Digitaler Humanismus: Neues Doktoratskolleg an drei Wiener Unis startet
Mit dem Start des Doktoratskollegs „Digitaler Humanismus“ im Wintersemester 2024 setzt Wien ein starkes Zeichen für die interdisziplinäre Erforschung der Digitalisierung und digitaler Praktiken. Das Doktoratskolleg ist eine gemeinsame Initiative der Stadt Wien und des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF), über den das Programm auchgefördert wird. Die Spannweite ist einzigartig und ermöglicht eine umfassende Problemsicht: Die Universität Wien, die Technische Universität Wien (TU Wien) und die Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) sind mit Forscher:innen aus insgesamt neun Fakultäten bzw. Departments dabei. Die ca. 1,8 Mio. Euro Fördermittel kommen aus einer gewidmeten Finanzierung der Stadt und vom WWTF. Zusammen mit dem finanziellen Beitrag der drei Universitäten zum Doktoratskolleg wird in den nächsten fünf Jahren Gesamtvolumen von 3,2 Mio. Euro für 10 Doktorand:innenstellen bereitgestellt. Dazu werden weitere etwa zehn PhD-Student:innen stoßen, die über andere Drittmittel finanziert sind. Somit bietet das Doktoratskolleg zahlreichen jungen Forscher:innen eine einzigartige Gelegenheit, interdisziplinär an der Schnittstelle von Technologie und Gesellschaft zu arbeiten.
„Mit dem neuen Doktoratskolleg investieren wir gezielt in die Zukunft der Forschung und in die Ausbildung von Wissenschaftler:innen, die die gesellschaftlichen Implikationen der Digitalisierung kritisch hinterfragen und konstruktive Vorschläge für die künftige Gestaltung digitaler Technologien machen“, erklärt Wiens Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler. „In Zusammenarbeit mit dem WWTF schaffen wir eine Plattform, die Wien als führenden Forschungsstandort für Digitalen Humanismus weiter etabliert. Unser Ziel ist es, technologische Entwicklungen im Dienst der Gesellschaft voranzutreiben.“
Hintergrund: Was ist Digitaler Humanismus?
Der Digitale Humanismus stellt die kritische Frage, wie technologische Entwicklungen verantwortungsvoll gestaltet und in Einklang mit menschlichen Werten gebracht werden können. Die zunehmende Bedeutung von Themen wie Künstliche Intelligenz, Rechte und Rechtsstaat im digitalen Zeitalter, ethikbasierte Algorithmen, wirtschaftliche Monopolbildungen und soziale Gerechtigkeit machen es notwendig, technologische Innovationen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und gegen technologischen Determinismus anzutreten. Das Doktoratskolleg soll junge Wissenschaftler:innen dazu befähigen, diese Herausforderungen aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven zu bearbeiten und so einen Beitrag zur Gestaltung einer verantwortungsvollen digitalen Zukunft zu leisten.
Kooperation zwischen Stadt Wien und WWTF
Die Stadt Wien und der WWTF haben eng zusammengewirkt, um das Doktoratskolleg als langfristiges Förderprogramm zu etablieren. Die Ausschreibung dazu erging im Jahr 2023 an die Wiener Universitäten, mit dem Ziel, dass sich ein institutionsübergreifendes Konsortium bildet, um die Kompetenzen zum Digitalen Humanismus in Wien zu bündeln. Die Stadt Wien stellte dabei zusätzlich 1,2 Mio. Euro bereit, um die Ausbildung und Vernetzung der jungen Forscher:innen zu unterstützen. Diese Förderung ergänzt die Mittel, die der WWTF für das Programm zur Verfügung stellt. Die Kooperation zwischen Stadt und WWTF unterstreicht das gemeinsame Ziel, Wien als Vorreiter für verantwortungsvolle und innovative Forschung zu positionieren, dies unterstreicht WWTF-Präsident Michael Häupl: „Mit dem Doktoratskolleg und den Aktivitäten des WWTF beim Digitalen Humanismus wird eine lange Wiener Tradition, die mit dem Wiener Kreis begonnen hat, fortgesetzt. Dass Wien eine der lebenswertesten Städte der Welt ist, soll auch im Zeitalter der Digitalisierung gelten. Der Digitale Humanismus vereint damit zwei große Aufgaben: Auf unser Miteinander aufpassen und die Chancen der Digitalisierung nutzen.“
Interdisziplinäre Kooperation über drei Wiener Universitäten hinweg
Das Doktoratskolleg wird in enger Kooperation der Universität Wien, der TU Wien und der WU Wien durchgeführt. Diese Zusammenarbeit vereint die Stärken der beteiligten Universitäten in verschiedenen Disziplinen und ermöglicht es den Doktorand:innen, von diesem breiten Spektrum zu profitieren. Informatiker:innen und Technikexpert:innen werden mit Methoden arbeiten können, die von Beginn an die soziale und ethische Dimension in die Technologie einbauen, während Geistes- und Sozialwissenschaftler:innen die technischen Aspekte digitaler Technologien in der Tiefe verstehen lernen, um so im Kollektiv digitale Zukunft kritisch und konstruktiv mitgestalten zu können. Manuela Baccarini, Vizerektorin der Universität Wien erklärt: „Für uns als Universität Wien bringt der Digitale Humanismus wichtige Wissenschaftsfelder des Hauses – die Sozial-, Geistes- und Computerwissenschaften – auf eine neue Weise zusammen. Damit wird ein exzellenter Rahmen geschaffen, durch die interdisziplinäre Ausbildung Digitalisierung nachhaltig zu gestalten und die Zusammenarbeit mit den anderen Universitäten am Standort auszubauen.“ Auch der TU Wien ist die Integration technischer und gesellschaftlicher Fragen ein zentrales Anliegen: „Nicht erst seit dem ‘Wiener Manifest für Digitalen Humanismus‘ engagieren wir uns dafür, Forscher:innen aus der Informatik über verschiedene Aktivitäten für menschenzentrierte Perspektiven bei der Anwendung digitaler Technologien zu sensibilisieren. Das Doktoratskolleg bietet eine langfristige Möglichkeit, diese Ansätze am Standort gemeinsam mit Uni Wien und WU Wien weiterzuentwickeln und unsere Informatiker:innen mit geistes- und sozialwissenschaftlichen Forscher:innen zusammenzubringen. Damit leben wir unser Motto: Technik für Menschen.“, so Vizerektor der TU Wien Peter Ertl.
