Posthume Aberkennung von Ehrenzeichen: Edtstadler kündigt im Verfassungsausschuss baldigen Gesetzentwurf an | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Posthume Aberkennung von Ehrenzeichen: Edtstadler kündigt im Verfassungsausschuss baldigen Gesetzentwurf an

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In Österreich könnte es schon bald möglich sein, Ehrenzeichen auch posthum abzuerkennen. Wie Verfassungs- und EU-Ministerin Karoline Edtstadler heute im Verfassungsausschuss des Nationalrats bekanntgab, hat das Bundeskanzleramt bereits einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der derzeit zur Abstimmung bei den Grünen liegt. Auch wenn die Sache nicht so einfach sei, habe man letztendlich eine legistisch gute Lösung gefunden, ist sie überzeugt. Gleichzeitig sollen laut Edtstadler die derzeitigen drei Ehrenzeichen-Gesetze in ein Gesetz zusammengeführt werden. Deshalb habe das Vorhaben auch etwas länger gedauert.

Was das Informationsfreiheitsgesetz betrifft, zeigte sich Edtstadler nach wie vor zuversichtlich, dass das Vorhaben noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden kann. Auch die Skeptiker:innen hätten mittlerweile eingesehen, dass es mehr Transparenz brauche, meinte sie. Laut Edtstadler ist geplant, einige legistische Adaptierungen am Begutachtungsentwurf vorzunehmen und in einem nächsten Schritt dann Gespräche mit der Opposition zu führen. In Bezug auf die Bundesstaatsanwaltschaft kann sie sich weiterhin nur eine monokratische Spitze vorstellen. Weitere Themen der Aktuellen Aussprache waren der Krieg in der Ukraine, die österreichische Neutralität, die lange Dauer mancher Verfahren, die Fortschritte bei der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele und die Säumigkeit Österreichs bei der Umsetzung der Verbandsklage-Richtlinie der EU.

Einstimmig vertagt hat der Verfassungsausschuss die Beratungen über einen Vier-Parteien-Antrag zur Einrichtung einer Stiftung "Forum Verfassung". Man solle die im Begutachtungsverfahren geäußerte Kritik ernst nehmen, auch wenn sie an der Intention des Antrags vorbeigehe, so der Tenor der Abgeordneten. Das Vorhaben an sich wurde im Rahmen der Begutachtung zwar großteils positiv beurteilt, einige Stellen wie die Finanzprokuratur oder die juridische Fakultät der Universität Wien äußerten aber grundsätzliche Bedenken. Mehrfach wurde außerdem eine Verbreiterung des beratenden Kuratoriums gefordert. Auch der im Bundeskanzleramt eingerichtete Verfassungsdienst sieht in einigen Punkten Optimierungsbedarf. Laut ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl ist geplant, bis zur nächsten Sitzung des Verfassungsausschusses im April einen Abänderungsantrag auszuarbeiten.

Edtstadler ortet Fortschritte beim Informationsfreiheitsgesetz

In der Aktuellen Aussprache betonte Verfassungsministerin Edtstadler gegenüber SPÖ-Abgeordneter Sabine Schatz und NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Scherak, dass ihr die Novellierung des Ehrenzeichengesetzes selbst am Herzen liege. Damit soll es künftig etwa möglich sein, Personen wie Hans Globke, dem Mitautor der Nürnberger Rassengesetze, Ehrenzeichen posthum wieder abzuerkennen. Legistisch sei die Sache allerdings nicht ganz einfach, schilderte Edtstadler, da Ehrenzeichen höchstpersönliche Rechte seien, die mit dem Tod verlöschen. Aktuell befindet sich der Entwurf des Bundeskanzleramts in Abstimmung mit den Grünen und dem Bundespräsidenten. Dass es etwas länger gedauert hat, begründete die Ministerin damit, dass die Ehrenzeichen des Bundes – also die Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, das Ehrenzeichen und Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst sowie das Bundesehrenzeichen – künftig in einem Gesetz geregelt werden sollen.

Fortschritte ortet Edtstadler auch in Bezug auf das Informationsfreiheitsgesetz, das genau heute vor zwei Jahren in Begutachtung geschickt wurde, wie sie erwähnte. "Ich glaube, dass einiges weiter gegangen ist", was den Zugang zur Informationsfreiheit betreffe, machte sie geltend. Auch bei den Skeptiker:innen habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es mehr Transparenz brauche. Laut Edtstadler soll der Begutachtungsentwurf nun überarbeitet werden, danach sind Gespräche mit der Opposition geplant. Sie hoffe auf breite Zustimmung im Parlament, auch wenn es "sicher" keinen Informationsfreiheitsbeauftragten geben werde, wie sie gegenüber SPÖ-Abgeordnetem Christian Drobits bekräftigte.

