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33. Wiener Gemeinderat (8)

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Um 16 Uhr wurde die laufende Sitzung für die Behandlung einer dringlichen Anfrage an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) unterbrochen. Die Anfrage hatte die ÖVP gestellt, sie lautete „Aufklärung über den Fördermittelmissbrauch im Kindergartenverein Minibambini sowie die fehlende bzw. ineffektive Kontrolle durch die städtischen Behörden“

GR Harald Zierfuß (ÖVP) lieferte die Begründung für die „Dringliche“. Er kritisierte, dass der Vorsitzende einzelne Fragen der „Dringlichen“ nicht zulasse. Er ortete außerdem ein „Kontrollversagen“ der Stadt bei „Minibambini“. Aus dem Vereinsregister sei herauszulesen gewesen, dass alle Beteiligten den selben Namen hätten; die Mutter sei die Vorsitzende, die Tochter für die Pädagogik zuständig und auch Schwiegersohn und Ex-Partner im Vorstand. Bei Nachfragen der ÖVP im Rahmen von Debatten zu Anstoßfinanzierungen im zuständigen Gemeinderatsausschuss habe die Stadt immer betont, dass die Zusammenarbeit mit dem Verein immer gut funktioniert habe. Es seien schon in der Vergangenheit Fördergelder bei „dubiosen Kindergarten-Vereinen versickert“ – Stichwort „Alt Wien“ oder „Islamkindergärten“, im Fall von „Minibambini“ würde sich die Geschichte jetzt wiederholen. Der MA 10 sei offenbar nicht aufgefallen, dass das Essen „über Jahre von einer Baufirma kommt“, ebenso habe niemand die hohen Barzahlungen hinterfragt. Er warf der MA 11 vor, „stichhaltigen Hinweisen“ nicht nachgegangen zu sein, es habe erst einen Stadtrechnungshof-Bericht gebraucht, bis gehandelt wurde. Offenbar sei die Kindergarten-Betreiberin „gut vernetzt“ gewesen, die Kontrollore bei der MA 10 und MA 11 bei der Kontrolle hingegen „hoffnungslos überfordert“. Die Stadt habe Millionen Euro an Förderungen in den letzten Jahren ausgezahlt, jetzt würden lediglich ein paar 100.000 Euro zurückgefordert, für offensichtliche Vergehen wir mit Fördergeldern bezahlte Strafzettel. Der Bericht des Stadtrechnungshof lese sich wie ein Kriminalroman und zeichne ein „verheerendes Bild für den Verein, aber auch ein verheerendes Bild für die Kontrollinstanzen der Stadt“, sagte Zierfuß. Das Vertrauen in den zuständigen Stadtrat Wiederkehr sei laut Zierfuß „erschöpft“; er ortete auch einen Mitverantwortung des Bürgermeisters – daher auch die Anfrage an den Stadtchef.

Bgm Dr. Michael Ludwig (SPÖ) betonte in seiner Beantwortung, dass der Stadt Wien ein vielfältiges und bedarfsorientiertes elementares Bildungsangebot sowie die Wahlfreiheit der Eltern besonders wichtig sei. Rund zwei Drittel der Kindergartenplätze würden von privaten Bildungseinrichtungen angeboten. Die Stadt Wien fördere rund 410 private elementare Bildungseinrichtungen sowie Tagesmütter und Tagesväter. Im Jahr 2022 seien 412 Millionen Euro an Förderungen an private Trägerorganisationen ausbezahlt worden; im Modell „Beitragsfreier Kindergarten“ würden im Monat rund 54.000 Kinder gefördert.

Die MA 10 führe laufend Kontrollen hinsichtlich der widmungsgemäßen Verwendung der Förderungen durch, betonte Ludwig. Sowohl bei der Fördergewährung als auch bei der Förderkontrolle seien die Regeln transparent und für jeden einsehbar. Dem Förderbereich der MA 10 seien 19 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter zugeordnet, berichtete Ludwig. Das Betriebsbewilligungsverfahren für Kindergärten sei im Jahr 2018 novelliert worden und sehe eine verpflichtende Vorlage eines Businessplans als Voraussetzung zur Erteilung einer Betriebsbewilligung vor, betonte Ludwig. Somit seien die Standards bereits vor mehreren Jahren auf ein sehr hohes Niveau gehoben worden.

