollen wir Kunst an Orte bringen, die besonders frequentiert sind. Das Graz Center of Physics ist so ein Ort und ich freue mich, dass dort gleich zwei Mal Kunst im öffentlichen Raum zu sehen sein wird. Es entsteht mitten im Grazer Univiertel, über 2.000 Menschen werden dort studieren, lehren und arbeiten und die Nachbarschaft laden wir auf die Stadtterrasse mit Schlossbergblick ein. Die Augen von Hofstetter Kurt werden die Besucherinnen und Besucher mit einem forschen Blick ins Universum und mit einen Zwinkern begrüßen; die Skulptur des peruanischen Künstlers Nicolás Lamas verbindet moderne Informationstechnologien mit der traditionellen Knotenschrift der Inkas.“
Über das Graz Center of Physics
Das „Graz Center of Physics“ wird von der Bundesimmobiliengesellschaft für die Universität Graz und die TU Graz errichtet und die Physik-Institute der beiden Universitäten ab dem Jahr 2030 an einem Standort vereinen. So werden die Synergien in Forschung, Lehre und Infrastruktur weiter gestärkt. Architektur: fasch&fuchs.architekten
Begründungen der Wettbewerbsjury
Die Arbeit von Hofstetter Kurt gibt dem Gebäude mit einem digitalen Augenpaar ein sehr persönliches Gesicht, das einen visuellen Dialog mit uns aufnimmt und so das Innere der Universität nach außen trägt. Und gleichzeitig lädt es uns ein, in den Kosmos zu blicken. Über eine einfache menschliche Kontaktebene, dem „In-die-Augen-schauen“, lässt uns Hofstetter in die komplexe Welt der wissenschaftlichen Grundlagenforschung und der Relativitätstheorie einsteigen und verbindet den Innenraum mit dem Außenraum. „Seeing the invisible to be heard“ überzeugt in der Einfachheit seiner visuellen Information und öffnet einen Bezug zu menschlichem Forschergeist. Die Taktung des Lidschlags der Augen durch einen Myon-Detektor (der unsichtbare Elementarteilchen aus dem Kosmos aufspürt) stellt eine konkrete Verbindung zu den komplexen Forschungsinhalten des Graz Center of Physics dar, genauso wie die akustische Information, die als Soundwolke eine subtile Aura um das Objekt herum schafft.
Nicolás Lamas schafft mit einem überraschend einfachen Formenvokabular eine poetische Metaebene für die heutige komplexe Kommunikations- und Informationstechnik. Sein Projekt verflicht auf assoziative Weise zwei unterschiedliche Realitäten, die jedoch beide auf denselben (binären) Code zurückgreifen. Die Verbindung einer althergebrachten, nicht vollständig entschlüsselten Kommunikationsweise aus einem anderen Kulturkreis, der Khipu (der einzigartigen, im dezimalen Stellenwertsystem aufgebauten Knotenschrift der Inkas), mit einem neuen, weit verbreiteten digitalen System mit dem Computer Keyboard als Symbol öffnet den Geist für visuelle Assoziationen genauso wie für Reflexionsprozesse – insbesondere in Kombination mit dem Narrativ des gewählten Materials, das als archaisches Element die verborgene Struktur des Gebäudes nach außen hin sichtbar macht. Dieser Reichtum der zugrundeliegenden Ideen lebt in der Skulptur weiter und überzeugt durch seine Umsetzung an einem Gebäude, in dem neues Wissen generiert wird.
Nicolás Lamas
Geboren 1980 in Lima, Peru. Lebt in Brüssel.
Seine Arbeiten wurden u.a. in der Fundació Joan Miró in Barcelona (ES), im Design Museum Gent (BE) und im mumok Wien ausgestellt.
Nicolas Lamas' Skulpturen sind hybride Kompositionen aus (technischen) Alltagsgegenständen, Materialien aus der Natur und historischen Artefakten und verbinden Kunst, Technologie, Wissenschaft und sprachliche Referenzen. In seinen Assemblagen kombiniert der Bildhauer oft gegensätzliche Objekte und Materialien miteinander und hinterfragt unsere Sichtweise, Einordnung und Interpretation der Welt.
Hofstetter Kurt
1959 in Linz geboren, lebt und arbeitet in Wien. Konzept- und Medienkünstler, Komponist.
2020 Österreichischer Kunstpreis – Medienkunst, 2015 Austrian Outstanding Artist Award – Interdisciplinarity. Internationale Medienkunstprojekte, permanente Medienkunstinstallationen im öffentlichen Raum, Begründer der Ambient Media Art, der Neuen Irrationalen Muster, der Ambient Tactile Art und der Supersymmetrische Kompositionsmethode. Ausstellungen und Events international. Künstlergemeinschaft mit Barbara Doser in den Bereichen Video und Videoinstallation unter Parallel Media – Barbara Doser || Hofstetter Kurt seit 1994.
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