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Hautmikrobiom als Faktor bei Stammzelltransplantationen erkannt

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(Wien, 13-10-2022) In den ersten Monaten nach einer Stammzelltransplantation kommt es bei bis zu 70 Prozent der Patient:innen zu Organschäden. Die genauen Hintergründe dieser potenziell lebensbedrohlichen Reaktion sind schon länger Gegenstand der Wissenschaft. Nun haben Forscher:innen um Georg Stary von der Universitätsklinik für Dermatologie von MedUni Wien und AKH Wien in Kollaboration mit dem Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases die bakterielle Vielfalt auf der Haut als Faktor identifiziert, der mit dem Auftreten der Komplikation in Zusammenhang steht. Die aktuell im Fachjournal „Leukemia“ publizierten Erkenntnisse leisten einen Beitrag zur Erforschung und Entwicklung neuer Therapieansätze.

Zu ihren Ergebnissen gelangten die Forscher:innen durch Untersuchungen der Haut von 50 Patient:innen, die überwiegend aufgrund einer Leukämie an der Abteilung für Knochenmarktransplantation der Universitätsklinik für Innere Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien mit einer Stammzelltransplantation (SZT) behandelt wurden. In den ersten Wochen bzw. Monaten nach Erhalt der Stammzellen von Spender:innen war es bei einem Teil der Proband:innen zu einer Spender:innen-gegen-Empfänger:innen-Reaktion (Graft-Versus-Host-Disease, GVHD) gekommen. Bei der genauen Analyse der Mikroorganismen auf der Haut (Hautmikrobiom) der Betroffenen stellte das Forschungsteam um Erstautorin Nadine Bayer und Studienleiter Georg Stary von MedUni Wien und AKH Wien eine drastische Abnahme der Bakterienvielfalt fest. „Besonders stark fiel die Reduktion der Vielfalt bei schweren Verläufen von GVHD aus – und zwar bereits bevor Symptome auftraten“, berichtet Georg Stary über zentrale Erkenntnisse. Gleichzeitig beobachteten die Wissenschafter:innen bei Patient:innen mit GVHD ein vermehrtes Auftreten von Staphylokokken auf der Haut, von Bakterien also, die schwere Infektionskrankheiten auslösen können. 

Reaktion betrifft fast immer die Haut

Trotz genauer Untersuchungen der Gewebemerkmale von Stammzell-Spender:innen und -Empfänger:innen sowie vorbeugender Medikamente kommt es nach Geschwisterspenden bei rund 30 Prozent und nach Spenden von nicht verwandten Personen bei etwa 70 Prozent der Patient:innen zu einer GVHD. Diese Reaktion besteht darin, dass Körperzellen von neu aus dem Transplantat entwickelten Immunzellen als fremd attackiert und in der Folge Organe geschädigt werden. Die Komplikation betrifft fast immer die Haut: Zu den ersten Symptomen zählen vor allem Ausschläge, die sich je nach Schweregrad als leichte Rötung oder schwer entzündliche Hautveränderungen mit einem Ablösen der obersten Hautschicht äußern können. 

Dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms den klinischen Verlauf nach einer Stammzelltransplantation beeinflusst, war der medizinischen Forschung bereits bekannt. Mit der Identifizierung des Hautmikrobioms bei GVHD steht den Wissenschafter:innen ein weiterer Faktor zur Erforschung und Entwicklung verbesserter Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung. „Folgestudien sollen nun zeigen, ob die Veränderung des Hautmikrobioms zur Entstehung der GVHD beitragen kann und ob sich aus den gewonnenen Erkenntnissen neue Therapieansätze ableiten lassen“, blickt Studienleiter Georg Stary, der auch am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW und am Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases tätig ist, in die Zukunft. 

Publikation: Leukemia

Disturbances in microbial skin recolonization and cutaneous immune response following allogeneic stem cell transfer
Nadine Bayer, Bela Hausman, Ram Vinay Pandey, Florian Deckert, Laura-Marie Gail, Johanna Strobl, Petra Pjevac, Christoph Krall, Luisa Unterluggauer, Anna Redl, Victoria Bachmayr, Lisa Kleissl1, Marion Nehr, Rasmus Kirkegaard, Athanasios Makristathis, Martin L. Watzenboeck, Robert Nica, Clement Staud, Lukas Hammerl, Philipp Wohlfarth, Rupert C. Ecker, Sylvia Knapp, Werner Rabitsch, David Berry, Georg Stary 
DOI: 10.1038/s41375-022-01712-z

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