Eine der Voraussetzungen für einen „Beitragsfreien Kindergartenplatz“ in Wien sei unter anderem die Kundennummer, die auch für die Verrechnung herangezogen wird, erklärte Ludwig. So werde sichergestellt, dass kein Kind doppelt bei der MA 10 abgerechnet werden kann. Die Abrechnung erfolge über den monatlichen Leistungsnachweis, der elektronisch übermittelt wird, erklärte der Bürgermeister. Im EDV-System der MA 10 seien bereits automatische Prüfroutinen implementiert worden, erklärte Ludwig.

Von den geförderten Kindergartenträger würden regelmäßig monatliche Leistungsnachweise und Jahresabrechnungen eingefordert und überprüft, und es würden „risikoorientierte Prüfungen durchgeführt, vertiefte Prüfungen, Prüfungen durch externe Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer sowie Prüfungen im Anlassfall“, so Ludwig.

Zwischen 2017 und 2022 seien insgesamt 5.401 Prüfungen von Kindergartenträger und -Vereinen durchgeführt worden, berichtete der Bürgermeister. Kindergarten-Träger würden einmal jährlich im Zuge der Förderabrechnung von der MA 10 kontrolliert. Dazu kämen noch Sonderprüfungen, anlassbezogene Prüfungen und gegebenenfalls Prüfungen von Teilbereichen des Angebots der Kindergartenträger.

Zum Thema Kosten-Vergleich bei privaten und öffentlichen Kindergartenplätzen erklärte Ludwig, dass sich die Ausgaben der MA 10 für den Betrieb städtischer Kindergärten nicht direkt mit den Kosten für private Kindergartenplätze vergleichen ließen, da bei der MA 10 auch Kosten anfallen, die sowohl den städtischen als auch den privaten Kindergärten zugutekommen. „Das Aufteilen von Steuergeldsummen auf einen Platz – egal ob privat oder städtisch – um monatliche oder jährliche Kosten im Durchschnitt darzustellen, schafft keine Vergleichbarkeit, da Aufwendungen für elementare Bildungsplätze differenziert zu betrachten sind“, sagte Ludwig. Selbst innerhalb des Platzangebots einer einzelnen Trägerorganisation seien die Kosten für einen Platz unterschiedlich, zum Beispiel bedingt durch unterschiedliche Personalkosten, Miet-, Betriebs- und Instandhaltungskosten an unterschiedlichen Standorten. 

Der Verein „Kindergarten Minibambini“ sei seit Einführung des Modells „Beitragsfreier Kindergarten“ im September 2009 gefördert worden und habe auch diverse „Anstoßfinanzierungen“ erhalten, so Ludwig. Insgesamt habe der Verein zwischen 2010 und 2022 Förderungen in der Höhe von rund 39.256.000 Euro erhalten; zuletzt im Jahr 2022 insgesamt 6.760.693,06 Euro. Für das Angebot des beitragsfreien Kindergartens seien 37.761.429,83 Euro an den Verein geflossen; für die Anstoßfinanzierung 1.437.090 Euro und als Covid-19-Hilfen 391.852,93 Euro zählte der Bürgermeister auf. Laut Abrechnung aus dem November 2022 wurden 874 Kinder gefördert. Der Verein habe aktuell sieben bewilligte Standorte mit neun Dependancen, zitierte Ludwig aus den Unterlagen der MA 10.

Von der MA 10 werde routinemäßig allen Beschwerden nachgegangen, betonte Ludwig. Konkret habe es durch die MA 10 beim Verein insgesamt 53 Kontrollen in verschiedener Form gegeben. Dabei seien unterschiedliche Beanstandungen zu verzeichnen gewesen.

