Bescheid aus Bosnien: Umstrittenes Gefängnislager im Camp Lipa wird abgerissen
Das 2023 illegal errichtete und nie in Betrieb genommene Gefängnis im berüchtigten bosnischen Camp Lipa, auch als „Österreichisches Guantanamo“ bekannt, muss abgerissen werden. Dies geht aus einem offiziellen Bescheid der Baubehörde der bosnischen Stadt Bihać hervor.
Eineinhalb Jahre nachdem SOS Balkanroute das illegale und geheim gehaltene Projekt des ÖVP-nahen International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) öffentlich gemacht hat, wurde heute bei einer Pressekonferenz in Wien die beglaubigte Übersetzung des Abrissbescheids präsentiert – gemeinsam mit dem bosnischen Minister für Geflüchtete und Menschenrechte Sevlid Hurtić. Das ICMPD hatte zuvor die NGO und ihren Gründer Petar Rosandić wegen ihrer Kritik am ICMPD-Gefängnis mit einer erfolglosen SLAPP-Klage bedroht.
Ohne Baugenehmigung auf Cricket-Feld errichtet
„Die Untersuchungen vor Ort ergeben, dass das Objekt, die sog. 'Hafteinheit', durch die Genehmigung der Stadt und durch die Baugenehmigung nicht erfasst wurde, sowie, dass der Nutzer des Standorts ein Objekt errichtet hat, das Gegenstand der Inspektionsaufsicht ist – die sogenante 'Haftzelle' – ohne die Genehmigung des Büros für die Stadtplanung und ohne die Baugenehmigung vorher anzuschaffen“, stellt der Bescheid der Bauinspektion der Stadt Bihać fest.
Das Sicherheitsministerium in Bosnien-Herzegowina, Partner des ICMPD, hat gegen den Bescheid Beschwerde eingelegt.
„Verbrennung von Steuergeldern“
Das Camp Lipa wurde bekanterweise zu 2/3 mit österreichischen Steuergeldern bzw. (durch Parlamentsabfragen bestätigten) 1,1 Millionen Euro errichtet. Die 500.000 Euro für das illegal gerichtete Gefängnis hingegen stammen aus Töpfen der EU-Kommission. Die Verantwortung seitens der EU für das Projekt trug Orbans Mann in Brüssel, damals EU-Erweiterungskomissar Olivér Várhelyi.
„Die chronische Entrechtung Geflüchteter muss aufhören, genauso wie die Verbrennung von europäischen und österreichischen Steuergeldern an den EU-Außengrenzen. Der Fall des illegalen Gefängnisses in Lipa ist ein Fall für die Europäische Betrugsbekämpfung OLAF. Gefordert ist aber auch der neue EU-Migrationskomissar Magnus Brunner. Hier muss endlich Recht und Ordnung hergestellt werden“, forderte Rosandić.
Der Fall reiht sich in eine Serie von Vorwürfen gegen das ICMPD ein. Zuletzt zog sich die Schweiz wegen Korruptionsverdachts bei ICMPD bei einem 1,2 Millionen Euro schweren ICMPD-Projekt in Bosnien zurück. Ende April wurden Vorwürfe von „Ärzte ohne Grenzen“ laut, wonach das österreichische Innenministerium und das ICMPD eine Rolle bei der Unterstützung der tunesischen Grenzpolizei gespielt haben könnten, die wegen ihrer massiven Gewalt gegen Geflüchtete in der Kritik steht.
Amnesty International fordert Kurswechsel in Migrationspolitik
„Der Abriss des Gefängnislagers in Lipa zeigt: Engagement für Menschenrechte wirkt. SOS Balkanroute hat sich trotz SLAPP-Klagen und Einschüchterungsversuchen für die Rechte Geflüchteter eingesetzt und einen wichtigen Sieg errungen“, betonte Shoura Hashemi von Amnesty International Österreich.
Amnesty International sieht im Fall Lipa ein erschreckendes Beispiel für die Migrationspolitik der EU: „Die Externalisierungspolitik der EU schafft neues Leid. Europäische Länder schieben ihre Verantwortung ab, während Menschen auf der Flucht in immer bedrohlichere Situationen geraten. Diese Politik muss ein Ende haben“, fordert Hashemi.
5-Jahres-Feier wird zur Abrissparty
Bei der Pressekonferenz wurde die morgige 5-Jahres-Feier der SOS Balkanroute in der ARENA Wien (Beginn 18 Uhr) ganz offiziell zur Abrissfeier erklärt.
Der Feier beiwohnen und Ansprachen halten werden nicht nur der bosnische staatliche Minister für Geflüchtete Sevlid Hurtic, sondern auch der Wiener Stadtrat für Soziales Peter Hacker, die Omas gegen Rechts, Klaus Schwertner (Caritas Wien), Erich Fenninger (Volkshilfe), Maria Katharina Moser (Diakonie) und viele zivilgesellschaftliche Akteur:innen.
Mit ESRAP & Gasmac Gilmore, Honigdachs Bande (Kreiml & Samurai, Monobrother, uvm.), BAITS, Roman Gregory, uvm. ist für genügend Musik gesorgt. Das ganze Programm finden Sie hier.
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