Schon jetzt sind die Ministerien aufgrund der jüngsten Novelle zum Parteiengesetz verpflichtet, neu beauftragte Studien und Umfragen zu veröffentlichen. "Ich glaube, das wird funktionieren", sagte Edtstadler, auch wenn Übergangs- und Durchführungsbestimmungen fehlten. Grundsätzlich ist jedes Ressort für die Umsetzung der Vorgabe verantwortlich, hielt sie in Richtung Scherak fest, der sich für eine gemeinsame Veröffentlichungs-Plattform stark gemacht hatte.

Bundesstaatsanwaltschaft und Verjährungshemmung

In Bezug auf die in Diskussion stehende Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft beharrte Edtstadler auf eine monokratische Spitze mit einer Person. Das sei schon allein deshalb notwendig, um die Verantwortlichkeit gegenüber dem Parlament zu gewährleisten, sagte sie. Das wäre bei einem Dreiersenat oder gar zwei Dreiersenaten nicht der Fall. Diese Punkte seien "noch nicht aufgelöst", sie und Justizministerin Alma Zadić hätten es aber auch in der Vergangenheit immer wieder geschafft, "auf einen grünen Zweig zu kommen".

Dass die Regierung zu einem anhängigen Verfahren beim Verfassungsgerichtshof zum Thema Verjährungshemmung keine Stellungnahme abgegeben hat, sieht Edtstadler nicht als ungewöhnlich. Es sei schon öfter vorgekommen, dass sich die zuständigen Ressorts nicht einigen hätten können. Sie wolle jedenfalls keine Regelung verteidigen, die ein möglicher Ansatzpunkt für eine Stärkung der Beschuldigtenrechte und für eine Verkürzung überlanger Verfahren sein könnte. Es habe niemand verdient, "jahrelang in einem Prozess zu hängen", daher brauche es gewisse gesetzliche Fristen. Klar ist für Edtstadler aber auch, dass jemand, der "abtaucht" oder Verfahren mutwillig verzögere, nicht von Anpassungen bei der Verjährungshemmung profitieren dürfe. Im Übrigen sei der Verfassungsgerichtshof für eine Entscheidung nicht auf eine Stellungnahme der Regierung angewiesen, betonte Edtstadler.

Kritik an der Vorgangsweise der Regierung hatte Johannes Margreiter (NEOS) geübt. Eine Stellungnahme wäre ein deutliches Signal gewesen, die geltende Hemmung der Verjährungsfristen unberührt zu lassen, sagte er. Im migrantischen Kontext könne der ÖVP nichts streng genug sein, wenn es aber um Korruptionsdelikte gehe, wolle die ÖVP dem Strafrecht immer wieder "Zähne ziehen", klagte er.

Österreichische Neutralität steht für Edtstadler "außer Zweifel"

Auf Anfrage von ÖVP-Abgeordnetem Wolfgang Gerstl berichtete Edtstadler über ihre Eindrücke von der Münchner Sicherheitskonferenz. Man schlafe danach nicht unbedingt besser, zog sie ein nüchternes Resümee. Die Positionen seien verhärtet, es werde schwierig sein, das aufzulösen. Der Ukraine-Krieg werde ihrer Einschätzung dann enden, wenn die russische Aggression aufhöre.

Österreich unterstütze die Ukraine in politischer, finanzieller und humanitärer Hinsicht, betonte Edtstadler. Klar sei aber auch, dass Österreich militärisch neutral sei und sich weder direkt noch indirekt an Waffenlieferungen beteilige, selbst wenn diese über die EU laufen. Es gebe auch überhaupt keinen Druck von Seiten der EU in diese Richtung, versicherte Edtstadler. Die Neutralität stehe für sie "außer Zweifel", diese sei wichtig und prägend für die Identität. Österreich werde auch "dranbleiben" und sich weiter als Verhandlungsort anbieten. Zuvor hatte FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan gemeint, dass sich Österreich mit der Teilnahme an der "EU-Friedensfazilität" sehr wohl indirekt an Waffenlieferungen an die Ukraine beteilige.

Von Seiten der Abgeordneten wurden außerdem das gegen Österreich laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen säumiger Umsetzung der Verbandsklage-Richtlinie und die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) angesprochen. Laut Edtstadler ist die Umsetzung der EU-Richtlinie derzeit innerhalb der Regierung in Abstimmung – ein Entwurf des Justizministeriums liege erst seit Ende Dezember vor. In Bezug auf die SDGs werde es einen zweiten freiwilligen nationalen Umsetzungsbericht geben, wobei der Schwerpunkt noch nicht feststeht.

