Verschärfte Verfolgung der Bahá’í im Iran
Das gewaltsame Vorgehen der iranischen Behörden gegen die Bahá'í, die größte nicht-muslimische religiöse Minderheit des Landes, stellt eine Eskalation und Verschärfung ihrer Politik der systematischen Verfolgung dieser Religionsgemeinschaft dar. In einer Erklärung beschreibt die Bahá'í International Community eine Reihe neuer und zunehmend härterer Methoden, mit denen die Behörden die Verfolgung der Bahá'í fortsetzen. Dazu gehören eine wachsende Zahl von Hausdurchsuchungen, Verhaftungen, Inhaftierungen, die Beschlagnahmung von Land und Eigentum, die Zerstörung von Häusern und die Vertreibung von Familien, Hassreden, die Verweigerung des Zugangs zu Bildung, des Rechts auf Bestattung und anderer grundlegender Bürgerrechte – alles nur aufgrund ihres Glaubens.
Seit Oktober wurden 40 Bahá'í verhaftet und die Häuser von fast 100 Familien in verschiedenen Städten des Landes gestürmt und durchsucht. Derzeit befinden sich mindestens 70 Bahá'í im Gefängnis oder verbüßen Haftstrafen, wobei sie während der Verhöre oft psychisch und physisch misshandelt werden. „Weitere 1.200 Personen sind entweder in laufende Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Verfolgungsfällen verwickelt oder wurden verurteilt und warten auf eine Vorladung zur Verbüßung ihrer Haftstrafe, nur weil sie Bahá'í sind! Dies ist die höchste Zahl der letzten sechs Jahre. Zwei Drittel der bei den jüngsten Razzien Verhafteten sind Frauen, viele in ihren Zwanzigern oder Dreißigern, die in einigen Fällen für fünf bis zehn Jahre ihrer kleinen Kinder beraubt werden", erklärt Isma Forghani, Menschenrechtsbeauftragte der Bahá'í-Gemeinde in Österreich.
Ein weiteres beunruhigendes Merkmal dieser neuen Praxis ist die Zunahme harter Urteile und gewaltsamer Hausdurchsuchungen. In Dutzenden von Fällen drangen maskierte Beamte mit vorgehaltener Waffe in die Häuser von Bahá'í ein, beschlagnahmten Gegenstände und führten die Betroffenen anschließend gewaltsam zu Verhören oder Verhaftungen ab. Außerdem wurden Überwachungskameras an den Haustüren vieler Bahá'í-Familien installiert, um sie und ihre Besucher einzuschüchtern.
In letzter Zeit hat auch die Hasspropaganda gegen die Bahá'í im Iran stark zugenommen. "Die Zunahme der Angriffe auf die iranischen Bahá'í im vergangenen Jahr wird noch übertroffen durch die Brutalität der neuen Taktik, die die iranische Regierung gegen sie anwendet. Diese Strategie zielt darauf ab, die schwächsten Mitglieder der Bahá'í-Gemeinde zu terrorisieren – Menschen, die aufgrund ihres Glaubens bereits extremem Druck ausgesetzt sind -, um nicht nur die Bahá'í, sondern die gesamte iranische Gesellschaft zu demoralisieren. Wie kann die iranische Regierung das rechtfertigen? Wenn es sich nicht um eine religiös motivierte Verfolgung handelt, deren einziges Ziel es ist, die Bahá'í-Gemeinde auszulöschen und die Bahá'í von ihrem Glauben abzuschneiden, worum handelt es sich dann?", fügte Simin Fahandej, Vertreterin der internationalen Bahá'í Community bei den Vereinten Nationen in Genf, hinzu.
Auch beim Zugang zu höherer Bildung sehen sich die Bahá'í mit neuen Hindernissen konfrontiert. Seit der islamischen Revolution von 1979 war den Bahá'í der Zugang zu Universitäten verwehrt. Um an einer Universität studieren zu können, müssen sie heute eine spezielle Erklärung unterzeichnen, in der sie die Autorität ihrer religiösen Institutionen ausdrücklich ablehnen und anprangern. Darüber hinaus hindern iranische Beamte regelmäßig Bahá'í-Familien daran, ihre Toten auf Bahá'í-Friedhöfen in Städten wie Teheran zu bestatten, und werfen sie in Massengräber.
Kürzlich wurden zwei Briefe von zwei Bahá'í-Frauen veröffentlicht, die bereits 2008 wegen ihres Bahá'í-Glaubens für zehn Jahre inhaftiert worden waren. Seit 31. Juli 2022 sind sie wieder im Evin-Gefängnis inhaftiert, obwohl ihr Gesundheitszustand schlecht ist. Die beiden in Österreich bekannten Bahá'í-Frauen sind die Austria PEN-Preisträgerin Mahvash Sabet (70), der Austria PEN/Writers in Prison am 15. November 2023 anlässlich des Internationalen Tages der inhaftierten Schriftstellerinnen und Schriftsteller einen Lyrikabend widmete, und Fariba Kamalabadi (61).
„Sie stehen symbolisch für alle Bahá'í, die im Iran allein wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Auch das österreichische Parlament hat in seiner Plenarsitzung am 15. Dezember 2022 die systematische staatliche Verfolgung der Bahá'í im Iran verurteilt und ihre Freilassung nachdrücklich gefordert", so Forghani. In ihren Briefen beziehen sich die beiden Frauen auf die im Juni von der internationalen Bahá'í-Community gestartete Kampagne #Ourstoryisone, die an die Hinrichtung von zehn Bahá'í-Frauen im Jahr 1983 erinnert, die ihr Leben der Gleichberechtigung und Einheit gewidmet hatten – Prinzipien, nach denen sich viele Iranerinnen und Iraner heute sehnen. Vierzig Jahre später wird diese Kampagne weltweit und auch in Österreich von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten begrüßt, die immer wieder ihre Solidarität mit den staatlich verfolgten Bahá'í im Iran bekunden.
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