Tiroler Tageszeitung, Leitartikel vom 25. Mai 2023. Von Peter Nindler: "Wie konnte es nur so weit kommen?". | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel vom 25. Mai 2023. Von Peter Nindler: „Wie konnte es nur so weit kommen?“.

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Das Land muss die gemeindeverbandseigene GemNova und die Marktgemeinde Matrei in Osttirol retten. Das reicht aber nicht aus. Die Politik sollte nämlich auch aufklären, wer die Verantwortung für das Finanzdebakel trägt.

Politisch paktiert heißt noch lange nicht gelöst. Das trifft auf die schwer verschuldete Gemeindeverbandsfirmengruppe GemNova und die Marktgemeinde Matrei in Osttirol zu. Zum einen überholt plötzlich die Vergangenheit die Gegenwart, andererseits hat sich in beiden Fällen zuletzt eine finanzielle Eigendynamik entwickelt. Die mit dem Insolvenzantrag im gerichtlichen Sanierungsverfahren festgelegte Mindestquote von 30 Prozent erweist sich nämlich bei der GemNova als deutlich zu niedrig, obwohl Land Tirol sowie Gemeindeverband ihren Zuschuss von 1,5 Millionen Euro bzw. 500.000 Euro danach ausgerichtet haben. 
Ähnlich verhält es sich mit Matrei in Osttirol. 80 Prozent wurden ursprünglich den Gläubigern geboten, nachdem der Kassasturz im Februar 35,7 Millionen Euro an Verbindlichkeiten ergeben hatte. Schluss-
endlich musste Gemeindereferent und Landeshauptmann Anton Mattle (VP) rasch die Notbremse ziehen und versichern, dass alle, die auf ihr Geld von der Tauerngemeinde warten, dieses zu 100 Prozent erhalten. Sowohl Matrei als auch der GemNova droht aber nach wie vor der Konkurs.
Offensichtlich hat die Politik strategisch zu kurz gedacht: Die Probleme im direkten (kommunalen) Umfeld der Tiroler Volkspartei sollten nämlich rasch aus der Öffentlichkeit verschwinden und der Sack zugemacht werden. Über die Rettungsmillionen – in Matrei schießt das Land insgesamt 6,6 Millionen Euro zur Entschuldung zu und streckt die Rückzahlung der Außenstände von rund vier Millionen Euro auf zehn Jahre – wollte man ebenfalls nicht viel Aufhebens machen. Nur diese Rechnung geht nicht mehr auf. Die Landespolitik hat sich bereits zu weit hinausgelehnt, damit zwangsläufig Begehrlichkeiten geweckt und muss jetzt bei der GemNova sowie in der Tauerngemeinde wohl tiefer in die Tasche greifen. Damit der ultimative Crash abgewendet wird.
Umso mehr stellt sich jedoch die Frage nach der Verantwortung für das Finanzdebakel. Wenn schon Steuergeld fließt, sollte zumindest aufgeklärt werden, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Im Gemeindeverband benötigt es schon längst eine schonungslose Aufklärung darüber, mit der Kündigung von GemNova-Geschäftsführer Alois Rathgeb ist das sicher nicht getan. Schwamm drüber hat politisch ausgedient. Wie in Matrei. 
Wer hat dort jahrelang weggeschaut? Warum wurde auf die kritischen Prüfberichte mit angezogener Handbremse reagiert? Der Landesrechnungshof wäre am Zug, die Prüfung würde selbst Altbürgermeister Andreas Köll (VP) begrüßen, in dessen Ära sich der Schuldenberg angehäuft hat. Also ran ans Werk.

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