Die Österreichische Gesellschaft für Architektur trauert um Gunther Wawrik (7.10.1930 – 9.1.2023) | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Die Österreichische Gesellschaft für Architektur trauert um Gunther Wawrik (7.10.1930 – 9.1.2023)

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Mit dem Tod von Gunther Wawrik verliert die österreichische Architekturszene eine ihrer pointiertesten Stimmen. Bis ins hohe Alter blieben seine Beiträge zur Architektur ein exploratives Spiel mit Möglichkeiten, das untrennbar mit der Freude an Denkprozessen verknüpft war. Der in Wien lebende Architekt, der an der TH Wien Architektur studiert hatte, kultivierte eine ergebnisoffene Methode, die er selbst beiläufig als „Basteln“ bezeichnete und die „eine respektvolle, gleichwohl fragende Haltung dem Vorhandenen gegenüber“ bedingte.

Zu welcher Qualität der Verzicht auf vorgefasste Ergebnisse führen kann, zeigen die frühen typologisch-konstruktiven Experimente: etwa die Terrassenhäuser Goldtruhe in Brunn am Gebirge (1969) und das Bürohaus Grothusen (1971) – beide in Arbeitsgemeinschaft mit Hans Puchhammer entstanden. Spätere Bauten wie die Aussegnungshalle Gräfelfing in Bayern (1999) und drei Berliner Bürohäuser (1996 mit Lucia Beringer) zeigen die Sorgfalt des „wilden Denkens“ vom Städtebau bis zum Grundrissdetail.

Als Professor für Entwerfen, Baukonstruktion und Städtebau an der Fachhochschule in München gelang es Wawrik 1985–1996, die Studierenden in vergnüglichen Themenstellungen zur Freiheit des Denkens anzustiften – Freundschaften entstanden.

Für seine fachliche Integrität und die Bereitschaft, sich mit divergierenden Projektideen vorurteilsfrei auseinanderzusetzen, war er in Wettbewerbsjurys und Fachbeiräten geschätzt. Als Vorstandsvorsitzender der ÖGFA hat Gunther Wawrik Ende der 1970er Jahre wichtige Impulse der Erneuerung gesetzt, indem er junge Talente zur Mitarbeit motivierte. Der ÖGFA blieb er über Jahrzehnte hinweg, seit 2017 als deren Ehrenmitglied, als kritischer Mentor verbunden.

In seinen letzten Lebensjahren widmete sich Wawrik, der in Salzburg aufwuchs und am Gaisberg den Ausblick über die Altstadt und die Weite der Landschaft genoss, der Fiktion einer „Bergstadt“ als kritischem Gegenentwurf zum städtebaulichen Wildwuchs der Stadt im Tal. Das inspirierende Gedankenexperiment, das 2020 in Buchform erschien, wurde Ende 2022 in einer Ausstellung der Initiative Salzburg gezeigt. Dabei brachte Wawrik das Kunststück zuwege, die Bergstadt schwerelos im Raum schweben zu lassen. Zuletzt tüftelte er an einem stapelbaren Sessel von „nie dagewesener Leichtigkeit“.

Gunther Wawrik verstarb im 93. Lebensjahr nach kurzer schwerer Krankheit.

 

Gabriele Kaiser / ÖGFA

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