Verankerung alternativer Geschlechtsbezeichnungen und fremdländischer Namensbestandteile im Meldegesetz passiert Innenausschuss | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Verankerung alternativer Geschlechtsbezeichnungen und fremdländischer Namensbestandteile im Meldegesetz passiert Innenausschuss

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Um einer Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs Rechnung zu tragen, sollen im Meldegesetz künftig auch Personen berücksichtigt werden, die der herkömmlichen Geschlechterzuordnung von Mann und Frau nicht entsprechen. Darüber wurde heute im Innenausschuss mit einer Stimmenmehrheit von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS das Einvernehmen hergestellt. Zudem beinhaltet die Novelle die Erfassung ausländischer Namensbestandteile (etwa den Vatersnamen) und eine Konkretisierung der Daten, die an gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften übermittelt werden.

Einstimmig auf den Weg gebracht wurde ein Vier-Parteien-Antrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS auf die Einberufung eines Runden Tisches zu Hassverbrechen gegen LBTIQ-Personen. Zwei Initiativen der SPÖ, die ebenfalls auf die Bekämpfung von LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassverbrechen abzielen, fanden keine Mehrheit, ebenso wie ein Misstrauensantrag der FPÖ gegen Innenminister Gerhard Karner.

Vertagt wurden zwei Anträge der FPÖ, die auf Verschärfungen im Asyl- und Fremdenpolizeigesetz beziehungsweise auf einen Asylstopp abstellen, zwei Anträge der NEOS auf den Einsatz der Bundesregierung gegen Pushbacks und die Sensibilisierung der Polizei für extremistische Strömungen sowie eine SPÖ-Initiative für Lustfilteranlagen in Polizeidienststellen.

Änderungen des Meldegesetzes für alternative Geschlechtsbezeichnungen und fremdländische Namensbestandteile

Nach einer Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 15. Juni 2018 haben Menschen, die der herkömmlichen Geschlechtszuordnung von Mann und Frau nicht entsprechen, ebenfalls ein Recht auf Berücksichtigung ihres Geschlechts. Laut Regierungsvorlage gehe es konkret um Varianten der Geschlechtsentwicklung, die sich "durch eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts kennzeichnen" und explizit nicht um Transidentitäten – d.h. Personen, die genetisch oder anatomisch bzw. hormonell eindeutig einem Geschlecht zugewiesen sind (1525 d.B.). Daraus folge auch das Recht intersexueller Menschen auf eine adäquate Bezeichnung im Personenstandsregister und in Urkunden, weshalb Anpassungen im Meldegesetz erforderlich würden, wie es in der Regierungsvorlage heißt.

Weiters sollen im Bereich des Meldewesens künftig auch "sonstige Namen" erhoben werden können, wo bisher nur Familienname und Vorname erfasst werden, wie eine Auskunftsperson des Innenressorts ausführte. Bei "sonstigen Namen" handle es sich um Namensbestandteile, die das österreichische Namensrecht nicht kenne, wie etwa der Vatersname. Zudem sieht die Novelle eine Konkretisierung der Daten vor, die an gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften übermittelt werden. Da es im Einzelfall zu irreführenden Angaben beim Religionsbekenntnis komme, soll im lokalen Melderegister die Bezeichnung "Religionsbekenntnis" durch jene der "gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft" ersetzt werden.

Insgesamt beinhalte die Novelle die Neugestaltung sämtlicher Anlagen zum Meldegesetz im Rahmen der Einführung alternativer Geschlechtsbezeichnungen (divers, inter, offen, keine Angabe) sowie des Feldes "Sonstiger Name". Die an die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu liefernden Daten sollen im Meldegesetz aufgezählt werden.

In einer Demokratie müsse es auch erlaubt sein, Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs zu kritisieren, erklärte Hannes Amesbauer (FPÖ). Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, wenn Richter:innen sich über biologische Naturgesetze hinwegsetzten, wie die Bipolarität von Mann und Frau. Die FPÖ verwehre sich entschieden gegen derart "ideologische Aktivitäten", die die Gesellschaft verwirren würden.

ÖVP-Abgeordnete Johanna Jachs betonte, dass Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs zur Kenntnis genommen werden müssten und konstatierte, dass das Meldegesetzt nun vom Gestern in die Moderne transferiert werde. Auch Ewa Ernst-Dziedzic (Grünen) sah in der Novelle eine rechtlich notwendige Adaptierung, die auch der Realität geschuldet sei. Die Gesetzesänderung wurde mehrheitlich, ohne die Stimmen der FPÖ, angenommen.

