31. Wiener Gemeinderat (3) | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

31. Wiener Gemeinderat (3)

0 203

GR Harald Zierfuß (ÖVP) formulierte die These, dass Bildung entscheidend sei für die Zukunftschancen in Wien – und SPÖ und NEOS würden dies nicht erkennen. Zierfuß nannte Zahlen: Ein Viertel aller Kinder, die vom Kindergarten in die Volksschule übertreten, seien auf Förderung angewiesen, da sie nicht ausreichend Deutsch sprechen könnten, insgesamt wären das 10.000 Kinder. Davon seien 60 Prozent in Österreich geboren und 80 Prozent länger als zwei Jahre im Kindergarten gewesen. „Was läuft in dieser Stadt schief, wenn Tausende Kinder, die im Kindergarten waren, dem Regelunterricht in der Schule nicht folgen können?“, fragte Zierfuß. In den Mittelschulen würden nur zwei von zehn Kindern die Bildungsstandards in Rechnen und Lesen erreichen, sagte Zierfuß. Das läge nicht an den Lehrerinnen und Lehrern, sondern an den vorgegebenen Rahmenbedingungen der Stadt Wien, meinte Zierfuß. Bei den 15- bis 24-Jährigen in Wien seien zehn Prozent weder in Ausbildung noch in Anstellung. Personal fehle auch bei den Wiener Linien, auch hier läge es an den vorgegebenen Rahmenbedingungen der Stadt. In den Kindergärten läge die Verantwortung für die Ausbildung beim Bund, doch das eigentliche Problem sei, dass nur ein Viertel der Ausgebildeten den Beruf ausüben auch würden. Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die an Schulen unterrichten wollen, hätten von der Bildungsdirektion Wien nicht einmal eine Antwort auf ihr Begehren bekommen, berichtete Zierfuß. „Das ist ein Systemversagen, das nur an Wien liegt“, sagte Zierfuß. Auch die Rahmenbedingungen für Einpendler*innen aus Niederösterreich, die in Wien unterrichten, müssten verbessert werden, zumal pro Monat im Schnitt 30 Pflichtschullehrer*innen in Wien ihren „Job hinhauen“ würden. Zierfuß stellte die Frage, wie Wien die vom Bund finanzierten Planstellen für den Pflichtschulbereich denn verwalte. „Wo wandern die Planstellen hin? Der Stadtrechnungshof wird das für uns prüfen“, kündigte Zierfuß an. Zusammenfassend meinte Zierfuß, dass die Qualität in den Wiener Bildungseinrichtungen erhöht werden solle, als erste Maßnahme müsse der Personalnotstand behoben werden.

GR Mag. Marcus Gremel, MBA (SPÖ) nannte den Titel der heutigen Veranstaltung „eine einzige Provokation“ – er habe sich dabei zwar geärgert, werde in seiner Rede aber inhaltlich seriös bleiben. Ein ihm vorliegender Antrag der Grünen, in dem unter anderem kleinere Kindergartengruppen oder mehr Vorbereitungszeit gefordert werden, wecke beim ihm Unverständnis: „Was bringt es immer wieder die gleichen Forderungen zu stellen, wenn in aktuellen Zeiten des Personalmangels diese nicht real umsetzbar sind.“ Um die Rahmenbedingungen in den Kindergärten zu verbessern, brauche es mehr ausgebildete Pädagog*innen. Der Bund müsse zuerst eine Ausbildungsreform vorlegen, die diesen Namen auch verdiene, etwa im Bereich der Erwachsenenbildung wie es Wien mit dem College Modell an der Bafep 21 vorzeige. Aber auch die Stadt Wien habe ihre Hausaufgaben zu machen, um die Situation in den Kindergärten „zumindest ein Stück weit“ zu verbessern. Deswegen wurden zum Beispiel die Sprachförderkräfte in Kindergärten aufgestockt. Die Reduzierung von sogenannten Nachsichten – wie von den Grünen gefordert – würde dazu führen, „dass hunderte Kindergartengruppen zugesperrt werden“ müssten. Die Aussage von Bildungsminister Polaschek, Personal von den Kindergärten und die Schulen zu bringen, mache ihn „perplex“, das sei absurd und würde die gegenwärtige Personalsituation in den Kindergärten nur verschärfen.

