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Nationalrat: SPÖ fordert Gaspreisdeckel zur Senkung der Inflation

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"Wo bleibt Österreichs Einsatz für leistbare Energie in Europa?", nahm die SPÖ heute eine energiepolitische Fragestellung als Anlass für die Aktuelle Europastunde im Nationalrat und betitelte die Debatte "Schluss mit der Spekulation". Der EU-Sprecher der SPÖ Jörg Leichtfried und seine Fraktionskolleg:innen plädierten für einen Gaspreisdeckel, während Energieministerin Leonore Gewessler und die Regierungsparteien die europäischen wie nationalen Maßnahmen verteidigten. FPÖ und NEOS konnten dem SPÖ-Anliegen ebenso wenig abgewinnen.

SPÖ ortet Versagen des Energiemarkts

Der Energiemarkt sei völlig aus dem Ruder gelaufen und funktioniere weder in Österreich noch in Europa, kritisierte Jörg Leichtfried (SPÖ), dass auf europäischer Ebene keine Markteingriffe vorgenommen wurden. Die österreichische Bundesregierung hätte eine Änderung des Merit-Order-Systems dreimal aktiv verhindert, so der Vorwurf. Andere Länder – Leichtfried verwies auf Spanien, Portugal und Frankreich – hätten die Energiepreise reguliert und nun nur halb so hohe Inflationsraten wie Österreich, hielt er der Koalition vor. Auch in Deutschland sei durch den Gaspreisdeckel die Inflation um 2 % gedrückt worden, sagte er.

Auf europäischer Ebene sei mit dem Höchstpreis für Gas zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung gesetzt worden, der in seinen Augen zu hoch angesetzte Oberdeckel würde Spekulation aber nicht verhindern, so der SPÖ-EU-Sprecher. Den Energiekostenzuschuss der Bundesregierung stellte er ebenfalls in Frage und meinte, der Staat würde in Unternehmensgewinne investieren, was Spekulanten und Konzerne zu Gewinnern mache. Die Millionen Menschen, die in Österreich leben, seien hingegen die Verlierer, beklagte Leichtfried.

"Investitionssignal" für erneuerbare Energien von Gewessler

Bundesministerin Leonore Gewessler verwies in ihrer Replik auf die häufigen Zusammentreffen der EU-Energieminister:innen im vergangenen Jahr und hob die beschlossenen EU-Verordnungen als "zentrale energiepolitische Weichenstellungen" hervor. "Energiepolitik ist europäisch", meinte sie Energieversorgung und deren Leistbarkeit nur im Gleichklang bewältigen zu können. Die Politik habe zu lange zugeschaut, wie Europa an die "Gasleine" genommen wurde, nun zahle man den Preis für die Abhängigkeit, sagte die Ministerin.

Die Preistreiberei von Gas führe auch zu hohen Strompreisen, worunter die Bevölkerung leide. Auf europäischer Ebene konnten aber konkrete Schritte gesetzt werden, um die Kosten zu reduzieren, meinte sie etwa zum gemeinsamen Gaseinkauf. Nachdem die Preise an den Großmärken wieder gesunken sind, gehe es nun darum, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass die niedrigen Preise auch bei den Konsument:innen ankommen. Damit es zu keinem Missbrauch kommt, hätten sich die Bundeswettbewerbsbehörde und die E-Control in einer Taskforce zusammengetan, um die Preisentwicklung zu überwachen und jedem Hinweis auf Preismanipulation nachzugehen, erläuterte Gewessler in Folge auch die vielfältigen Maßnahmen auf nationaler Ebene.

"Wir sind noch lange nicht am Ziel", räumte die Ministerin ein. Österreich werde auf europäischer Ebene mit starker Stimme weiter Verbesserungen einfordern. Es müsse gelingen, den Strompreis vom Preis fossiler Energieträger abzukoppeln um gleichzeitig ein klares Investitionssignal für erneuerbare Energien zu schaffen. Erneuerbare Energie sei der Weg in die Zukunft und die günstigste Form, Energie zu erzeugen, so Gewessler.

SPÖ für solidarisches, krisensicheres Energiepreismodell

Energie sei ein Grundbedürfnis, das verlässlich zur Verfügung stehen, solidarisch geteilt und leistbar sein sollte und nicht ein Geschäftsmodell, um sich mit horrenden Energiepreisen die Taschen vollzustopfen, sagte SPÖ-Mandatarin Julia Herr. Ein Gaspreisdeckel wäre notwendig, da die Energiepreise die Inflation unglaublich anheizen würden, untermauerte sie die in der heutigen Aktuellen Europastunde von ihrem Fraktionskollegen eingangs aufgeworfenen Punkte. Alois Schroll (ebenfalls SPÖ) warf der Regierung vor, die Teuerungskrise nur mit halbherzigen, mangelhaften Lösungen zu bekämpfen und sprach sich für ein krisensicheres Strommarktdesign aus. Auch Hannes Heide, SPÖ-Mitglied im EU-Parlament, meinte, dass eine Energiewende nur mit einer gesamteuropäischen Lösung zustande kommen könnte. Außerdem greife es zu kurz, ausschließlich den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu machen. Die Preise seien bereits zuvor wegen der Abhängigkeit von russischen Importen in die Höhe gegangen, so Heide.