Vier-Parteien-Antrag: Runder Tisch zu LGBTIQ-feindlichen Verbrechen

Um geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention von Gewalt und Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Personen zu erarbeiten, sprechen sich ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS für die Einberufung eines Runden Tisches mit Vertreter:innen der Community und betroffenen NGOs aus (2668/A(E)). Auf Basis der dazu seit 1. November 2020 erhobenen Daten (beispielsweise Anzeige- und Verurteilungsstatistiken) und Erfahrungen etwa aus der Bewährungshilfe, soll der Bundesminister für Inneres und die Justizministerin gemeinsam mit den LGBTIQ-Vetreter:innen Bilanz ziehen und mögliche nächste Schritte beraten. Der Entschließungsantrag wurde einstimmig auf den Weg gebracht.  

Zwei ebenfalls in diese Richtung gehende Anträge der SPÖ fanden hingegen keine Mehrheit im Ausschuss. Darin fordert sie einerseits einen umfassenden Plan zum Vorgehen gegen LGBTIQ-Feindlichkeit und eine gezielte Kampagne gegen deren Diskriminierung (2048/A(E)) sowie andererseits die Einsetzung eines unabhängigen Expertengremiums zu dieser Thematik (2183/A(E)).

Nurten Yilmaz (SPÖ) zeigte Unverständnis über die Ablehnung der Anträge ihrer Fraktion, die ihrer Ansicht nach treffsicherer formuliert seien als der Vier-Parteien-Antrag, der einen Kompromiss darstelle.

Dem entgegnete Georg Bürstmayr (Grüne), dass der Antrag auf den Runden Tisch die SPÖ-Forderungen vorwegnehme, da er einen konkreten Arbeitsauftrag beinhalte und Betroffene miteinbeziehe. Diese sollten auch über die Maßnahmen selbst beraten können und diesem Prozess sei nicht vorzugreifen, wie Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) ergänzte. Nico Marchetti (ÖVP) zeigte sich erfreut darüber, dass mit dem Runden Tisch ein "seriöser Modus" gefunden worden sei, sinnvolle Maßnahme auszuarbeiten.

Freiheitliche für Verschärfungen im Asylsystem

Mit täglich hunderten Aufgriffen von illegal eingereisten Menschen und in diesem Jahr bereits über 25.000 gestellten Asylanträgen stehe Österreich im Zentrum einer neuen illegalen Migrationsbewegung.

So argumentieren die Freiheitlichen ihre Forderung nach Verschärfungen des Asyl- und Fremdenpolizeigesetzes (2687/A). Aus FPÖ-Sicht soll analog zur deutschen Gesetzgebung ein Antrag auf internationalen Schutz unzulässig werden, wenn der Antragsteller aus einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz einreist. Das Fremdenpolizeigesetz soll dahingehend novelliert werden, dass ein unrechtmäßig Eingereister zurückzuweisen ist, wenn er in einer Grenzgemeinde zu einem Staat angetroffen wird, der die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert hat. Vor der Zurückweisung sei die fremde Person erkennungsdienstlich zu behandeln und ein Einreiseverbot zu erlassen, so die FPÖ. In einem weiteren Antrag fordert sie einen sofortigen Asylstopp durch effektive Grenzsicherung zum Schutz des österreichischen Gesundheitssystems (2326/A(E)). Beide Anträge wurden mit den Stimmen der Koalition vertagt.

Im Ausschuss ersuchte Hannes Amesbauer (FPÖ) die ÖVP für beide Anträge den "koalitionsfreien Raum" zu nutzen und zuzustimmen. Stephanie Krisper (NEOS) drückte ihre Ablehnung der Anträge aus, die nur "Chaos und Leid" generieren würden. Auch Ewa Ernst-Dziedzic (Grünen), die eine Diskussion über völkerrechtswidrige Pushbacks als "absurd" ansah, sprach sich gegen die FPÖ-Initiativen aus. ÖVP-Mandatar Ernst Gödl gestand durchaus Verbesserungsbedarf bezüglich des Asylsystems zu, dieser müsse jedoch auf rechtsstaatlicher Basis behoben werden.

FPÖ-Misstrauensantrag gegen Innenminister Karner

Aufgrund einer "eklatanten Missachtung des parlamentarischen Interpellationsrechts" sahen sich die Freiheitlichen außerdem veranlasst, Innenminister Gerhard Karner das Vertrauen zu versagen (2815/A(E)). Konkret beziehen sie sich auf eine Anfragebeantwortung des Ministers, aus der die von der FPÖ angefragten Zahlen zur Kriminalitätsstatistik für das erste Halbjahr 2022 nicht hervorgehen (11385/AB).

Im Ausschuss zitierte Amesbauer aus der Beantwortung, in der begründet wird, dass Expert:innen im Rahmen des Projektes "Kriminalstatistik neu" festgestellt hätten, dass zuverlässige Aussagen über die Kriminalitätsbelastung aus halbjährlichen Zahlenwerten nicht möglich seien. Da es sich dabei um Rohdaten über angezeigte Straftaten handle, müssten diese erst entsprechende Qualitätskontrollen und Prüfmechanismen durchlaufen, bevor Auskunft über sie erteilt werden könne. Amesbauer betonte, dass er keine wissenschaftliche Analyse oder Interpretation benötige, sondern eben jene Rohdaten, aus denen er selbst seine Schlüsse ziehen wolle. Bei einer parlamentarischen Anfrage handle es sich um "keine Bitte", sondern um ein Recht, weshalb er den Misstrauensantrag nicht für überzogen halte.