Selma Yildirim (SPÖ) machte geltend, dass eine Umsetzung der EU-Verbandsklage-Richtlinie von großer Bedeutung für die Konsument:innen wäre und ihre Rechtssituation verbessern würde. Sie ortet aber Widerstand seitens der ÖVP.

Stiftung Forum Verfassung: ÖVP stellt Beschluss für April in Aussicht

Gemäß dem gemeinsamen Antrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS (3077/A) soll die Stiftung "Forum Verfassung" eng an den Verfassungsgerichtshof angebunden sein und neben einer Anschubfinanzierung von 710.000 € jährlich rund 700.000 € aus Budgetmitteln des Bundes erhalten. Mit dem Geld sollen unter anderem eine Ausstellung mit digitalem Schwerpunkt, interaktive Führungen, Veranstaltungen und die Entwicklung von Unterrichtsmaterial finanziert und wissenschaftliche Arbeiten gefördert werden. So ist alle zwei Jahre die Vergabe eines Verfassungspreises vorgesehen. Ziel des Vorhabens ist es, die Bedeutung der Bundesverfassung und des Verfassungsgerichtshofs stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und das Verfassungswissen zu verbessern.

Als Stiftungsorgane sieht der Gesetzentwurf neben einem dreiköpfigen Vorstand – bestehend aus drei Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs – sowie einem vom Finanzministerium zu bestellenden Prüfer bzw. einer Prüferin auch ein beratendes Kuratorium vor, dem unter anderem die jeweiligen Präsident:innen des Obersten Gerichtshofs (OGH), des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie Vertreter:innen der Nationalratsparteien, der Universitäten, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer angehören sollen. Hier haken unter anderem die Bundesjugendvertretung, der Seniorenrat und der Gemeindebund ein, sie pochen ebenfalls auf einen Sitz in diesem Gremium. Auch die Fachhochschulen fühlen sich zu wenig berücksichtigt, wie die im Begutachtungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen zeigen.

Im Zuge der Debatte machte ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl (ÖVP) geltend, dass der Großteil der Stellungnahmen positiver Natur sei. Man müsse sich den Gesetzentwurf aber noch einmal anschauen, sagte er und stellte einen Abänderungsantrag für die nächste Sitzung des Verfassungsausschusses im April in Aussicht. Nikolaus Scherak (NEOS) kann sich etwa vorstellen, den Stiftungsvorstand zu vergrößern oder die Kriterien für die Mittelverwendung bzw. den Verfassungspreis klarer zu definieren. "Wir werden, glaube ich, eine gute Lösung hinkriegen", meinte er.

Über die "Aufregung", die der Antrag zum Teil hervorgerufen habe, zeigten sich nicht nur Scherak, sondern auch Georg Bürstmayr (Grüne) und Selma Yildirim (SPÖ) überrascht. Das Projekt habe eine ganz andere Intention als von manchen befürchtet, sagte Yildirim. Es gehe nicht darum, dass sich der VfGH selber beforsche, vielmehr wolle man der Bevölkerung Verfassungswissen vermitteln und sie dazu motivieren, sich mit der Verfassung zu beschäftigen. Man solle die geäußerte Kritik aber ernst nehmen und im Abänderungsantrag darauf eingehen, waren sich Yildirim und Bürstmayr einig. Er hoffe, dass die weitere Debatte mit weniger Aufregung geführt werden könne, sagte Bürstmayr.

In der Begründung des Antrags wird unter anderem darauf verwiesen, dass die anlässlich des 100. Geburtstags der Bundesverfassung im Jahr 2020 angebotenen Veranstaltungen auf breites Interesse gestoßen sind und die Informations- und Vermittlungsarbeit nun dauerhaft abgesichert fortgeführt werden soll. Dabei stehen insbesondere Schüler:innen und Student:innen im Fokus, aber auch die allgemeine Öffentlichkeit soll angesprochen werden.

Seitens der FPÖ begrüßte Harald Stefan die Vertagung. Seine Fraktion hätte heute gegen den Entwurf gestimmt, betonte er. Nicht nur sei der Titel der Stiftung missverständlich, Stefan wertete es auch als problematisch, die "PR" einer Institution wie den VfGH mit 700.000 € jährlich zu unterstützen. Der VfGH sei wichtig für die Gesellschaft, brauche aber wohl aber keine Werbung. Zudem "hinkt" es seiner Meinung nach "ein bisschen", wenn der VfGH selbst über seine Rechtsprechung forsche. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) gs


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