Der stille Kampf und der Wettlauf um die Zeit: Pulmonal arterielle Hypertonie | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Der stille Kampf und der Wettlauf um die Zeit: Pulmonal arterielle Hypertonie

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Die Patientenvereinigung ‚PH Austria – Initiative Lungenhochdruck‘, lud am 25.September zu einer Pressekonferenz in das APA-Pressezentrum, um auf die stillen Leiden und Kämpfe, die mit der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) einhergehen, aufmerksam zu machen. Das generelle Bewusstsein für die lebensbedrohliche Krankheit sollte innerhalb der Bevölkerung geschärft werden, um so auch etwa den noch immer sehr langen Diagnoseweg zu verkürzen.

Die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) ist eine schwere und fortschreitende Erkrankung, die unbehandelt zum Tod führt. „Betroffene leiden unter einem erhöhten Blutdruck in den Arterien der Lunge, was zu einer Überlastung des Herzens und schließlich über das Versagen des rechten Herzventrikels zum Tod führt. Diese Krankheit betrifft nicht nur ältere Menschen, sondern auch viele jüngere Personen, insbesondere Frauen, und sogar Kinder.“ Erklärt Assoz.-Prof. Dr. med. univ. Gabor Kovacs, Leiter der PAH Ambulanz und des klinischen Research Units für Pulmonale Hypertonie an der Medizinischen Universität Graz.

Trotz Therapie bleibt die Sterblichkeitsrate bei PAH hoch, da etablierte Behandlungen zwar die Symptome lindern, jedoch die Ursache der Erkrankung nicht bekämpfen. PAH stellt eine erhebliche Belastung für die Betroffenen dar, da Symptome wie schwere Atembeschwerden, extreme Müdigkeit und chronische Erschöpfung den Alltag massiv einschränken. Viele Patient:innen sind nicht mehr in der Lage, alltägliche Aufgaben zu bewältigen oder einfache körperliche Aktivitäten durchzuführen. In den schwersten Fällen ist sogar jegliche körperliche Betätigung im Ruhezustand unmöglich, wodurch die eigene Autonomie zur Gänze wegfällt. „Selbst einfache Treffen mit Freunden wurden unmöglich, weil der Weg ins Café zu anstrengend war. In dieser Zeit fühlte ich mich oft „wertlos“. Irgendwann verbringt man nämlich die meiste Zeit einfach nur noch auf der Couch und konzentriert sich darauf, seinen nächsten Atemzug zu tun“, beschreibt Eva Otter, selbst Betroffene und Kontaktstelle für Betroffene bei der Patientenvereinigung PH Austria, den stillen Kampf, den die Erkrankung mit sich bringt. Still, weil die Energie für alles andere schlichtweg fehlt. 

Oftmals betrifft PAH Menschen in jungen Jahren. Speziell bei Frauen sind viele Fälle bekannt, bei denen die Krankheit nach der Geburt eines Kindes ausbricht. Aber auch für bereits bestehende Patient:innen mit Kinderwunsch stellt die PAH eine einschneidende Krankheit dar, da die Mortalität während einer Schwangerschaft stark erhöht ist. Bei Kindern zeigt sich die Krankheit in dramatischer Weise: Sie können weder unbeschwert spielen noch an Freizeitaktivitäten wie Schwimmen oder Sport teilnehmen. Für sie stellt selbst eine einfache Infektionskrankheit ein zu großes Risiko dar, das oft zu einem Krankenhausaufenthalt führt. Die Betroffene Maleen Fischer, die im Alter von nur 3 Jahren mit PAH diagnostiziert wurde, erklärt: „Schon als Kind musste ich mit vielen Einschränkungen leben, was oft zu Ausgrenzung bei Geburtstagsfeiern oder auf Spielplätzen führte. Es war schwer, zu verstehen, warum ich nicht alles tun konnte, was andere Kinder machten. Ich war noch nie in meinem Leben Schwimmen! Dies zeigt nur wenige dieser weitreichenden Einschnitte in ein Leben mit pulmonaler arterieller Hypertonie. Mit der Zeit haben sich die Herausforderungen verändert: Heute geht es um Themen wie Reisen, Familienplanung und die Unheilbarkeit der Krankheit.“

Forschung bringt neue Hoffnung: Behandlungsansätze an den Wurzeln der Erkrankung

Bisherige Therapien konzentrierten sich hauptsächlich darauf, die Symptome der PAH zu lindern wie etwa durch das Weiten der Lungengefäße, um das Atmen zu erleichtern. Bei Studien zu Therapien der PAH wird unter anderem die Gehdistanz in 6 Minuten gemessen (Sechs-Minuten-Gehtest). Schon eine kleine Verbesserung in diesem Bereich führt zu einer deutlich erhöhten Lebensqualität für die Betroffenen. Innovative neue Forschungsansätze machen hier laufend Fortschritte und geben so Anlass zur Hoffnung. „Es gibt auch Anzeichen einer nachhaltigen Verbesserung der Gesamtsituation der Betroffenen“, betont der medizinische Experte Kovacs.

