58. Wiener Gemeinderat (14) | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

58. Wiener Gemeinderat (14)

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Von ÖVP und FPÖ wurde zu Beginn der Hauptdebatte ein Misstrauensantrag gegen den amtsführenden Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport Peter Hacker (SPÖ) eingebracht, der am Ende der Tagesordnung debattiert wurde. 

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) bedankte sich bei den Abgeordneten der ÖVP, dass sie diesen Misstrauensantrag ermöglicht hatten. Denn „viele Menschen in Wien“ seien mit der Politik von Stadtrat Hacker unzufrieden. Nepp begründete den Misstrauensantrag mit einer Liste von angeblichen Verfehlungen des Stadtrats: „Egal, wo man in Ihrem Ressort hinblickt, überall sieht man Negatives.“ So bleibe die Stadt Wien mit ihren Zahlungen weiterhin ein „Magnet für Sozialasylanten“ und die Angaben für den Antrag auf Sozialleistungen würden nicht kontrolliert werden. Medial bekannt wurde eine vielköpfige syrische Familie, die 4.600 Euro netto Unterstützung in Wien erhält: „Was Sie, Herr Stadtrat, in einer ersten Reaktion verleugnet haben. Wie können Sie diese Situation einem arbeitenden Menschen erklären?“, fragte Nepp. Auch Subsidiär Schutzberechtigte würden in Wien mehr Geld bekommen, als durch die alleinige Grundversorgung geregelt sei. Das Gesundheitswesen mit immer längeren Wartezeiten auf OP-Termine stehe vor „dem Scheitern“, das medizinische Personal würde über Personalmangel klagen; so würden 700 bis 800 Spitalsbetten in Wien leer stehen, sagte Nepp. Auch die Weitergabe von Kleidung innerhalb der Familie sei nicht „Mittelalter“, wie Stadtrat Hacker in einer Zeitung zitiert worden sei – „oft ist es notwendig und normal Kleider weiterzugeben“, so Nepp. Im Förderbereich des Fonds Soziales Wien würden „Luxuswohnungen für Asylanten“ vergeben werden, behauptete Nepp. Im Gegensatz dazu stünde die Wohnsituation von vielen Menschen im Gemeindebau mit Schimmel und Zugluft. Nepp sah nicht ein, „dass Asylanten mit Wohnungen mit Balkon oder Garten versorgt werden, während andere, die jahrelang in Wien gearbeitet haben, sich diese Wohnungen nicht leisten können“. Stadtrat Hacker habe damit den Boden der Fairness und der Gerechtigkeit verlassen, schloss Nepp. 

GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) ortete den wahren Grund für die Einbringung des Misstrauensantrags in der kommenden Nationalratswahl in vier Tagen. Es brauche für dieses „schärfste Instrument der Opposition“ keine Begründung, doch allein das Verhalten des Stadtrats als Begründung anzuführen, sei zu wenig, weshalb Konrad den Antrag ablehnen werde. Beim Fall der neunköpfigen syrischen Familie könne der Eindruck einer Schieflage entstehen, die durch Reformen gerade gerückt werden müsse. Dazu brauche es eine Reform des österreichischen Sozialsystems mit einem österreichweiten, treffsicheren Sozialhilfegesetz. Das sei eine der Aufgaben für die kommende Bundesregierung, verlangte Konrad. 

GR David Ellensohn (GRÜNE) meinte, nach dieser Begründungsrede von Stadtrat Nepp verstehe er nicht, „dass es immer noch Leute in der ÖVP gibt, die mit dieser FPÖ eine Koalition bilden wollen“. Natürlich gebe es inhaltliche Kritikpunkte in der Geschäftsgruppe von Stadtrat Hacker, etwa im Gesundheitsbereich oder bei der Dauer der Beantwortung von Fragen durch Stadtrat Hacker. Ellensohn werde den Misstrauensantrag nicht unterstützen, allein das Verhalten von Stadtrat Hacker als Begründung anzuführen, sei zu wenig für eine solche Unterstützung. In einem Antrag der ÖVP werde die Kürzung der bedarfsorientierten Mindestsicherung verlangt, was Ellensohn kritisierte. „Falls jemand mit dieser Neiddebatte glaubt, dass der Abstand zu Löhnen zu gering sei, soll doch besser die Höhe der Löhne verbessern“, verlangte Ellensohn. 