In der MA 10 werde jede Beschwerde protokolliert. Je nach Beschwerde werde dann eine anlassbezogene Prüfung durchgeführt und entsprechende Unterlagen würden von den Prüfer*innen angefordert.

Im Fall der anonymen Beschwerde einer ehemaligen Mitarbeiterin zum Kindergartenvereien „Minibambini“, welche der MA 10 zur Überprüfung übermittelt wurde, sei eine anlassbezogene Prüfung in die Wege geleitet worden, sagte Ludwig. Laut dem anonymen Hinweis sollen Kinder mit der Stadt Wien verrechnet worden sein, die nicht im Kindergarten anwesend waren und Mitarbeiter nicht richtig bei der zuständigen Sozialversicherung gemeldet worden sein bzw. nicht den geltenden Bestimmungen entsprechend entlohnt worden sein. Auch die nicht erfolgte Auszahlung einer verpflichtenden Corona-Prämie war Gegenstand der Beschwerde, so Ludwig. 

Die MA 10 habe daraufhin eine umfassende Personalprüfung vollzogen, bei der „sanierbare Mängel festgestellt“ wurden, so Ludwig. Diese seien alle innerhalb der festgelegten Frist behoben worden. Auch die Corona-Prämie sei an alle Mitarbeiter ausbezahlt worden, teilweise sei auf die finanzielle Entschädigung verzichtet und stattdessen Freizeit in Anspruch genommen worden, berichtete Ludwig aus den Unterlagen der MA 10. Die Trägerorganisation hätte der MA 10 gegenüber alle Vorwürfe schlüssig und nachvollziehbar aufklären können. Auch eine stichprobenartige Kontrolle der Elternverträge und Anwesenheitslisten sei durchgeführt worden; diese hätte kein nennenswertes Vergehen gezeigt, so Ludwig.

Zum Vorwurf, dass der Kindergartenverein Rechnungen über Scheinfirmen gelegt hätte, erklärte Ludwig, dass in den Jahresabrechnungen der Kindergartenträger die Gesamtsumme ohne Nennung der Firma und ohne Rechnungen vorgelegt werden, sodass nicht ersichtlich sei, welche Firma beauftragt bzw. bezahlt worden sei. Würde die MA 10 Kenntnis davon erlangen – zum Beispiel im Zuge von stichprobenartigen Kontrollen – dass es sich um Scheinfirmen handelt, würden Rechnungen selbstverständlich nicht akzeptiert werden.

Zum Thema Rückforderungen an den Träger erklärte Ludwig, dass im Jahr 2021 der Kindergartenverein im Rahmen der Anstoßfinanzierung Fördermittel erhalten habe, um neue Plätze zu schaffen. Die neue Gruppe sei jedoch seitens des Vereins nicht fristgerecht eröffnet worden, weshalb eine diesbezügliche Rückforderung besteht, erklärte Ludwig. Außerdem werde die Stadt auch mit Fördergeld gezahlte Verwaltungsstrafen in der Höhe von 18.500 Euro zurückfordern.

Nachweise über schwerwiegende, nicht sanierbare pädagogische Mängel, die einem Weiterbetrieb entgegenstehen würden, liegen nach Prüfung nicht vor, fasste Ludwig zusammen. Klar nicht widmungsgemäß eingesetzte Fördergelder würden selbstverständlich zurückgefordert. Eine vertiefte Prüfung durch eine Wirtschaftsprüferin bzw. ein Wirtschaftsprüfer sei von der MA 10 beauftragt.

Die MA 10 unternehme jedenfalls alles in ihrer Macht stehende, um einerseits aktiv die Aufklärung der Vorwürfe voranzutreiben und andererseits die Kindergartenplätze der betreuten Kinder zu sichern.

Wenn private Kindergärten schließen müssen, unterstützen und informieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Stellen der Stadt Wien Eltern bei Fragen zu alternativen Plätzen, betonte Ludwig. Sollten Familien Unterstützung bei der Suche nach alternativen Plätzen benötigen, können diese sich auch an das Infotelefon der MA 10 wenden, erklärte Ludwig. (Forts.) ato

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