Wiederkehr/Hanke: „Wien schreibt moderne und transparente Leitlinien für Unternehmensbeteiligungen der Stadt fest“
Tausende qualifizierte Arbeitsplätze, nachhaltige Wertschöpfung und entscheidende Aufgaben in der Daseinsvorsorge: Das leisten die zahlreichen Unternehmen, an denen die Stadt Wien beteiligt ist, jeden Tag. Dabei ist die Stadt als Eigentümerin den Prinzipien guter Corporate Governance verpflichtet. Für diese gibt es nun modernisierte und transparente Leitlinien.
Um für die Leitung und Überwachung der städtischen Unternehmen einen einheitlichen Ordnungsrahmen zu schaffen, hat sich die Fortschrittskoalition in ihrem Regierungsprogramm auf die Erstellung eines eigenen Wiener Public Corporate Governance Kodex („WPCGK“) geeinigt. „Mit diesem Regelwerk schaffen wir moderne und noch transparentere Leitlinien für die Unternehmensbeteiligungen der Stadt“, sind sich Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Wiens Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke einig.
Gleichzeitig wird das professionelle Beteiligungsmanagement der Stadtverwaltung weiter verbessert, um die komplexer werdenden Anforderungen erfüllen zu können, denen öffentliche Eigentümer*innen privatwirtschaftlicher Unternehmen gerecht werden müssen. Diese Weiterentwicklung des Beteiligungsmanagements wurde jüngst auch vom Rechnungshof des Bundes als positiv beurteilt.
Der Kodex regelt unter anderem die Zusammensetzung von Aufsichtsrat und Geschäftsführung und legt verantwortungsvolle, stabile und transparente Entscheidungsprozesse fest. Außerdem zielt der WPCGK auf eine klare Abgrenzung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen der Eigentümerin Stadt Wien auf der einen, und den einzelnen Unternehmensbeteiligungen auf der anderen Seite ab. Rechtlich bedeuten die Regelungen des Kodex eine Selbstbindung der Stadt Wien.
Christoph Wiederkehr, Vizebürgermeister und Transparenzstadtrat: „Ich freue mich sehr, dass wir das städtische Beteiligungsmanagement neu und professioneller aufstellen! Mit diesem Kodex gibt es zum ersten Mal einheitliche Regeln für alle städtischen Beteiligungen: Für die Wien Holding und Wien Energie, genauso wie für die Wiener Festwochen GmbH. Dadurch wird auch der Bestellprozess für Aufsichtsräte reformiert: Besonders die Cooling-Off-Phasen und der strenge Umgang mit Interessenkonflikten sind ein wichtiger Schritt. Damit setzen wir auch einen wichtigen Punkt aus dem Regierungsprogramm um, der durch die zukünftigen Corporate Governance Berichte mehr Transparenz schafft.“
Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke ergänzt: „Der neue Wiener Public Corporate Governance Kodex ist ein Meilenstein unserer Fortschrittskoalition, mehr als 140 Unternehmen unterliegen diesen neuen Regelungen. Mit diesem Steuerungsinstrument gestalten wir das Beteiligungsmanagement der Stadt noch einheitlicher, transparenter und nachhaltiger Verbindliche Frauenquoten und Höchstaltersgrenzen in Aufsichtsräten sind Ausdruck einer Beteiligungspolitik, die die Zeichen der Zeit erkennt und mit der die Stadt Wien einmal mehr eine Vorreiterinnenrolle einnimmt. Auch die erweiterte Aufstellung des städtischen Beteiligungsmanagements ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich danke dafür insbesondere der Finanzverwaltung mit Finanzdirektor Christoph Maschek an der Spitze und Wirtschaftsrechtsprofessorin Susanne Kalss für ihre hohe Expertise und wichtige Außensicht, die sie in die Kodex-Erstellung konsequent eingebracht hat.“
