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Fällt die EU-Pestizidreduktion?

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Die erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative "Bienen und Bauern retten" und der europäische Bio-Dachverband Organics Europe warnen vor dem Versuch einer Gruppe von EU-Mitgliedstaaten, den Gesetzesvorschlag zur EU-Pestizidreduktion schon am kommenden Samstag zu Fall zu bringen. GLOBAL 2000 appelliert an die Österreichischen Minister:innen Norbert Totschnig (Landwirtschaft), Leonore Gewessler (Klima) und Johannes Rauch (Gesundheit), die Blockadehaltung sofort zu beenden und die EU-Pestizidreduktion rasch und mutig auf den Weg zu bringen. 

Einsatz und Risiko von Pestiziden sollen mit dem Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission um 50 % reduziert werden. Im EU-Agrarministerrat am 26. September 2022 hatte eine Gruppe von zehn Mitgliedstaaten (Österreich, Bulgarien, Estland, Ungarn, Lettland, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei und Slowenien) in einem gemeinsamen Non-Paper eine "ergänzende Folgenabschätzung" (“Impact Assessment”) zum Gesetzesvorschlag der EU–Pestizidreduktion gefordert. Der Kreis der Blockierer wuchs seitdem beträchtlich: Einem GLOBAL 2000 vorliegenden nicht-öffentlichen Protokoll zufolge, ist die Zahl der Mitgliedstaaten, die die Forderung nach einer weiteren Folgenabschätzung unterstützen, inzwischen auf 17 gestiegen. Neu hinzugekommen sind Italien, Litauen, Finnland, Portugal, Luxemburg, Irland und Griechenland. Eine Minderheit der Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Spanien, Schweden und Zypern) lehnt eine weitere Folgenabschätzung klar ab. Details dazu finden Sie im Medienbriefing.

“Einige Agrarminister:innen – leider auch der von Österreich – scheinen auf das Prinzip 'Paralyse durch Analyse' zu setzen, um die Pestizidreduktionspläne der EU-Kommission zu Fall zu bringen”, warnt Helmut Burtscher-Schaden, Mit-Initiator der EBI “Bienen und Bauern retten” und Biochemiker von GLOBAL 2000. ”Denn klar ist, dass der Erkenntnisgewinn einer solchen Folgenabschätzung äußerst fraglich ist. Die vorgeschlagenen Fragen sind einseitig und klammern erwartbare positive Effekte auf Gesundheit und Umwelt ebenso aus, wie die hinreichend belegten negativen Effekte, falls Pestizide weiterhin in gleichbleibender Intensität eingesetzt werden”, so Burtscher-Schaden weiter. 

Widerstand der Wissenschaft

Die Kritiker:innen der EU-Pestizidreduktionspläne hatten sich bereits im März dieses Jahres unter Hinweis auf den Krieg in der Ukraine für eine Aussetzung der Farm-to-Fork-Strategie ausgesprochen und damit den heftigen Widerstand von über 660 Wissenschaftler:innen auf sich gezogen.

Josef Settele, Co-Vorsitzender des Weltbiodiversitätsrates und Erstunterzeichner des Briefes der Wissenschaftler:innen, erklärt: "Dieser Appell hat auch heute noch volle Gültigkeit. Die derzeitigen politischen Bestrebungen, die Nachhaltigkeitsziele des Europäischen Green Deal, einschließlich der Reduzierung des Pestizideinsatzes und der Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, aufzugeben, schützen uns nicht vor der aktuellen Krise, sondern führen zu einer Verschärfung und machen die Krise dauerhaft. Schon jetzt beeinträchtigen die globale Erwärmung und der Verlust der biologischen Vielfalt die Ernteerträge und Lebensgrundlagen weltweit. Das Zeitfenster, in dem wir durch entschlossenes und gezieltes Handeln eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten sichern können, schließt sich schnell. Wenn wir es heute versäumen, die notwendige Umgestaltung unseres Lebensmittelsystems, wie sie die Farm to Fork-Strategie skizziert, einzuleiten, wird sich die Situation erheblich verschlechtern."

Bio-Bauern und Bio-Bäuerinnen: Pestizidreduktion enorm wichtig

Jan Plagge, Präsident von Organics Europe"Mehr als dreihunderttausend Biobauern in ganz Europa beweisen jeden Tag, dass der ökologische Landbau und andere agrarökologische Praktiken, bei denen keine synthetischen Düngemittel und Pestizide verwendet werden, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt beitragen und gleichzeitig gesunde Lebensmittel in bester Qualität und ausreichender Menge liefern können. Damit das so bleibt, müssen wir unsere Ökosysteme schützen. Die Verringerung des Einsatzes chemisch-synthetischer Pestizide und die Erhöhung der landwirtschaftlichen Vielfalt sind unerlässlich, um die natürlichen Ressourcen zu schützen, auf die wir für die Erzeugung unserer Lebensmittel angewiesen sind. IFOAM Organics Europe ruft daher alle Mitgliedstaaten auf, weiterhin konstruktiv an der EU-Pestizidreduktion (SUR) zu arbeiten.”

Ramona Duminicioiu von Eco Ruralis, der rumänischen Kleinbäuer:innen-Vereinigung, die über 17.000 Landwirt:innen vertritt, berichtet: "Rumänien ist ein Land der Kleinbäuer:innen. Mehr als 4 Millionen Menschen sind in der Landwirtschaft tätig, aber mehr als 90 % der Landwirte bewirtschaften weniger als 5 Hektar. Wir sind sicher, dass eine möglichst strenge Regulierung aller chemischen Betriebsmittel in der Landwirtschaft für kleine und mittlere Erzeuger eine sehr positive Entwicklung ist. Die Pestizidreduktion trägt auch dazu bei, die Produktionskosten zu senken, was in der derzeitigen Krise von entscheidender Bedeutung ist. Sie trägt zur Gesundheit der Umwelt, der Verbraucher:innen und der Menschen bei, die mit diesen giftigen Stoffen arbeiten oder in direkten Kontakt kommen. Wir sind in der Lage, alle notwendigen Lebensmittel und sogar bessere Lebensmittel zu produzieren, ohne die hohen Kosten für Chemikalien zu tragen.”

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