Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 24. November 2022. Von ANITA HEUBACHER. "Ausländer ist nicht gleich Ausländer". | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 24. November 2022. Von ANITA HEUBACHER. „Ausländer ist nicht gleich Ausländer“.

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In Österreich konnten Parteien bis dato mit strenger Ausländerpolitik punkten. Damit die kommen, die Österreich braucht, wird man Zuwanderung neu denken müssen. Unser Wohlstand hängt auch von ausländischen Arbeitskräften ab. 

In Österreich dreht es sich beim Them­a Zuwanderung in der öffentlichen Wahrnehmung zumeist um Asylpolitik. Eine restriktive Haltung hat hierbei sowohl der ÖVP unter Altkanzler Sebastian Kurz wahre Höhenflüge beschert als auch der FPÖ wiederholt Aufstiege aus Tallagen garantiert. Aus dieser Haltung heraus dürfen Asylwerber bis heute nur unter Auflagen als Saisonarbeitskräfte arbeiten, obwohl sich ihre Verfahren oft jahrelang hinziehen. Der Zugang zum Arbeitsmarkt bleibt ihnen weitgehend verwehrt. Die Intention war vielfach, Ausländer wieder loszuwerden, anstatt sie zu integrieren. 
Österreich ist kein Einwanderungsland. Das wird sich ändern müssen, allein schon aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in Österreich. Die Politik wird wohl über einen Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber ebenso nachdenken müssen wie darüber, Zuwanderung für ausländische Arbeitskräfte zu erleichtern. 
In Europa fehlen in vielen Bereichen Arbeitskräfte. Österreich befindet sich deshalb in einem Wettbewerb. Zwischen 2011 und 2021 ist die Zahl der unselbstständigen Erwerbstätigen laut AMS um 380.000 Menschen gestiegen. Der Anstieg ist zu mehr als 90 Prozent auf ausländische Mitbürger zurückzuführen. Die Zahl der österreichischen unselbstständigen Erwerbstätigen ist im selben Zeitraum nahezu stagniert. Schon jetzt würde unsere Wirtschaft ohne das Zutun von Zuwanderern nicht funktionieren. Dies wissend, forderte AMS-Vorstand Johannes Kopf unlängst dazu auf, diesen Menschen mit mehr Respekt und Wertschätzung zu begegnen. Unser aller Wohlstand hänge davon ab. 
Der Mangel an Arbeitskräften hat Österreich schon einmal beim Thema Zuwanderung unter Zugzwang gebracht. Man holte Arbeitskräfte gezielt aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei und verpasste ihnen den Titel Gastarbeiter. Die Botschaft war klar, zu Gast in Österreich, um zu arbeiten. Geblieben sind dennoch viele und Probleme durch die Zuwanderung ob des fehlenden Integrationswillens der Politik und der Gesellschaft entstanden. 
Vielleicht lernen wir aus der Vergangenheit und gehen das Thema Zuwanderung offensiver an. 
Andere Staaten, und vor allem internationale Metropolen, tun dies bereits. Österreich hat viel zu bieten. Damit dies so bleibt, sollte man Zuwanderung ohne Ressentiments diskutiere­n. Restriktion, da wo sie erforderlich ist, Erleichterungen dort, wo sie nötig sind. Ohne Zuwanderung geht es nicht. Höchste Zeit, sie neu zu definieren und neu zu denken. 

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