Und Finanzdirektor Christoph Maschek führt an: „Aufbauend auf einer durchgeführten IST-Analyse mit externer Unterstützung wurden im Sinne von „lessons learned“ das Beteiligungsmanagement bereits neustrukturiert, das Beteiligungscontrolling erweitert und der Beteiligungssteuerungsprozess mit den beteiligungsverwaltenden Dienststellen weiter verschränkt. Diese strukturellen Maßnahmen sowie insbesondere der WPCKG stellen aus strategischer Sicht wesentliche Eckpunkte für eine weitere Professionalisierung, Objektivierung und Standardisierung des Beteiligungsmanagements der Stadt dar.“
Susanne Kalss, Universitätsprofessorin für Unternehmensrecht an der Wiener Wirtschaftsuniversität sagt zum Kodex: „Ein Public Corporate Governance Kodex hat eine Ordnungs- und eine doppelte Informationsfunktion. Er zielt zum einen auf die Verbesserung der Unternehmensführung, dh Leitung und Überwachung, und zum anderen auf die Verbesserung des Informationsflusses zwischen Unternehmen und Eigentümervertretern der öffentlichen Hand; in einem zweiten Schritt an die Öffentlichkeit. Mit der Information ist auch Rechenschaft gegenüber der Öffentlichkeit und den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen verbunden. Genau dies verfolgt und verwirklicht der Wiener P-CGK.“
Frauenanteil, Altersgrenzen und mehr Transparenz bei Vergütung
Der Kodex sieht umfassende Regelungen und Klarstellungen für die Zusammensetzung von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen vor. Ein Aufsichtsrat ist stets so zusammenzusetzen, dass seine Mitglieder insgesamt über die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen. Entsprechende Kompetenzprofile sowie spezifische Anforderungskriterien für fachliche Qualifikationen und Kompetenzen werden periodisch aktualisiert.
Darüber hinaus bekennt sich die Stadt Wien im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit zu einem verpflichtenden Frauenanteil von mindestens 40 %. Bis Ende 2030 soll der Frauenanteil in Aufsichtsräten von Unternehmen, an denen die Stadt Wien mehrheitlich beteiligt ist, auf gleichberechtigte 50 % erhöht werden. Der WPCGK sieht auch Altersgrenzen vor: So sollen von der Stadt Wien nominierte Aufsichtsratsmitglieder, die das 70. Lebensjahr vollendet haben, spätestens zu diesem Zeitpunkt automatisch aus Aufsichtsgremien ausscheiden.
Der WPCGK ist auch ein Meilenstein in Sachen Vergütungstransparenz dar. So soll das Vergütungssystem für Geschäftsführungsorgane anhand von bis zu fünf Bemessungskriterien einheitlich festgelegt werden. Enthält die Vergütung variable Bestandteile, wird zudem empfohlen, diese anhand von Kennzahlen zu bemessen, die sich auf den öffentlichen Auftrag der Unternehmenstätigkeit beziehen und sowohl den Jahreserfolg als auch die langfristige Entwicklung berücksichtigen. Hinsichtlich der Vergütungstransparenz geht der WPCGK noch einen Schritt weiter: Die Vergütung für Geschäftsführung und Aufsichtsrat soll – nach datenschutzrechtlicher Zustimmung – im jeweiligen Corporate Governance Bericht veröffentlicht werden.
Jährliche Corporate Governance Berichte
Die Wiener Unternehmensbeteiligungen sind ab 2025 verpflichtet, einen sogenannten „Corporate Governance Bericht“ zu erstellen und – erstmals im Jahr 2026 – gemeinsam mit dem Jahresabschluss zu veröffentlichen. In diesem Bericht sind unter anderem etwaige Abweichungen von Kann-Bestimmungen des WPCGK, die Zusammensetzung von Geschäftsführung und Aufsichtsrat, deren gesamthafte Vergütung und der entsprechende Frauenanteil darzustellen.