PAH – Eine Krankheit, die uns alle betrifft

Auch volkswirtschaftlich hat die Erkrankung weitreichende Implikationen. Da viele Betroffene aufgrund ihrer eingeschränkten Belastbarkeit nicht mehr erwerbstätig sein können, sind auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen spürbar. PAH kann Menschen in jedem Alter treffen und die lange Zeit bis zur Diagnosestellung verschärft die Situation zusätzlich. Eine neue Publikation zeigt, dass im Schnitt 2,3 Jahre bis zur finalen Diagnosestellung vergehen, etwa sechs Mal ein Spezialist in dieser Zeit konsultiert wird und rund zwei Mal eine Hospitalisierung der Patient:innen stattfindet. „Ein zusätzliches großes Problem, das mit der Krankheit einhergeht, ist, dass wir äußerlich oft gesund wirken. Man sieht uns nicht an, wie stark wir in unserer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind und wie schlecht es uns tatsächlich geht. Das Fehlen äußerlicher Anzeichen führt oft zu falschen Einschätzungen, was einerseits den Diagnoseweg verlangsamt und andererseits den einfachen Zugang zu notwendiger Unterstützung erheblich erschwert“, beschreibt Eva Otter die gesellschaftlichen und strukturellen Probleme, die mit PAH einhergehen. Als Obmann des Patientenvereins „PH Austria – Initiative Lungenhochdruck“, setzt sich Gerald Fischer genau für den raschen Abbau solcher strukturellen Hindernisse ein. „Es ist uns ein Anliegen den Zugang zu fachlich korrekten Diagnosen und Therapien nicht nur zu erleichtern, sondern auch zu beschleunigen und zu gewährleisten, dass die richtigen Behandlungen auch finanziert werden. In Hinblick auf Sozialleistungen gibt es enorme Ungleichheiten innerhalb unterschiedlicher Regionen. Die Bewilligung dieser Sozialleistungen (beispielsweise die Ausstellung von Behindertenausweisen) sowie medizinische Versorgung sollte auf Basis der Befunde der spezialisierten Kompetenzzentren erfolgen. Ein zentrales Anliegen ist daher, dass Patient:innenvertreter:innen in Gremien, wie dem neu eingerichteten Bewertungsboard, mit einbezogen werden, um für mehr Transparenz und Ausgewogenheit zu sorgen“, führt Fischer aus.

Die pulmonal arterielle Hypertonie bleibt ein Wettlauf um die Zeit, denn die seltene, aber schwerwiegende und fortschreitende Erkrankung macht nicht Halt bevor neue Behandlungsmöglichkeiten hier Einhalt gebieten. Für die Betroffenen und ihre Familien bedeutet jede neue Therapieoption ein Stück mehr Lebensqualität und die Hoffnung auf ein neues verlängertes Zeitfenster, bis weitere neue medizinische Behandlungsansätze entwickelt werden können, die die Aussicht auf eine längere Zukunft bestärken.

 

Die Pressekonferenz findet mit freundlicher Unterstützung von MSD Österreich statt. 

 

Über pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) 

Das Blutgefäßsystem des Menschen ist dual: Neben dem sogenannten großen Körperkreislauf gibt es den kleinen Lungenkreislauf. Im großen Kreislauf wird aus der Lunge mit Sauerstoff beladenes Blut über die linke Herzhälfte in die Hauptschlagader (Aorta) und über diese in den gesamten Körper gepumpt. Im Gegenzug werden Kohlendioxid und Abfallstoffe aufgenommen und gelangen über die Venen in die rechte Herzhälfte. Und genau dort beginnt der Lungenkreislauf: Sauerstoffarmes Blut gelangt nun über die Lungenarterie des kleinen Kreislaufs zurück zur Lunge, Kohlendioxid wird ausgeatmet und das Blut neu mit Sauerstoff beladen. Es gelangt dann über die Lungenvene zurück bis in die linke Herzkammer. Mit dem nächsten Schlag des Herzens beginnt der Körperkreislauf erneut. Der Lungenkreislauf ist verantwortlich für den Transport des Blutes vom Herz zur Lunge. Im Gegensatz zum Körperkreislauf handelt es sich beim Lungenkreislauf um ein sogenanntes Niederdrucksystem, das so angelegt ist, dass der Blutdruck hier auch unter Belastung nur mäßig steigt. Kommt es nun durch krankhafte Prozesse zu Umbauten in der Wand der Lungengefäße, wird beispielsweise dadurch die Arterienwand verdickt, reduziert sich die Durchflussbreite in der Arterie, das Blut kann nicht mehr ungehindert fließen, der Blutdruck wird erhöht und das Herz muss mehr arbeiten, um das Blut von der rechten Seite des Herzens zu den Lungen zu transportieren.

Die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) ist eine seltene, fortschreitende und lebensbedrohliche Blutgefäßerkrankung, die durch die Verengung kleiner Lungenarterien und einen erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf gekennzeichnet ist. Etwa 40.000 Menschen in den USA und 30.000 Menschen in der EU leben mit PAH. Bei vielen Patienten schreitet die Krankheit rasch voran. PAH führt zu einer erheblichen Belastung des Herzens, was zu eingeschränkter körperlicher Aktivität, Herzversagen und einer reduzierten Lebenserwartung führt. Die Fünf-Jahres-Mortalitätsrate für PAH-Patienten wird basierend auf Daten des REVEAL-Registers* mit etwa 43% angegeben. 

*Patienten, die zwischen März 2006 und Dezember 2009 aufgenommen wurden.

 

AT-SOT-00046 | September 2024

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