Bernadette Kamleitner, Vizerektorin der WU Wien ergänzt: „Das Doktoratskolleg ist eine Chance für die WU Wien, uns weiterhin intensiv für den Digitalen Humanismus zu engagieren. Die Ausbildung junger Wissenschaftler:innen ist der WU ein ganz besonderes Anliegen. Mit dem Doktoratskolleg schaffen wir es, über Disziplinen und Institutionen hinweg Absolvent:innen auszubilden, die Digitalisierung auf der Basis von profundem Wissen menschengerecht gestalten können. Gerade eine Wirtschaftsuniversität ist angesichts der großen Marktmacht einzelner Plattformen hier gefordert hervorragend ausgebildete Forscher:innen auszubilden.“
Ausbildung und internationale Vernetzung
Das Doktoratskolleg wird 20 Doktorand:innen finanzieren, wobei diese ihr reguläres Studium an den jeweiligen Universitäten abschließen und durch das Kolleg Unterstützung erhalten. Zusätzlich kommen noch Doktorand:innen hinzu, die bereits in von WWTF geförderten Projekten zum Digitalen Humanismus forschen. Umgesetzt werden spezielle Formate, die den interdisziplinären Austausch, die Karriereentwicklung und die internationale Vernetzung fördern. Dazu gehören unter anderem Sommerschulen, Workshops und Formate, die den internationalen wissenschaftlichen Diskurs beleben. Über die Förderung erhalten die Jungwissenschaftler:innen komplementäres Wissen, Begegnungsräume und eine Anstellung als Doktorand:innen. Im Rahmen des Doktoratskolleg „Digitaler Humanismus“ sollen „Als Inhaber des UNESCO-Lehrstuhls für Digitalen Humanismus setze ich mich mit den gesellschaftlichen Herausforderungen in Folge der digitalen Transformation auseinander. Eine solche Initiative für Wien wird uns in den nächsten Jahren dabei helfen die nächste Generation an jungen Nachwuchswissenschaftler:innen für dieses Thema zu begeistern.“, so Peter Knees von der TU Wien. Mit seinen Kolleg:nnen an der Uni Wien und WU Wien, Sophie Lecheler und Marta Sabou, koordiniert Peter Knees das Doktoratskolleg.
Zukunftsweisende Forschung für die Gesellschaft
Mit dem neuen Doktoratskolleg wird ein entscheidender Beitrag zur Ausbildung einer Generation von Forscher:innen geleistet, die in der Lage sind, die Herausforderungen der Digitalisierung in ihrer vollen Komplexität zu erfassen und Lösungen für die damit einhergehenden Herausforderungen vorzuschlagen. Die Kooperation zwischen der Stadt Wien, dem WWTF und den drei Universitäten sorgt dafür, dass technologische Innovation in einem gesellschaftlich verantwortungsvollen Rahmen gedacht und umgesetzt werden kann.
„Als Förderorganisation ist es uns nicht nur ein Anliegen, die Forschung am Standort zu stärken, sondern auch in Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu investieren. Das Doktoratskolleg tut dies auf eine innovative Weise, indem es die breit gefächerten Sozial- und Geisteswissenschaften mit den Computerwissenschaften am Standort zusammenbringt, und so einzigartige Forschungsmöglichkeiten für den wissenschaftlichen Nachwuchs zum Thema Digitalisierung schafft“, so WWTF-Geschäftsführer Michael Stampfer.
„Das Doktoratskolleg ‚Digitaler Humanismus‘ ist mehr als ein reines Forschungsprogramm – es ist eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft“, fasst Veronica Kaup-Hasler zusammen. „Wien zeigt damit, dass Wissenschaft und Gesellschaft Hand in Hand gehen müssen, um die Chancen der Digitalisierung bestmöglich zu nutzen.“
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