Stadt Wien stellt Beteiligungsmanagement breiter auf
Um das Beteiligungsmanagement breiter aufzustellen, wurden in der Finanzverwaltung der Stadt Wien parallel zum neuen WPCGK zwei neue Referate – für „Beteiligungsverwaltung“ und für „Beteiligungscontrolling“ – eingerichtet. Die dafür zusätzlich genehmigten Dienstposten wurden ausgeschrieben und sind bereits vollständig besetzt. Damit können umfassendere Aufgaben übernommen und noch bessere interne Dienstleistungen angeboten werden.
So erhalten von der Stadt Wien entsandte Aufsichtsratsmitglieder künftig von der Magistratsabteilung 5 – Finanzwesen auch rechtliche Beratung und ein verstetigtes Weiterbildungsangebot, ebenso kann das Risiko- und Nachhaltigkeitsmanagement dort noch intensiver bearbeitet und das Beteiligungscontrolling themenspezifischer ausgebaut werden.
Erarbeitung des Kodex wissenschaftlich begleitet
Begleitet wurde die Erstellung des Kodex von Prof.in DDr.in Susanne Kalss, die seit 2003 am Institut für Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien forscht und lehrt und ihre umfassende Expertise in den Prozess einbrachte. Das Regelwerk entspricht damit dem aktuellen Stand der Wissenschaft und kann als Vorbild für andere Städte mit einer ähnlichen Beteiligungsstruktur wie jener der Stadt Wien dienen. Der Kodex gilt für alle Unternehmen, an denen die Stadt Wien unmittelbar oder mittelbar allein oder mehrheitlich beteiligt ist.
Kodex umfasst in Summe 120 verpflichtende Regelungen und Empfehlungen
Der Kodex umfasst sowohl verpflichtende Regelungen (89), die uneingeschränkt zu beachten sind, sowie Empfehlungen (31), deren Umsetzung abweichen kann, beispielsweise wenn wichtige Unternehmensinteressen dem entgegenstehen. Für den Fall, dass einzelne rechtliche Sonderbestimmungen den Kodexregelungen entgegenstehen, tritt der Kodex hinter diese zurück. Auch in diesen Fällen ist jedoch eine konkrete Begründung im jährlich zu veröffentlichenden Corporate Governance Bericht anzugeben. Bei Unternehmen, an denen die Stadt Wien nur mit einer Minderheit beteiligt ist, muss seitens der Stadt und der von ihr entsandten Organe so gut wie möglich auf die Umsetzung des Kodex hingewirkt werden.
Weiteres Vorgehen zum WPCGK – Übergangsjahr 2025 – voll umgesetzt 2026
Der WPCGK wird dem Wiener Gemeinderat von der zuständigen Wiener Finanzverwaltung (MA 5) zur Kenntnis gebracht werden. Danach wird die MA 5 in Zusammenarbeit mit allen Geschäftsbereichen und beteiligungsverwaltenden Dienststellen Ausführungsbestimmungen erarbeiten, mit denen der Kodex in den jeweiligen Unternehmensbeteiligungen ganz konkret umgesetzt werden kann. Somit wird der WPCGK nach der für die Gemeinderatssitzung am 23. Oktober 2024 vorgesehenen Kenntnisnahme im Jahr 2025 schrittweise umgesetzt, sodass er ab 2026 volle Wirksamkeit entfalten kann. Ab dann werden auch die ersten Corporate Governance Berichte gemeinsam mit dem jeweiligen Jahresabschluss für das Jahr 2025 von den Wiener Unternehmensbeteiligungen veröffentlicht werden.
Download
Bis zum 18. September 2024 können Sie den Kodex unter diesem Link herunterladen: https://we.tl/t-QdvKqZyasB
Der gesamte Wiener Public Corporate Governance Kodex wird nach Kenntnisnahme durch den Wiener Gemeinderat auf der Website der Finanzverwaltung der Stadt Wien in der jeweils gültigen Fassung im Kapitel „Transparenz“ zum Download für alle zur Verfügung stehen: www.wien.gv.at/finanzen/budget/
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