GRin MMag.a Julia Malle (GRÜNE) entgegnete ihrem direkten Vorredner, dass er eine „Verantwortungsabschiebung an den Bund“ betreibe, weil er seit Monaten „das Lied vom Bund singt. Das wird keinesfalls reichen, legen Sie einmal eine andere Platte auf“, forderte Malle. „Kindergärten sind in Landeskompetenz. Warum haben Sie bundeseinheitliche Richtlinien verhindert. Was kann diese Stadtregierung eigentlich?“, fragte Malle. Das Dilemma in der Elementarpädagogik sei, dass Dreiviertel der Ausgebildeten in Wien nicht in den Beruf einsteigen würden, weil attraktive Rahmenbedingungen in Wien fehlen würden. Man müsse ausgebildete Personen für den eigenen Beruf zu begeistern, forderte Malle. Den zuständigen Bildungsstadtrat würde Malle in dieser Diskussion „gar nicht wahrnehmen, was macht der eigentlich?“. Eine Erhöhung des Gehalts im Bereich der Elementarpädagogik würde nach Ansicht Malles nicht nur mehr Personen, sonder auch mehr Männer in den Beruf bringen. Malle brachte den Antrag ein, Maßnahmen zur Beendigung der Personalnot in Wiens elementaren Bildungseinrichtungen zu treffen.

GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) gab zu, dass aufgrund des demographischen Wandels ein Fachkräftemangel in ganz Österreich und Wien bestehe – das sei aber ein strukturelles Problem. Seiner Ansicht nach gebe es ein gemeinsames Interesse über die Parteigrenzen hinweg, dass die Elementarpädagogik funktioniere und es gemeinsame Anstrengungen gebe, das Qualitätsniveau in diesem Bereich zu heben. Die strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt würden auch die Anforderungen für die Arbeitgebern Wien verändern, das Recruiting der Stadt müsse attraktiver werden. Der Befund der Grünen zum Thema sei richtig, die Behandlungsmethoden je nach Partei seien unterschiedlich. Die Stadt und die Stadtwerke seien ein attraktiver Arbeitgeber mit einem tollen Gehaltsschema, flexible Arbeitszeitmodellen und Teilzeitmodellen, „die nicht in die Armut führen, wenn man in Pension geht“, so Taucher. Während früher die Bewerbungen von alleine eingetrudelt seien, müsse sich die Stadt jetzt verstärkt um Personal bemühen. So würden etwa in ganz Europa Busfahrer und Lkw-Fahrer fehlen, denn durch den Ukraine-Krieg und den Mangel an Fahrern aus Osteuropa gebe es einen starken Konkurrenzkampf der verschiedenen Arbeitgeber wie etwa Busunternehmer. Die Wiener Linien hätten auf den Mangel mit Anwerbungsmodellen mit Prämien von 500 Euro, Sprachkursen, Teilzeitmodellen, Shuttlediensten und Kinderbetreuungsdiensten für Beschäftigte reagiert. Von den eintreffenden Bewerbungen seien nur drei Prozent für den Dienst bei den Wiener Linien tauglich, früher habe diese Quote bei fünf Prozent gelegen. Taucher ortete „ein großes Bündel von Maßnahmen“, darunter auch eine Lehrlingsausbildungsoffensive mit einer Aufstockung von 200 auf 500 Lehrlinge bei den Wiener Linien. „Nicht nur die Stadt, die gesamte Wirtschaft muss sich umstellen, um in Zukunft qualifizierte Fachkräfte in den Beruf zu bekommen“, sagte Taucher. (Forts.) nic

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. PID Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.