StR Karl Mahrer (ÖVP) meinte, die „überbordenden Sozialleistungen“ in Wien würden zu fatalen Folgen führen. Denn Hilfe für die einen dürfe niemals zu einer Brüskierung der anderen führen, zitierte Mahrer aus einer Zeitung. Das zeige sich bei den 9.400 Subsidiär Schutzberechtigen in Wien, das seien 82 Prozent aller Subsidiär Schutzberechtigen in ganz Österreich. Dazu komme, dass zwei Drittel aller Mindestsicherungsbezieher*innen seien in Wien ansässig. Mahrer stellt die Frage, wieso es diesen Zustand gebe: „Nach meiner Ansicht sind dies die überhöhten Sozialleistungen der Stadt und die immer stärkeren werdenden Communitys. Dafür sind Sie verantwortlich, Stadtrat Hacker.“ Das Argument, das ohne Sozialzahlungen die Kriminalität in Wien steigen werde, führe nach Ansicht Mahrers ins Leere. Die Wiener Regierung fördere ein System, das leistungsfeindlich sei und in letzter Konsequenz zu mehr Kriminalität führe. Man sehe das Phänomen, dass immer mehr – vor allem migrantische Jugendliche – in die Kriminalität abdriften. Außerdem sei die Finanzierung des Systems immer schwieriger, etwa durch den verstärkten Familienzuzug. „In einiger Zeit werden einige zehntausend Menschen – auch durch deren geringes Bildungsniveau – unser Sozialsystem überlasten, ebenso wie unsere Infrastruktur. Das spüren alle Menschen in Wien bereits jetzt durch stundenlange Wartezeiten in Kliniken oder durch fehlende Wohnungen oder fehlendes Personal im Schulbereich“, so Mahrer. Ein Ultimatum der ÖVP an Stadtrat Hacker etwa das Sozialhilfegrundgesetz umsetzen oder Zahlungen zu reduzieren, sei ungenutzt verstrichen. „Sie haben das vor allem aus rechtlichen Bedenken abgelehnt. Die Beschränkung von Zahlungen auf die Höhe der Grundversorgung für Subsidiär Schutzberechtigte ist aber laut Verfassungsgerichtshof und einem neuen Gutachten zulässig“, erläuterte Mahrer. Im Gegensatz zur FPÖ sei die Argumentation der ÖVP für den Misstrauensantrag nicht aus der „Hüfte geschossen“ worden, sondern würde auf Expertise und Rechtsgutachten basieren. Das Sozialsystem müsse geändert und die überbordenden Sozialleistungen gestoppt werden, sonst würde die Verantwortung für die Überlastung der Infrastruktur und die Steigerung der Kriminalität in Wien bei SPÖ und NEOS liegen.

GR Kurt Wagner (SPÖ) kündigte an, dass der Sparstift „sicher nicht“ bei bedürftigen Familien angesetzt werde – „Uns davon zu überzeugen, das wird Ihnen nicht gelingen“, sagte Wagner in Richtung ÖVP und FPÖ. Sozialleistungen seien nicht dazu da, um Budgets zu sanieren, sondern um Bedürftigen zu helfen. Es brauche Starthilfen und Ausbildungsplätze für Betroffene, damit niemand in der Sozialhilfe zurück gelassen werde; das biete etwa der waff an. Es sei ihm ein Anliegen, dass Subsidiär Schutzberechtigte mit Asylwerbenden gleichgestellt werden. Auch Wagner berief sich auf ein Gutachten, welches eine höchstrichterliche Entscheidung in dieser Frage verlange. Alle Kinder in Wien würden die gleichen Chancen und die gleiche Unterstützung bekommen, versprach Wagner. Geflüchtete Menschen sollten so schnell wie möglich im Arbeitsmarkt integriert werden, verlangte Wagner, damit werde auch die gesellschaftliche Integration dieser Personen erreicht. 

GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) fragte sich, wieso die Caritas und die Volkshilfe und nicht das Magistrat darüber entscheiden würden, wer eine Unterstützungsleistung der Wien Energie bekomme und wer nicht. Dass jedes Kind in Wien gleich viel wert sei, wie sein direkter Vorredner Wagner behauptete, würde durch Fälle wie jene der „Massenvergewaltigungen“ einer Minderjährigen ins Absurde geführt, kritisierte Guggenbichler. Auch im Gesundheitswesen liefe in Wien vieles schief, etwa wenn es um einen Arzttermin im niedergelassenem Bereich gehe, sagte Guggenbichler. Die ÖVP würde Stadtrat Hacker zwar für sein Verhalten bei der Auszahlung von Sozialleistungen kritisieren, aber in Tirol würde der dortige ÖVP-Landeshauptmann genauso agieren wie Stadtrat Hacker in Wien. (Forts.) nic

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