TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Ausgabe vom Samstag, 18. März 2023, von Alois Vahrner: "Schwarz-rote Helfer für FPÖ-Chef Kickl" | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Ausgabe vom Samstag, 18. März 2023, von Alois Vahrner: „Schwarz-rote Helfer für FPÖ-Chef Kickl“

0 156

ÖVP und SPÖ unternehmen scheinbar alles, um die FPÖ mit ihrem Obmann Herbert Kickl noch weiter zu stärken. Zumindest bisher schienen keine Koalitionspartner in Sicht, aber auch das ist seit dieser Woche zunehmend wackliger.

Schon einmal war die FPÖ in einem ähnlichen Umfragehoch wie derzeit. Während der Flüchtlingskrise 2015/16 thronten die Freiheitlichen mit einem Anteil jenseits der 30 Prozent weit vor der damaligen Kanzlerpartei SPÖ und ihrem Juniorpartner ÖVP. Mit der Machtübernahme von Sebastian Kurz sprangen dann aber die in Türkis umgefärbten Schwarzen wieder auf Platz 1. 
   Kurz gewann die Wahl, dann kamen Ibiza und der türkis-blaue Bruch, dann eine Neuwahl mit nächstem Kurz-Sieg und Türkis-Grün, die Corona-Pandemie und dann das Kurz-Aus nach diversen Chat- und anderen Affären. Impfpflicht, Covid-Frust, dann die Rekord-Teuerungswelle und Energiekrise samt neuerlichem Anschwellen illegaler Migration: All das beförderte die Regierung ins Umfrage-Tief. Profitiert hat trotz der sozialen Probleme nicht die SPÖ, sondern die auf Fundamental-Populismus setzende FPÖ, ob nun bei Corona, Flüchtlingen, Ukraine-Krieg oder Teuerung. Obmann Herbert Kickl bildet beim Vertrauensindex zwar neben ÖVP-Nationalrats-Präsident Wolfgang Sobotka abgeschlagen das Schlusslicht und liegt in der Kanzlerfrage bei nur 20 Prozent, die FPÖ übersprang jüngst aber in Umfragen bereits die 30-Prozent-Marke und ist klar Erster.
   Ein Indiz, dass viele mit der Performance der türkis-grünen Regierung unzufrieden sind und sich die SPÖ selbst in Machtkämpfen zerfleischt. Die SPÖ fordert ständig Neuwahlen, muss aber angesichts ihres momentanen Zustands froh sein, wenn VP und Grüne weiter durchhalten. Der Showdown zwischen Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil war wohl unausweichlich, er hilft aber vorerst Kickl nur zusätzlich.
   Noch nachhaltiger tut das jetzt die niederösterreichische Volkspartei. Obwohl sich Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leiter und FPÖ-Chef Udo Landbauer im Wahlkampf heftigst gefetzt haben, bilden sie jetzt eine Polit-Ehe im wichtigsten ÖVP-Bundesland. Weil angeblich manche Forderungen der SPÖ zu kostspielig gewesen wären, schauen die Landes-Schwarzen lieber über die sehr rechte Schlagseite verschiedener Vertreter der blauen Landesgruppe (Stichwort Liederbuch-Affäre sowie unannehmbare Aussagen und Postings) hinweg. Vergessen auch blaue Rücktrittsforderungen an Mikl-Leitner. Eine Koalition mit einem Partner, der bei der Landeshaupfrau-Wahl nicht für sie mitstimmt, das ist neu. Wie die Bundes-ÖVP künftig klarmachen will, dass sie mit Kickl keine Koalition eingehen oder diesen schon gar nicht zum Kanzler machen will, ist mit Blick auf Niederösterreich fraglich. Die FPÖ- bzw. Kickl-Frage wird auch beim SPÖ-Führungsduell und danach alles überschatten. Denn abseits von utopischen Ampel-Träumen ohne FPÖ verbleibt der SP weiter nur die ÖVP als einzige Option.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Tiroler Tageszeitung

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.