FPÖ fordert Ende der Sanktionspolitik

Wenig Verständnis für die Wahl des Themas für die Aktuelle Europastunde hatte die FPÖ. Die SPÖ versuche sich als Kämpfer gegen die Teuerung darzustellen, laut FPÖ-Mandatarin Petra Steger würde die Partei aber durch Unterstützung von Corona-Maßnahmen, "Klima-Fanatismus" und Russland-Sanktionen als "Inflationstreiber" Verantwortung für die Entwicklung tragen. In Sachen Glaubwürdigkeit mache die SPÖ "der schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten" Konkurrenz, so Steger. Sie forderte ein Ende der Sanktionspolitik gegen Russland. Auch FPÖ-Mitglied im Europäischen Parlament Roman Haider warf der SPÖ vor, sämtliche Beschlüsse im EU-Parlament mitgetragen zu haben, die zur "fatalen" Energiesituation führten. Die Hauptverantwortlichen für die Preisexplosion würden jedenfalls in Brüssel und auf der Regierungsbank sitzen, sagte er. Axel Kassegger (FPÖ) bezeichnete es als "Märchen", künftig kein Öl und Gas mehr zu brauchen. Man sollte eine realistische Standortpolitik und keine idealisierte Klimapolitik verfolgen, schlug er vor.

NEOS: Putin trägt Verantwortung für hohe Energiepreise

Die NEOS befürworten den SPÖ-Vorschlag nicht. Bei einem Gaspreisdeckel würde der Verbrauch fossiler Energien zunehmen, meinte Gerald Loacker (NEOS). Diese "Fantasie" der SPÖ würde "Licht aus" für den ganzen Kontinent bedeuten, meinte auch NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon. Dabei rief sie in Erinnerung, das die Verantwortung für die hohen Energiepreise bei Putin liege. Ihrer Meinung nach seien "Jahre der Sabotage" rückgängig zu machen, wobei auf europäischer Ebene viel geschaffen worden sei. Der Bundesregierung warf sie Untätigkeit in der Energiepolitik vor, da es Aufgabe der Mitgliedstaaten sei, die Kosten zu subventionieren. Die Zukunft gelte es, erneuerbar und leistbar zu gestalten. In nur wenigen Bereichen sei Österreich so unabhängig von der EU wie bei der Energie, meinte dazu NEOS-Mandatarin Karin Doppelbauer. Die EU sei nicht daran schuld, dass Österreich beim Ausbau erneuerbarer Energien hinterherhinke und den Netzausbau verschlafen habe.

ÖVP: EU-Maßnahmen mit "rot-weiß-roter" Handschrift

Dass die richtigen Maßnahmen getroffen wurden, um das, was durch den russischen Angriffskrieg ausgelöst wurde, einzudämmen, betonte ÖVP-Abgeordnete Tanja Graf. Die europäischen Maßnahmen würden eine "rot-weiß-rote" Handschrift tragen. Österreich habe die Abhängigkeit vom russischen Gas von 80 auf 20 % gesenkt und die Gasspeicher rechtzeitig gefüllt. Wichtig wären auch die beschlossenen Solidaritätsmaßnahmen und der Ausbau erneuerbarer Energien für langfristige Unabhängigkeit. Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) erinnerte daran, beim hohen Energiepreis nicht Ursache und Wirkung zu verwechseln. Die Ursache sei die Importabhängigkeit von fossiler Energie. Er appellierte ans "Produzieren statt Importieren", was die Preise langfristig stabilisieren und Standortsicherheit bringen würde. Das von der SPÖ vorgeschlagene massive Eingreifen in den Markt würde zu Verknappungen führen, lehnte er eine Gaspreisbremse ab.

Grüne: Energiesystem der Zukunft ist energieeffizient

Beim Gas habe der Markt nicht versagt, meinte Lukas Hammer (Grüne) zu der Debatte. Die SPÖ würde das Thema zu populistisch führen. Der Gaspreis sei vielmehr Ausdruck einer Knappheit, immerhin sei man von einem Energieträger abhängig, den man selbst nicht habe. Beim Strom sei die Preisentwicklung diffiziler zu betrachten, erklärte er. Während das Energiesystem der Vergangenheit auf dem Zukauf von billigem Öl und Gas aus dem Ausland basierte, das direkt in die "Klimahölle" führe, würde es beim Energiesystem der Zukunft um mehr Energieeffizienz und den Umstieg auf erneuerbare Energie gehen, sagte Hammer. Diese Zukunft habe bereits begonnen. Auch seine Grüne-Fraktionskollegin Elisabeth Götze betonte das Ziel der Klimaneutralität. Zum Gaspreisdeckel meinte sie, dass er nicht mehr leistbar sei, weil die Steuerzahlenden die Differenz zahlen müssten. (Fortsetzung Nationalrat) fan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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