Es gebe keine Absicht, etwas zu verschweigen, sondern lediglich das Anliegen, die Qualität der Kriminalstatistik zu verbessern, hielt Hermann Gahr (ÖVP) entgegen. Sowohl Gahr, als auch Stephanie Krisper (NEOS) und Georg Bürstmayr (Grüne) hielten den Misstrauensantrag für überschießend. Letzterer wies darauf hin, dass es bei vielen Kritikpunkten am Innenressort nicht an der Person des Ministers, sondern am "Haus" selbst liege.

Innenminister Karner unterstrich die Relevanz des Interpellationsrechts und sein Bemühen, alle Anfragen möglichst zu beantworten. Gleichzeitig gab er den hohen Aufwand zu bedenken, der zur Beantwortung aller Anfragen angesichts ihrer hohen Anzahl notwendig sei. Der Misstrauensantrag, dem FPÖ und SPÖ zustimmten, blieb in der Minderheit.

NEOS: Sensibilisierung der Polizei für extremistische Strömungen und Einsatz gegen Pushbacks

Unter Verweis auf Berichte und Bildmaterial von Polizist:innen gemeinsam mit Teilnehmer:innen von Demonstrationen gegen die COVID-19-Maßnahmen ohne die vorgeschriebenen Schutzmasken warnen die NEOS vor einem drohenden Vertrauensverlust in die Sicherheitsbehörden und einer Stärkung extremistischer Narrative (2211/A(E)). Diesen Entwicklungen sei laut Antrag durch Sensibilisierungsmaßnahmen und Schulungen für Exekutivbeamt:innen zu extremistischen Strömungen und deren Erscheinungsbild sowie zum vorbeugenden Schutz vor Radikalisierung am Arbeitsplatz entgegenzuwirken.

Georg Bürstmayr (Grüne) teilte zwar die Wahrnehmung genereller Radikalisierungstendenzen, zeigte sich jedoch unschlüssig über die genaue Intention und Adressierung des Antrags. Er stellte einen Vertagungsantrag, der mit den Stimmen der Koalition angenommen wurde.

Außerdem fordern die NEOS der Praktik der Pushbacks entgegenzutreten (2299/A(E)). Sie vermissen eine klare Positionierung Österreichs "zur Einhaltung des EU-Rechts durch Unterlassen von Pushbacks" und fordern den Innenminister auf, diese Unterlassung in Österreich anzuweisen und sich auf EU-Ebene für ein gemeinsames Asylsystem mit fairen und schnellen Asylverfahren sowie effizienten Rückführungen bei negativem Ausgang einzusetzen.

Im Ausschuss bat Innenminister Karner Krisper, bei Vorliegen konkreter Vorwürfe diese den Behörden zur Verfügung zu stellen. Pushbacks seien rechtswidrig und würden von der österreichischen Polizei auch nicht angewendet. Ernst Gödl (ÖVP) pflichtete Karner bei und sprach sich gegen eine "Skandalisierung von nicht-existenten Sachverhalten" aus. Zum Verhalten von Beamt:innen an der Grenze gebe es bereits einen Erlass des Innenministers, in dem Pushbacks nicht enthalten seien, erklärte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). FPÖ-Abgeordneter Hannes Amesbauer sprach sich gegen den Antrag aus, da die FPÖ Pushbacks befürworte. Auch diese Initiative der NEOS wurde von ÖVP und Grünen vertagt.

SPÖ fordert Luftfilteranlagen auf Polizeidienststellen

Zur Verringerung des Infektionsrisikos durch COVID-19 zielt ein – ebenfalls mit Stimmenmehrheit der Koalition vertagter – Antrag der SPÖ auf die Anschaffung und Inbetriebnahme von Luftfiltergeräten in Gebäuden der Polizei ab, in denen es nach Einschätzung der Gegebenheiten vor Ort sinnvoll erscheint (2134/A(E)).

Ordentliche Arbeitsbedingungen seien ihm eine großes Anliegen, sagte Innenminister Karner und verwies auf einen Experten seines Ressorts. Dieser erklärte, dass ein Arbeitskreis zu dieser Thematik zu dem Schluss gekommen sei, dass Luftfilteranliegen nur dort eingesetzt werden sollten, wo ein regelmäßiges Lüften nicht möglich ist. Wirksamer sei etwa die Einhaltung des Mindestabstandes oder das Tragen von Schutzmasken, wie auch Georg Bürstmayr (Grüne) bestätigte. (Schluss Innenausschuss) wit


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